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Thünen-Modell

1. Begriff: Von Thünen begründete Theorie der räumlichen Differenzierung landwirtschaftlicher Nutzungen; erste Standorttheorie. Die Herleitung landwirtschaftlicher Nutzungen erfolgt nicht wie in der geographischen Tradition nur aus den natürlichen Faktoren, sondern primär aus den ökonomischen. - 2. Modellbeschreibung: Unter Berücksichtigung bestimmter Randbedingungen ergibt sich bei der Betrachtung nur eines Gutes, daß - weil die Bauern selbst die Transportkosten tragen - diejenigen Bauern den größten Gewinn erzielen, die in der Nähe der Stadt angesiedelt sind. Wenn alle Bauern das Bestreben haben, in der Nähe der Stadt zu produzieren, wird dieser Boden wegen der gestiegenen Nachfrage teurer und entsprechend steigen dort die Produktionskosten. Bei nur einem Produkt würde diese Konstellation konsequenterweise dazu führen, daß in Stadtnähe die intensivste Bodenbearbeitung anzutreffen ist. Da von Thünen aber die räumliche Differenzierung von unterschiedlichen Nutzungen erklären will, gibt es kein zwingendes Intensitätsgefälle von der Stadt zum Rand des Raumes. Eine Differenzierung der Nutzungsart und der Intensität dieser Nutzungen kommt durch die Transportrate und -anfälligkeit der verschiedenen Produkte zustande, die sich aus dem Verhältnis von Preis und Gewicht und aus der Haltbarkeit der Produkte ergibt. Thünen kommt so zur Ableitung verschiedener Nutzungsringe, die sich um die Stadt legen: (1) Freie Wirtschaft: In diesem Ring werden sowohl leichtverderbliche Güter (wie Milch, Gemüse und andere Gartenbauerzeugnisse) als auch transportkostenempfindliche Produkte (wie Heu, Stroh, Speisekartoffeln und Rüben) produziert. Die in diesem Ring betriebene Landwirtschaft ist i. d. R. sehr intensiv. (2) Forstwirtschaft: bereits im zweiten Ring, begründet mit den hohen Transportkosten und den relativ niedrigen Preisen von Holz. Der zweite Ring verfügt über eine extensive Bewirtschaftung. (3) Die nächsten drei Ringe sind hauptsächlich vom Getreidebau bestimmt, wobei die Intensität der Bewirtschaftung von Ring 3 zu Ring 5 abnimmt (3. Ring: Fruchtwechselwirtschaft mit Fruchtwechsel zwischen Blatt- und Halmfrucht. 4. Ring: Koppelwirtschaft mit Wechsel von Acker- und Weidenutzung. 5. Ring: Dreifelderwirtschaft mit Brachezeiten. Schließlich im 6. Ring Viehzucht: Die Produkte der Viehzucht (Fleisch, Häute, Butter) zeichnen sich durch relativ geringe Transportkosten aus und stellen eine relativ extensive Nutzungsform dar. Neben dieser Nutzung hat von Thünen in diesem Ring aber auch noch einige andere überaus intensive Nutzungen lokalisiert, wie z. B. den Flachs- und Tabakanbau und die Produktion von Sämereien. Ihr Vorkommen in diesem Ring führt er auf die niedrigen Transportkosten zurück). Der letzte Ring ist kein Ring im eigentlichen Sinne mehr, sondern beschreibt die "kultivierbare Wildnis", die kultiviert werden kann, wenn die Marktsituation es erlaubt. - 3. Weiterentwicklung: Sinclair hält an der Lagerente als Bestimmungsfaktor fest, sieht diese aber weniger von den Transportkosten beeinflußt als vielmehr von der urbanen Expansion, die zu Bodenspekulationen am Rande der Städte führt. - 4. Bedeutung: Das T.-M. hat für die agrarräumliche Differenzierung nur noch eine recht begrenzte, praktische Gültigkeit (z. B. in Entwicklungsländern), aber wegen seiner logischen Schlüssigkeit und methodischen Vorbildlichkeit weiterhin von Bedeutung. In der Stadtökonomie und in der Raumwirtschaftstheorie bildet das Modell eine wichtige Grundlage zur Erklärung der räumlichen Ordnung städtischer Landnutzungen.

 

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