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Antigleichgewichtstheorie

I. Theorie von J. Kornai: Alternativtheorie zum Gleichgewichtsparadigma (Gleichgewicht). Die wirtschaftliche Entwicklung ist ein sich ständig ändernder Prozeß, in dem Staat, Verbände, Produzenten und Haushalte auf Informationen reagieren und schließlich unter Berücksichtigung der internen Verhältnisse (eigene Interessen, soziale Bindungen u. a.) mit Entscheidungen in die Realsphäre (Produktion und Konsum) eingreifen und damit neue Entwicklungen anstoßen. Das Wirtschaftsgeschehen wird als ein in historischer (im Gegensatz zu logischer) Zeit ablaufendes System gesehen. - Kornai unterscheidet zwischen Real- und Steuerungssphäre (Informationsverarbeitung, Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungen). Er berücksichtigt den Einfluß von Organisationen, Interdependenzen und internen Konflikten auf die Entscheidungsprozesse. - Weitgehend decken sich diese Überlegungen mit denen des Postkeynesianismus (J. Kornai, Anti-Equilibrium. On Economic Systems Theory and the Tasks of Research, Amsterdam, London 1971).
II. Sammelbezeichnung: Die Antigleichgewichtstheorie kann auch als Sammelbezeichnung für im Gegensatz zur Gleichgewichtstheorie stehende Ansätze verstanden werden: 1. Spieltheorie: Von J. v. Neumann und O. Morgenstern (Theorie of Games and Economic Behavior, Princeton 1944) begründet. Komplexe und konfliktgeladene Entscheidungssituationen (die Annahme der einfachen Determinierbarkeit der Wirtschaft ist kaum aufrechtzuerhalten) können behandelt werden (Spieltheorie). - 2. Verhaltenstheoretische Alternativen, die die üblicherweise unterstellte Maximierungshypothese (Nutzenmaximierung bzw. Gewinnmaximierung; vgl. auch Homo oeconomicus) in bestimmten Situationen und/oder für bestimmte Problemstellungen ersetzt, z. B. Konzept des satisfying behavior (H. Simon), Theorie der X-Effizienz (H. Leibenstein), Theorie des Anspruchsniveaus (G. Katona); die Gleichgewichtstheorie erscheint allenfalls als Sonderfall. - 3. Konflikttheorien: Ökonomische und gesellschaftliche Dauerkonflikte und daraus abzuleitende Verhaltensweisen von Gruppen, Organisationen und Institutionen sind Zentralpunkt der Analyse; die traditionelle Gleichgewichtsformel im Sinne umfassender Planerfüllung wird als irrelevant angesehen. Ruhezustände (z. B. aufgrund vorübergehender Kompromisse) sind zwar möglich, aber nicht als Gleichgewichte im traditionellen Sinn zu bezeichnen, da sie endogen bereits wieder den Keim für neue Konflikte und damit Bewegung in sich tragen. Konflikttheorien erleichtern die Einbeziehung realistischer Phänomene wie z. B. Irreversibilitäten, Verhaltensweisen außerhalb der Maximierungshypothese, Existenz von Gruppen, Organisationen und Institutionen, Unsicherheit, Oligopolsituationen und gesellschaftliche Dauerkonflikte und Interessengegensätze.

 

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