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Controlling in Nonprofit-Organisationen und -Unternehmen

I. Organisationen und Unternehmen im Nonprofit-Bereich: Nonprofit-Organisationen (NPO) und Nonprofit-Unternehmen (NPU) nehmen nicht direkt am Marktgeschehen teil. Sie sind also nicht erwerbswirtschaftlich definiert. Sie sind bedarfswirtschaftlich definiert. Man unterscheidet staatliche und private NPO und NPU. Beispiele sind: öffentliche Verwaltungen, öffentliche Betriebe, Wirtschaftsverbände, Sportvereine, politische Parteien, Hilfsorganisationen. Mit NPO ist die gesamte Organisation gemeint (Beispiel: Arbeiterwohlfahrt als Gesamtverband), mit NPU wird ein einzelnes Unternehmen bezeichnet (Beispiel: eine GmbH der Behindertenhilfe in der Arbeiterwohlfahrt). - Ziele: Oberstes Ziel der NPO/NPU-Praxis ist nicht die Gewinnerzielung; oberste Ziele sind: Sinnstiftung, Wertverdeutlichung, Rechtsverwirklichung und Bedarfsdeckung. Überwiegend produzieren NPO/NPU persönliche Dienstleistungen. Hier fallen Produktion und Konsumption zeitlich gesehen zusammen (Uno-Actu-Prinzip). Agent der NPO/des NPU und Klient der NPO/des NPU stehen in wechselseitiger kommunikativer Beziehung. Die Qualität der Dienstleistung ist stark abhängig von der Qualität der kommunikativen Beziehung zwischen Agent und Klient. Insofern ist die Pflege der Kommunikationskultur in der NPO/dem NPU besonders wichtig. Aus diesem Sachverhalt heraus leiten Verbändeforscher wichtige Ziele für die Innovation einer NPO/eines NPU ab: Redemokratisierung (bezogen auf die Mitgliederkultur), Mitbestimmung (bezogen auf die Mitarbeiterkultur), Nutzerbeteiligung (bezogen auf die Klientkultur) (Schwarz). Die systematische Bedeutung der NPO/NPU liegt im Versuch der Humanisierung der Gesellschaft jeweils aus der Perspektive der die NPO/NPU tragenden Mitglieder. NPO/NPU-Praxis ist immer wertentschieden, sie schafft im Sinne der Mitglieder eine soziale Ordnung. Insofern sind NPO/NPU Bestandteil des "sozialen Immunsystems" (Postman). Wenn sie in ihrer sinnstiftenden und rechtsverwirklichenden Effektivität nachlassen, entstehen soziale Schäden oder können soziale Schäden nicht behoben werden. - NPO/NPU befinden sich in einer "Modernisierungskrise". Sichtbar wird das an wachsender Staatsverdrossenheit, allgemeiner Politikmüdigkeit, Verbändestagnation, Kritik am Hilfebürokratismus etc. Globale Konflikte, deren Konsequenzen uns alle betreffen, nehmen zu (nationale und internationale Unterversorgung und Armut, ökologische Katastrophen, neuer Rassismus, Anwachsen der Flüchtlingsströme etc.) Diese Konflikte betreffen auch die NPO/NPU-Arbeit. Hinzu kommen folgende Entwicklungen: (1) Transformation der Arbeitsgesellschaft zur Beschäftigungsgesellschaft: Erwerbsarbeit und Fremdversorgung verlieren an Bedeutung; (2) Entwicklung wachsender Selbsthilfepotentiale; (3) Kostendämpfungstrategien durch öffenliche Aufträge; (4) zunehmende Privatisierung staatlicher Sozialinterventionen; (5) Veränderung der Interventionssemantik: eher werden lebensweltnahe, alltagsorientierte Hilfen konzipiert; (6) Ende des Systemkampfes (Ost-West) öffnet den Blick für die Notwendigkeit einer eher alltäglichen Politik: Politiken werden regionalisiert; (7) gleichzeitig wächst die Erkenntnis, daß regionale Veränderungen globale Konsequenzen haben: die überregionale Vernetzung regionaler Politiken wird wichtiger.
II. Controlling und Nonprofit-Organisationen bzw. -Unternehmen: 1. Die Einwirkungen aus dem Umfeld einer NPO/NPU auf deren Arbeit (Modernisierungskrise) führen zu Irritationen bei der Erfolgsbewertung der eigenen Arbeit, die ohnehin schon schwierig genug ist. Die Wirksamkeit einer NPO/NPU-Leistung - und damit ihr Erfolg - kann immer nur in Hierarchie und Proportionalität bestimmt werden. Bestimmend sind Sinnstiftung und Rechtsverwirklichung. Aus diesen übergeordneten Zielen werden Zwecke abgeleitet: beispielsweise soziale Rechte auf Gewährung persönlicher Dienst-, Geld- und Sachleistungen. Zur Realisierung der Zwecke werden Mittel eingesetzt. Ziele dominieren Zwecke; Zwecke dominieren Mittel. Allerdings ist innerhalb dieser doppelten Hierarchie eine Proportionalität zu beachten. So gibt es notwendige und vertretbare Reduzierungen im Mittelbereich einer NPO/NPU (Personal, sachliche und finanzielle Ausstattung, Verfahren), die immer noch ein ausreichendes Maß an Sinnstiftung, Wertverdeutlichung, Rechtsverwirklichung und bedarfsdeckender Leistungen ermöglichen. Andererseits gibt es Strategien der Mittelreduzierung, die eine NPO/ein NPU nicht zulassen darf, wenn sie nicht den eigenen Auftrag und das eigene Selbstverständnis in Mißkredit bringen wollen. - 2. Controlling-Begriff und -Merkmale: In Theorie und Praxis des Managements von Organisation und Unternehmen fällt die Aufgabe der Erfolgskontrolle und vor allem die der Erfolgssicherung dem Controlling zu. Im Bereich erwerbswirtschaftlicher Unternehmen gibt es eine breite theoretische und praxisrelevante Erörterung über Methode und Techniken des Controlling. Seit Mitte der 80er Jahre läßt sich in der Bundesrep. D. die Übertragung von Controlling in den NPO/NPU-Bereich beobachten. Erste Ergebnisse des Transfers wurden 1988 auf dem 1. Kongreß für Controlling in öffentlichen Institutionen (Berlin) erörtert. Inzwischen ist die Diskussion stärker ausdifferenziert. Es liegen Untersuchungen zu Teilgebieten des Controlling im NPO/NPU-Bereich vor (Reiss). Die zentrale Frage beim Einsatz von Controlling im NPO/NPU-Bereich ist: Sind diese Methoden und Techniken, die ja im Profitbereich entwickelt wurden, überhaupt in der Lage, die spezifischen Erfolgsmerkmale im Nonprofit-Bereich abzubilden und zu bewerten? - In Anlehnung an und Weiterentwicklung der Controllingdefinition von Weber lassen sich folgende allgemeine Merkmale von Controlling festlegen: (1) Controlling versucht, die Zukunftsfähigkeit einer Organisation/eines Unternehmens abzusichern, indem es einerseits die zu erwartende Konsequenz gegenwärtiger Entscheidungen simuliert und indem es andererseits aus der Einschätzung zukünftiger Entwicklungen Forderungen an gegenwärtige Entscheidungen formuliert. (2) Controlling unterstützt das Managementsystem (MS) einer Organisation/eines Unternehmens durch Systemkoordination. (3) Controlling leistet Entscheidungsvorbereitung für die Organisations- bzw. Unternehmensleitung. (4) Controlling setzt ein Paradigma von Führung voraus, das orientiert ist an: Planungs- und Kontrollbereitschaft, an der Delegation von Entscheidungskompetenz. (5) Controlling entwickelt Teilsysteme des Managementsystems, sofern diese nicht ausreichend qualifiziert sind. (6) Controlling verfügt über Werkzeuge aus dem strategischen und operativen Bereich. (7) Controlling kann im operativen Bereich nur dann sinnvoll arbeiten, wenn das organisations- bzw. unternehmensinterne Kontrollsystem (Revision) angemessen funktioniert und wenn dadurch ein qualifizierter Datenbestand vorhanden ist. - 3. Controlling-Methodologie: Methodologisch gesehen sind die Methoden und Techniken des Controlling Planungsverfahren. Insofern sind zwei Grundüberlegungen aus der Planungsmethodologie zu beachten. Einerseits geht es um die Frage der Passung von Problemstruktur (Planungsobjekt) und Leistungsfähigkeit des Verfahrens. Andererseits geht es um die Frage der Modellierung des Gesamtzusammenhanges von Erkenntnis, Planung und Steuerung. Die Ergebnisse dieser grundlegenden Überlegungen werden uns Planungs- bzw. Controlling-Optimismus jedoch weitestgehend nehmen. - a) Erste Grundüberlegung: Seit Rittel wird in der Planungsmethodologie zwischen "zahmen Problemen (ZB)" und "bösartigen Problemen (BP)" unterschieden. Ein "zahmes Problem" läßt sich vollständig mathematisch abbilden, seine Lösung läßt sich eindeutig berechnen. Ein entsprechender Plan führt zu einem guten Ende. Ein "bösartiges Problem" läßt sich nicht vollständig mathematisieren, seine Lösung läßt sich nicht fehlerfrei berechnen. Entsprechende Planungsversuche führen nur selten zu einem guten Ende. Die Probleme, die im NPO/NPU-Bereich gelöst werden sollen, sind i. d. R. bösartige Probleme. Merkmale von bösartigen Problemen sind: (1) Ein bösartiges Problem läßt sich nicht im voraus vollständig und definitiv formulieren. (2) Man weiß nie genau, wann ein bösartiges Problem gelöst ist. Es gibt immer nur Lösungen vom Typ einer Zwischenlösung. (3) Jedes bösartige Problem kann als ein Symptom eines höheren bösartigen Problems verstanden werden. (4) Ein bösartiges Problem wird als Soll-Ist-Diskrepanz beschrieben. Die Definition sowohl von "Soll" als auch von "Ist" ist abhängig von der Werthaltung des Problemlösers. (5) Die Lösung für ein bösartiges Problem ist nie eindeutig richtig oder falsch. (6) Jedes bösartige Problem ist wesentlich einzig. Die Lösung für das eine bösartige Problem läßt sich kaum übertragen auf die Lösung eines anderen bösartigen Problems. (7) Die Folgen der Problemlösung eines bösartigen Problems sind irreversibel. (8) Der bösartige Problem-Löser hat kein Recht, Fehler zu machen. Jede Lösung ist ein Ernstfall. Für jedes Merkmal lassen sich viele Beispiele aus dem NPO/NPU-Bereich finden. So wird am Versuch der Kostendämpfung im Sozial- und Gesundheitswesen schnell die Bösartigkeit von NPO/NPU-Problemen deutlich. Rittel zieht aus dem von ihm beschriebenen Planungsdilemma folgende Konsequenz: Für die Lösung eines bösartigen Problems gibt es keine sichere und direkte Planung. Es gibt nur Lösungsversuche im Sinne der Organisation von Wertkonflikten zwischen den am Lösungsversuch Beteiligten und den vom Lösungsversuch Betroffenen. Aus planungsmethodologischer Erkenntnis ist Partizipation geboten. Planungserfolg wäre dann abhängig vom Ausmaß gelungener Partizipation. Eine solche Bewertungsperspektive hat Konsequenzen für die Gestaltung von Controllingprozessen. - b) Zweite Grundüberlegung: Wie läßt sich der Gesamtprozeß von Planung = Controlling modellieren? Im Amerikanischen werden die Handlungen, die mit "to control" gemeint sind, auf vier Ebenen beschrieben. Erste Ebene (Intervention): steuern, regulieren, regeln. Zweite Ebene (Evaluation): nachmessen, nachprüfen, kontrollieren. Dritte Ebene (Macht): einschränken, beherrschen. Vierte Ebene (Routine): bedienen. Diese Übersetzungen bestimmen auch den semantischen Raum von Controlling. Planen heißt: systematisch Handlungsantizipationen als Entscheidungsgrundlagen gewinnen (Stachowiak). Genau dies geschieht auch im Controlling. Es empfiehlt sich, Controllingprozesse und ihre Bedeutung in Anlehnung an Erkenntnisse der Planungsmethodologie von Stachowiak zu modellieren. Ein solcher formaler Versuch, bezogen auf ein NPO/NPU im Wohlfahrtsbereich, zeigt die Abbildung "Controlling in Nonprofit-Organisationen - Controllingkonzept (biokybernetisch orientiert)".
III. Konsequenzen für den Nonprofit-Bereich: 1. Angesichts der Bösartigkeit von Problemen, die von NPO/NPU gelöst werden sollen, kann dort Planung nur als Organisation von Wertkonflikten begriffen werden. - 2. Ein NPO/NPU steht zunächst als Ganzes in der Organisation von interinstitutionellen Wertkonflikten. Hier erfüllt es vor allem seine Funktion als Bestandteil des gesellschaftlichen Immunsystems. Inhaltlich geht es um Sinnstiftung, Wertverdeutlichung und Rechtsverwirklichung im Sinne der NPO/NPU eigenen "Proprium" (= die zentralen Werte). - 3. Auch innerhalb der NPO/NPU sind Wertkonflikte zu organisieren. Einzusetzen sind Partizipationsstrategien: gegenüber den Mitgliedern mit dem Ziel der Redemokratisierung; gegenüber den Mitarbeitern mit dem Ziel der Mitbestimmung bei der Steuerung des NPO/NPU; gegenüber den Leistungsempfängern mit dem Ziel der Nutzerbeteiligung bei der Planung und Organisation der Dienst-, Sach- und Geldleistungen. - 4. Controlling leistet bei der Organisation der Wertkonflikte Unterstützung beispielsweise mit Verfahren der Interpretation, der Moderation, der Hermeneutik, der Gruppendynamik, der Supervision. Bestehende Theorien und Praxisentwicklungen aus dem Bereich der Qualitativen Sozialforschung sind zu adaptieren (Handbuch). - 5. Der oder die Verantwortliche für das Controlling im NPO/NPU muß sorgfältig unterscheiden lernen zwischen "zahmen" und "bösartigen" Problemstrukturen. Im "zahmen" Bereich lassen sich Methoden des operativen Controlling einsetzen. Dort müssen sie auch eingesetzt werden, weil rationelle und effektive Mittelorganisation im NPO/NPU-Bereich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Die NPO/NPU dürfen auf betriebswirtschaftliche Rationalität nicht verzichten. Im operativen Bereich sind Verfahren einzusetzen wie: Budgetierung im Gegenstromverfahren, Zero-Base-Budgetierung, Fixkostenmanagement (Weber). - 6. Bei der Institutionalisierung von Controlling sollte die Trennung von Entscheidung und Entscheidungsvorbereitung insofern beachtet werden, daß Controllerfunktionen oder Controllingstellen als Stabsfunktionen geschaffen werden. - 7. Aufgrund der Uno-Actu-Problematik ist auf allen Ebenen der NPO/NPU die Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zentraler Bedeutung. Dies gilt in besonderer Weise für die Führungskräfte (Führen durch modellhaftes Verhalten). Insofern sind Methoden des self-controlling anzuwenden (Besser-Siegmund).
IV. Controlling als NPO/NPU-Entwicklungsmethode: Im Nonprofit-Sektor werden zu einem großen Teil Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) angeboten. Solche Leistungen sind: Bildungs- und Arbeitsförderung, Sozialversicherungsleistungen, Entschädigung bei Gesundheitsschäden, Minderung des Familienaufwandes, Hilfen zum angemessenen Wohnen, Sozialhilfe, Jugendhilfe, Behindertenhilfe. In diesen Leistungsbereichen spielt die freie Wohlfahrtspflege eine erhebliche Rolle (800.000 hauptamtliche Mitarbeiter, 70.000 soziale Einrichtungen, 3 Millionen Plätze für Betreuung und Therapie, 60 Milliarden Mark Jahresumsatz). Am Beispiel einer Systemskizze für eine Sozialleistungsorganisation (Abbildung "Controlling in Nonprofit-Organisationen - Sozialleistungsorganisation als der Ort des Sozialmanagements") sollen die wesentlichen Bezüge deutlich werden, die bei der Realisierung von Sozialleistungen zu beachten sind. Solche Systemskizzen sind notwendig, um die zentralen Inhalte vor allem für das strategische Controlling zu bestimmen. Für andere Teilsektoren im Nonprofit-Bereich sind andere Systemskizzen zu erstellen (andere Teilsektoren sind: Gesundheitssystem, Parteiensystem, Entwicklungshilfesystem etc.). Die Systemskizze muß dann ausdifferenziert werden, um Einsatzbereiche für strategisches und operatives Controlling kenntlich machen zu können (Abbildung "Controlling in Nonprofit-Organisationen - Bereiche und Inhalte für strategisches und operatives Controlling"). Systemskizzen sind im Controlling heuristische Hilfsmittel, um den Gesamtzusammenhang von Ziel-Zweck-Mittel-Relationen nicht aus dem Auge zu verlieren. Sie dienen zur Organisation von Widerständen gegen die ständige Gefahr bei Entscheidern und Entscheidungsvorbereitern, bösartige Probleme zu zähmen. Für die Zukunftsfähigkeit der NPO/NPU ist es von entscheidender Bedeutung, daß der Gesamtzusammenhang von Sinnstiftung, Wertverdeutlichung, Rechtsverwirklichung und bedarfsdeckender Leistungserzeugung ständig im Bewußtsein der Leitung vorhanden bleibt. Ob diese Modellierung an der Spitze der NPO/NPU gelingt, hängt wesentlich von der Qualität des Controlling ab. Die Vollständigkeit der Modellierung ist Voraussetzung für gelingende Partizipation (Redemokratisierung, Mitbestimmung, Nutzerbeteiligung). Dieser Zusammenhang betont erneut die Bedeutung des self-controlling bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der Leitungsebene. Ihnen gegenüber kann nur der Controller Unterstützung anbieten, der eine hohe Beratungskompetenz hat. Controlling ist primär eine Methode der Organisationsentwicklung. Zur Implementierung der Methode im NPO/NPU gibt es grundsätzlich zwei Wege: entweder werden Controllingfunktionen auf vorhandene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt, oder es werden Controllerstellen (in Stabfunktion) geschaffen. Die Einrichtung von Controllerstellen ist bezogen auf die Zielerreichung des Controlling effektiver. Wie breit die NPO/NPU-Entwicklung anzulegen ist, wird aus der Abbildung "Bereiche und Inhalte für strategisches und operatives Controlling" deutlich. Wenn Controlling versucht, die Zukunftsfähigkeit einer NPO/eines NPU abzusichern, muß nach den Hindernissen gefragt werden, die in NPO/NPU zu erwarten sind. Aus der Sicht der Verbändeforscher gibt es im wesentlichen zwei Hindernisse: wachsende Bürokratisierung (Schwarz) und "funktionaler Dilettantismus" (Seibel). Funktionaler Dilettantismus meint, daß die Managementschwäche im NPO/NPU-Bereich gute Gründe habe: auf diese Weise hielten sich NPO/NPU verfügbar für Eingriffe durch die Politik. Willfährigkeit gegenüber Politik würde belohnt durch mangelhafte Kontrolle und großzügige Alimentierung der NPO/NPU-Arbeit. Hat Controlling angesichts dieser Hindernisse überhaupt eine Chance in NPO/NPU? Offensichtlich gibt es dennoch innere und äußere Innovationsanlässe, die auf einen effektiven Controllingeinsatz hoffen lassen. Für den Bereich der freien Wohlfahrtspflege ist festzustellen: es gibt wachsende Unzufriedenheit bei Mitarbeitern und Leitung, die Anbieter im NPO/NPU-Bereich konkurrieren stärker miteinander, Kostendruck zwingt zu Rationalisierungsversuchen, die Modernisierungskrise zeigt auch im NPO/NPU-Bereich Wirkung. Diese inneren und äußeren Anlässe haben zur Entwicklung von Controllingverfahren und -techniken als Hilfsmittel zur Innovationssteuerung beispielsweise im Sozial- und Gesundheitssystem geführt (Strunk). Hier sind neue Beratungsaufgaben entstanden. Für Beratung, Implementierung und Praxis der Controllingarbeit sind stets zwei miteinander kooperierende Qualifikationen nötig: einerseits Zielkompetenz (Sinnstiftung, Wertverdeutlichung, Rechtverwirklichung und Bedarfsdeckung), andererseits Mittelkompetenz (finanzielle, sachliche, personelle Ressourcen). Die Zielkompetenz sollte von einer Fachkraft eingebracht werden, die sich mit den Inhalten der NPO/NPU-Arbeit auskennt (beispielsweise eine Supervisorin oder ein Supervisor der Sozialarbeit). Die Mittelkompetenz sollte von einer BWL-Fachkraft vertreten werden. Da Ziele die Zwecke und Zwecke die Mittel dominieren, hat die Fachkraft für Zielkompetenz eine abschließende Verantwortung für das Design von Controllingberatung, Controllingimplementierung und Controllingbetrieb im NPO/NPU-Bereich. Das setzt allerdings voraus, daß die Supervisorin oder der Supervisor ausreichende Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre besitzen muß, um in der Kooperation mit der BWL-Fachkraft bestehen zu können.


Literatur: Besser-Siegmund, C., Coach yourself, Düsseldorf 1991; Handbuch Qualitative Sozialforschung, München 1991; Postman, N., Das Technopol, Frankfurt a. M. 1992; Rittel, H. W. J., Planen, Entwerfen, Design, Stuttgart, Berlin, Köln 1992; Reiss, H.-C., Controlling und soziale Arbeit, Neuwied, Kriftel, Berlin 1993; Schwarz, P., Management in Nonprofit-Organisationen, Bern 1986; Seibel, W., Funktionaler Dilettantismus, Baden-Baden 1992; Stachowiak, H., Allgemeine Modelltheorie, Wien, New York 1973; Strunk, A., Dienstleistungscontrolling, Baden-Baden, 1996; Weber, J./Tylkowski, O., Konzepte und Instrumente von Controllingsystemen in öffentlichen Institutionen, Stuttgart 1990; Weber, J., Einführung in das Controlling Bd. I und II, 3. Aufl., Stuttgart 1991.

 

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