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Organisation

I. Charakterisierung: 1. Mit dem Begriff Organisation bezeichnet man üblicherweise entweder den Prozeß, die Tätigkeit des organisatorischen Gestaltens (die Methodik und Technik des Organisierens) oder das Ergebnis der Gestaltung (die Organisationsstruktur). (Andere Ansätze des Begriffes Organisation vgl. Organisationsbegriff.) a) Organisationsstrukturen sind ein System von Regelungen, die das Verhalten der Organisationsmitglieder auf ein übergeordnetes Ziel ausrichten sollen. b) Organisatorische Gestaltung ist in diesem Sinne auf die Bildung einer Infrastruktur ausgerichtet, die in genereller Form handlungsleitende Prinzipien formuliert. Dabei lassen sich primäre und sekundäre Gestaltungsmaßnahmen unterscheiden. (1) Primäre Gestaltungsmaßnahmen schaffen den Aufgabenrahmen für betriebliches Handeln. Es werden v. a. in Form von Stellenbeschreibungen und Ablaufregelungen die von den einzelnen Mitarbeitern zu erfüllenden Aufgaben mehr oder weniger detailliert umrissen und die Kommunikation, der Informationsaustausch, zwischen den organisatorischen Einheiten und Bereichen geregelt. Dabei wird weitgehend von allen individuellen Merkmalen, Einstellungen und Verhaltensweisen des einzelnen Mitarbeiters abstrahiert; betrachtet wird die Koordination "versachlichter" Aufgabenkomplexe. (2) Sekundäre Gestaltungsmaßnahmen sollen in dem so fixierten Aufgabenrahmen das individuelle Verhalten der Mitarbeiter durch die Schaffung von Anreizsystemen auf das übergeordnete Gesamtziel ausrichten. Solche motivierenden Anreizmaßnahmen bilden eine Brücke zwischen dem Zielsystem der Unternehmung und den individuellen Zielen und Präferenzen des einzelnen Mitarbeiters. Die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Gestaltungsmaßnahmen stellt eine methodisch begründete Vereinfachung dar. Die Gestaltung des Aufgabenzusammenhangs und die Regelung der Kommunikation können nicht ganz von möglichen Verhaltenswirkungen abblenden, und die Konzipierung von Anreizsystemen muß mögliche Koordinationskonsequenzen in ihre Überlegungen einbeziehen. - 2. In der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre hat sich die Unterscheidung zwischen Aufbauorganisation und Ablauforganisation durchgesetzt. a) Aufbauorganisatorische Regelungen beziehen sich auf das Stellensystem, d. h. auf die Bildung von Stellen und auf die Gestaltung der Stellenbeziehungen. Ein Beispiel für eine Aufbaustruktur gibt die Abbildung zur Funktionalorganisation (vgl. dort) wieder. b) Ablauforganisatorische Regelungen erstrecken sich v. a. auf die Strukturierung raumzeitlicher Prozesse der Aufgabenerfüllung.
II. Aufbauorganisation: 1. Die Elemente aufbauorganisatorischer Strukturen sind Stellen und Stellenzusammenfassungen. a) Stellen bestehen aus Aufgabenkomplexen, die einer gedachten Person zugeordnet werden. Die Stelle grenzt als kleinste aufbauorganisatorische Einheit den Zuständigkeitsbereich (Inhalt, Spielraum und Umfang der Aufgaben) für eine Person (Stelleninhaber) ab; der Umfang der Kompetenz hängt vom Delegationsverhalten der übergeordneten Instanz ab. Instanzen (Leitungsstellen) sind Stellen mit Leitungsbefugnis; sie besitzen Fremdentscheidungskompetenz, d. h. sie haben Weisungsbefugnis und unterscheiden sich dadurch von Stabsstellen. Stäbe sind ohne Fremdentscheidungskompetenz Instanzen zugeordnet, die sie bei ihren Leitungsaufgaben unterstützen; ihre Unterstützungsfunktion erstreckt sich v. a. auf informatorische und beratende Entscheidungsvorbereitung und auf die Kontrolle der Entscheidungsdurchführung. b) Zusammenfassungen von Stellen führen entweder zu Pluralinstanzen oder zu Kollegien/Ausschüssen. Bei der Pluralinstanz übernimmt eine Mehrheit von Personen in Form eines permanenten Gremiums hauptamtliche Leitungsaufgaben, wobei für die interne Willensbildung bestimmte Prinzipien gelten. Kollegien und Ausschüsse sind Formen der Gruppenarbeit, bei der die Gruppenmitglieder nicht die gesamte Arbeitszeit der Gruppenarbeit widmen. Sie erfüllen vielmehr neben der Gruppenarbeit hauptamtlich ihre jeweilige Stellenaufgabe weiter. In der Organisationslehre versteht man unter Kollegien befristete Stellenzusammenfassungen, unbefristete Zusammenfassungen werden als Ausschüsse bezeichnet. - 2. Die arbeitsteilige Erfüllung von Aufgaben durch verschiedene Stellen erfordert eine entsprechende Gestaltung von Stellenbeziehungen. a) Physische Beziehungen betreffen den Austausch von materiellen Objekten (z. B. Werkstücke und Informationsträger). b) Besondere Bedeutung haben informationelle Beziehungen, die sich auf drei Grundformen zurückführen lassen: (1) weisungsbezogene (hierarchische) Kommunikation (v. a. als vollzugsverbindliche Anordnung), (2) interdependenzbezogene Kommunikation (zur Abstimmung der Entscheidungen bei gemeinsamer Nutzung knapper Ressourcen, bei interner Leistungsverflechtung oder bei Überschneidungen von Teilmärkten), und (3) motivationsorientierte Kommunikation (zur verhaltensbeeinflussenden Entfaltung von Anreizwirkungen). - 3. Die aufbauorganisatorische Struktur wird wesentlich durch die jeweilige Form der Abteilungsbildung, der unbefristeten Zusammenfassung von Stellen unter einer gemeinsamen Instanz, geprägt. Die Bildung von Abteilungen führt zur Gliederung der Gesamtorganisation in Teilsysteme (Abteilungen, Hauptabteilungen, Unternehmungsbereiche). Je nach den bei der Gliederung gewählten Prinzipien lassen sich eindimensionale und mehrdimensionale Strukturen unterscheiden. Erfolgt die Segmentierung der Aufgaben nach einem Kriterium, liegt eine eindimensionale Struktur vor, werden zwei und mehr Kriterien gleichrangig herangezogen, entsteht eine mehrdimensionale Struktur. a) Eindimensionale Strukturen: Bei Betrachtung der zweiten Hierarchie-Ebene lassen sich drei praktisch bedeutsame eindimensionale Strukturkonzepte unterscheiden: (1) Funktionalorganisation: Alle Kompetenzen für die Festlegung relativ gleichartiger Handlungen (Funktionen) sind in einem Unternehmungsbereich zusammengefaßt. Die klassische funktionale Organisationsstruktur ist ohne Zweifel die in der Praxis verbreitetste Organisationsform. Auch Großunternehmungen sind vielfach nach funktionalen Kriterien organisiert (z. B. Volkswagen AG, Ruhrgas AG). (2) Spartenorganisation: Alle Kompetenzen, die für die Realisierung des Erfolges eines Produktes oder einer Produktgruppe erforderlich sind, werden einem Bereich, einer Sparte, zugewiesen. Die Spartenorganisation herrscht eindeutig in Unternehmungen mit diversifiziertem Produktions- und Leistungsprogramm vor (z. B. Bayer AG, Siemens AG). Nahezu alle deutschen Großunternehmungen mit diversifizierter Produktstruktur sind nach dem Spartenkonzept organisiert. (3) Regionalorganisation: Alle Kompetenzen für einen regionalen Teilmarkt werden in einem Unternehmungsbereich vereint. Die Entscheidungen hinsichtlich aller Produkte und Leistungen, die in einer bestimmten Region abgesetzt werden, werden für sämtliche Funktionen in einem organisatorischen Bereich zusammengefaßt. Das Regionalprinzip ist in der Praxis sowohl für den nationalen Markt als auch (häufiger) für die organisatorische Zuordnung internationaler bzw. weltweiter Aktivitäten nachzuweisen. - Die konsequente Verwirklichung eindimensionaler Organisationsstrukturen hat v. a. drei ökonomisch bedeutsame Konsequenzen: (1) Sie kann zu einer problematischen Trennung und mangelnden Nutzung von Ressourcen führen. (2) Sie begründet spezifische Interdependenzen zwischen den Bereichen. (3) Sie fördert eine einseitige Problemperspektive. Zur Beseitigung oder Abschwächung solcher Konsequenzen werden in der Praxis häufig Modifikationen eindimensionaler Strukturen eingeführt. Die ausschließliche Orientierung an einer Dimension wird dann zugunsten mehrdimensionaler Strukturen durchbrochen. b) Mehrdimensionale Strukturen: Bezogen auf die zweite Hierarchie-Ebene lassen sich bei der Abwandlung eindimensionaler zu mehrdimensionalen Strukturen im wesentlichen das Ausgliederungs-, das Matrix- und das Stabsprinzip unterscheiden: (1) Ausgliederungsprinzip: Aus den Kompetenzen der nach Funktions-, Produkt- oder Marktaspekten abgegrenzten Unternehmungsbereiche wird jeweils ein Aufgabenbestandteil ausgegliedert und in einem zusätzlichen Unternehmungsbereich verselbständigt. So wird in der Spartenorganisation zur Vermeidung nachteiliger Folgen der produktorientierten Ressourcentrennung häufig die Produktion aus den Produktsparten ausgegliedert und in einem gesonderten Funktionsbereich zusammengefaßt. (2) Matrixprinzip: Über den Einsatz bestimmter Ressourcen besitzen mehrere Einheiten Entscheidungskompetenz (Kompetenzteilung). Die betroffenen Einheiten sind auf diese Weise über Ressourceninterdependenzen miteinander verkoppelt; sie können nur gemeinsam handeln. In der Spartenorganisation können auf diese Weise neben den produktorientierten zusätzlich marktorientierte Entscheidungseinheiten etabliert werden, verbunden mit der Entscheidungsregel, daß produkt- und marktorientierte Einheiten nur gemeinsam Entscheidungen, z. B. über den Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums, fällen dürfen. (3) Stabsprinzip: Die zusätzliche Perspektive wird im Wege der Beratung und Assistenz durch Stabsstellen in die Entscheidungen eingeführt. Ein Beispiel sind regionale Stäbe und Stabsabteilungen in der Spartenorganisation. Praktisch relevante Formen mehrdimensionaler Strukturen sind v. a. Funktions-, Produkt-, Projekt-, Markt- und Kundenmanagement.
III. Ablauforganisation: Während bei der Aufbauorganisation die Bildung von Aufgabenkomplexen als statische Gebilde und ihre aufgabenbezogene Koordination im Vordergrund stehen, betrachtet man bei der Ablauforganisation unter zeitlichen und räumlichen Aspekten Aufgabenerfüllungsvorgänge i. S. von Arbeitsprozessen. Ablauforganisatorische Regelungen sind in hohem Maße auf eine detaillierte Abbildung der jeweiligen Aufgabenerfüllungssituation angewiesen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Berücksichtigung der jeweiligen Sachmittelstruktur, im Verwaltungsbereich die eingesetzte Informationstechnologie. - Bei gegebener personaler Ausstattung und gegebener Technologie lassen sich ablauforganisatorische Maßnahmen auf drei Kernprobleme zurückführen: (1) sequentielle Anordnung von Arbeitsvorgängen, d. h. Festlegung der zeitlichen Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte innerhalb eines Aufgabenerfüllungsvorgangs, (2) parallele Anordnung mehrerer Aufgabenerfüllungsvorgänge und (3) räumliche Anordnung, d. h. Festlegung der Arbeitsplätze und der Transporte.
IV. Organisationsmethoden und -techniken: Organisationsmethoden und -techniken sind Hilfsmittel, um bei der Gestaltung von Organisationsstrukturen, die häufig ein eigenes Projektmanagement erfordern, eine systematische und effiziente Vorgehensweise zu gewährleisten. Mit dem Problemlösungsprozeß und den Techniken (Instrumenten) der Problemlösung lassen sich dabei zwei Schwerpunkte unterscheiden. - 1. Der Problemlösungs- oder Gestaltungsprozeß wird in der Organisationslehre üblicherweise in folgende Phasen unterteilt: (1) Formulierung des Organisationsauftrags, (2) Erarbeitung des Vorgehensplans, (3) Datenerhebung, (4) Beurteilung des abgebildeten Ist-Zustandes (im Fall einer Reorganisation), (5) Erarbeitung alternativer Soll-Regelungen und (6) Bewertung der Alternativen und Auswahl der zu realisierenden Soll-Lösung. - 2. Unterstützt wird dieser Problemlösungsprozeß durch den Einsatz von Organisationstechniken. Die wichtigsten Organisationstechniken sind: (1) Erhebungstechniken, (2) Darstellungstechniken, (3) Beurteilungs- und Bewertungstechniken und (4) Präsentationstechniken.


Literatur: Bleicher, K., Organisation. Strategien - Strukturen - Kulturen, 2. Aufl., Wiesbaden 1991; Daft, R. L., Organization. Theory and Design, 5. Aufl., St. Paul, Minn. u. a. 1995; Frese, E., Grundlagen der Organisation. Konzept - Prinzipien - Strukturen, 6. Aufl., Wiesbaden 1995; ders., Organisationstheorie. Historische Entwicklung - Ansätze - Perspektiven, 2. Aufl., Wiesbaden 1992; ders. (Hrsg.), Handwörterbuch der Organisation, 3. Aufl., Stuttgart 1992; Galbraith, J. R., Organization Design, Reading, Mass. u. a. 1977; Grochla, E., Grundlagen der organisatorischen Gestaltung, Stuttgart 1982; Kieser, A./Kubicek, H., Organisation, 3. Aufl., Berlin-New-York 1992; Kosiol, E., Organisation der Unternehmung, Wiesbaden 1962; Krüger, W., Organisation der Unternehmung, 3. Aufl., Stuttgart 1994; Schreyögg, G., Organisation. Grundlagen moderner Organisationsgestaltung, Wiesbaden 1996.

 

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