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Arbeitszeit

I. Arbeitsrecht: 1. Begriff: die Zeit, während der ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung stellen muß. Es ist dies die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepause (§ 2 I ArbZG). - a) Arbeitsbereitschaft ist die A., in der der Arbeitnehmer nicht seine volle, angespannte Tätigkeit entfalten braucht, sondern an seiner Arbeitsstelle anwesend ist und jederzeit bereit sein muß, in den Arbeitsprozeß einzugreifen, z. B. der Nachtportier. Regelmäßig ist sie zu vergüten, meist nach gesonderter vertraglicher oder tariflicher Regelung. - b) Bereitschaftsdienst zählt grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit. Er liegt vor, wenn der Arbeitnehmer sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um jederzeit bereit zu sein, die Arbeit aufzunehmen, z. B. in Krankenhäusern. Auch Bereitschaftsdienst ist grundsätzlich zu vergüten, meist aufgrund besonderer Regelungen. - c) Rufbereitschaft als die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich an einem von ihm selbst bestimmten Ort auf Abruf zur Arbeit bereitzuhalten, gehört nicht zur Arbeitszeit Eine eingeschränkte Vergütung ist üblich. - 2. Regelungen der A.: (1) Gesetzliche Bestimmungen über die maximale Arbeitszeit (z. B. Arbeitszeitgesetz); (2) Tarifliche Bestimmungen (Tarifvertrag), insbes. über die durchschnittliche Wochen-A., Überstunden, den Beginn der A., Dienstreisezeiten; (3) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen, Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (Lage der Arbeitszeit), vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (§ 87 I 2 und 3 BetrVG) (Kurzarbeit, Überstunden); vgl. auch soziale Angelegenheiten. - 3. Funktion des Arbeitsschutzes: Eine Überbeanspruchung des Arbeitnehmers durch überlange Arbeitszeit soll verhindert werden. Im Arbeitszeitgesetz sowie zahlreichen besonderen Schutzgesetzen und Verordnungen (Jugendarbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Seemannsgesetz, Ladenschlußgesetz, Sondervorschriften über die Lenk-, Ruhe- und Schichtzeiten des Fahrpersonals insbesondere EWG-Verordnung Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr vom 20. 12. 1985 u. a.) sind Höchstgrenzen für die zulässige Arbeitszeit festgelegt. Bei Überschreiten dieser Grenzen sind vertragliche Abreden nach § 134 BGB nichtig. In Folge der in den letzten Jahrzehnten erfolgten tariflichen Arbeitszeitverkürzung bleibt die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers oft hinter den durch das Arbeitszeitrecht bestehenden Grenzen zurück. - 4. Rechtslage nach dem Arbeitszeitgesetz: Das Arbeitszeitgesetz vom 6. 6. 1994 (BGBl I 1170) m. spät. Änd. ist die Rechtsgrundlage für das allgemeine Arbeitszeitrecht. - a) Geltungsbereich: Das Arbeitszeitgesetz gilt für Arbeitnehmer über 18 Jahre in Betrieben und Verwaltungen aller Art. - Ausgenommen sind leitende Angestellte (§ 18 ArbZG mit weiteren Ausnahmen spezieller Gruppen). Für den öffentlichen Dienst, Luftfahrt, See- und Binnenschiffahrt gelten die speziellen Regelungen. Für Personen unter 18 Jahren gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz vom 12. 4. 1976 (BGBl I 965) m. spät. Änd. - b) Regelmäßige A.: Die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit darf die Dauer von acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalenderwochen oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG). - c) Pausen- und Ruhezeiten: Nach spätestens sechs Stunden ist die Arbeitszeit durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten (bei Arbeitszeit von 9 Stunden: 45 Minuten) zu unterbrechen. Die Ruhepausen können auch in Viertelstunden aufgeteilt werden (§ 4 ArbZG). Die Ruhepausen zählen - außer im Bergbau - nicht zur Arbeitszeit (§ 2 I ArbZG) und sind deshalb nicht zu vergüten, wenn tariflich oder arbeitsvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben (§5 I ArbZG). Abweichende Regelungen sind für Krankenhäuser, im Beherbergungsgewerbe, Verkehrsbetriebe, Rundfunk, Landwirtschaft und Tierhaltung möglich (§ 5 II, III ArbZG). Für Kraftfahrer gelten die Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft, soweit sie kürzere Ruhezeiten zulassen (§ 5 IV ArbZG). - d) Nacht- und Schichtarbeit: Nachtarbeit ist Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit - 23.00 bis 06.00 Uhr - umfaßt. Als Nachtarbeitnehmer gelten Arbeitnehmer, die Arbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr oder normalerweise in Wechselschicht zu leisten haben. Für Nacht- und Schichtarbeitnehmer gelten Schutzvorschriften hinsichtlich der Höchstarbeitszeit sowie des Gesundheitsschutzes, und sie haben unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz (§ 6 ArbZG). Für Nachtarbeit sind bezahlte freie Tage oder ein Zuschlag zu zahlen (§ 6 V ArbZG). - e) Sonn- und Feiertagsarbeit: Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden. Für Arbeiten, die nicht an Werktagen erledigt werden können, gelten Ausnahmen in verschiedenen Bereichen, z. B. bei der Feuerwehr, Krankenhäusern, Hotels und Gaststätten, Versorgungs- und Verkehrsbetrieben, Rundfunk und Presse, Landwirtschaft und Tierhaltung zur Verhütung von Verderbnis, dem Mißlingen von Arbeitsergebnissen oder der Beschädigung von Produktionseinrichtungen, bei der Vorbereitung des vollen werktätigen Betriebs und bei der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen (§ 10 I Nr. 1.-16. ArbZG). Produktionsarbeiten dürfen erfolgen, wenn die infolge der Unterbrechung der Produktion noch zulässigen Arbeiten den Einsatz von mehr Arbeitnehmern als bei durch in der Produktion erforderten (§ 10 II ArbZG). Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben. Für Sonn- und Feiertage muß ein Ersatzruhetag innerhalb von zwei bzw. acht Wochen gewährt werden. Vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit können durch Rechtsverordnung weitere generelle Ausnahmen zugelassen werden (§ 13 I, II ArbZG). Die Aufsichtsbehörde soll bewilligen, daß Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen mit Arbeiten beschäftigt werden, die aus chemischen, biologischen, technischen oder physikalischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang erfordern. Sie hat die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zu bewilligen, wenn bei längeren Betriebszeiten im Ausland die Konkurrenzfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt ist und durch die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden kann. - f) Abweichende Regelungen können für viele Einzelheiten des Arbeitsrechts in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen getroffen werden (§§ 7, 12 ArbZG), z. B. hinsichtlich der Höchstarbeitszeit, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. - g) Durchführung und Kontrolle: Den Aufsichtsbehörden (Gewerbeaufsichtsämter) obliegt die Überwachung des Arbeitszeitgesetzes. Sie haben dafür Kontrollrechte (§ 17 ArbZG). Die Aufsichtsbehörden können unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zulassen (§ 15 ArbZG). Die Vorschrift des Arbeitsschutzes sind bußgeld- und strafbewehrt (§ 22 ArbZG). - 5. Staffelung der A.: Vgl. gleitende Arbeitszeit, Teilzeitarbeitsverhältnis.
II. Industriebetriebslehre: Arbeitszeit und Schichtzeit sind nicht gleichzusetzen: In der Industrie gilt als Arbeitszeit der Teil der Schichtzeit, zu dem üblicherweise gearbeitet wird. Werden die Pausen in die Schichtzeit mit eingerechnet, dann entspricht die Schichtzeit der Arbeitszeit Die Arbeitszeit wird gegliedert in Leistungszeit, Bereitschaftszeit, bezahlte und unbezahlte Freizeit. - Bei Arbeitsstudien nach REFA wird als Arbeitszeit die Tätigkeitszeit (tt) zugrunde gelegt. - Vgl. auch Arbeitszeitkategorien.
III. Amtliche Statistik: Arbeitszeit wird im Rahmen der amtlichen Verdiensterhebungen (Lohnstatistik I 1) ermittelt. Als bezahlte Arbeitszeit gelten die effektiv geleisteten Stunden, i. d. R. die innerhalb der Arbeitsstätte bzw. auf der Arbeitsstelle verbrachten Zeiten abzüglich allgemein betrieblich festgesetzter Ruhepausen sowie zuzüglich der bezahlten Ausfallstunden (z. B. bezahlte Krankheitstage, gesetzliche Feiertage, bezahlter Urlaub, bezahlte Arbeitspausen, bezahlte Freizeit aus betrieblichen und persönlichen Gründen).

 

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