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EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, eine der drei Europäischen Gemeinschaften (EG), auf denen die EU (Europäische Union) basiert. - Seit dem Vertrag von Maastricht Europäische Gemeinschaft (EG). Seitdem heißt die EWG "Europäische Gemeinschaft". Der Begriff "Europäische Gemeinschaft" wird zugleich zur Kennzeichnung der drei (Teil-)Gemeinschaften verwendet. Diese Begriffsverwirrung soll durch Maastricht-Nachfolgekonferenz beseitigt werden.
I. Überblick: Die EWG ist eine supranationale Körperschaft des Völkerrechts. Der Gründungsvertrag (EWG-Vertrag, EWGV) wurde am 25. 3. 1957 in Rom unterzeichnet (einer der sog. Römischen Verträge) und ist am 1. 1. 1958 zusammen mit dem EURATOM-Vertrag (EAGV) in Kraft getreten. Sowohl die Fusion der Organe (1967) der drei Gemeinschaften (EWG, EAG, EGKS) als auch die Einbettung des EWG-Vertrags in den Vertrag über die Europäische Union (EUV) bedeuten keine Verschmelzung der drei Gemeinschaften. Durch den EUV ist der (ehemalige) EWG-Vertrag in EG-Vertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) umbenannt worden. Die Geltungsdauer des E(W)G-Vertrags ist zeitlich unbegrenzt.
II. Gründung und Mitglieder der EWG: Die sechs Mitgliedsländer der EGKS (Belgien, Bundesrep. D., Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande) beschlossen auf der Konferenz von Messina (1./2. 6. 1955), eine gemeinsame Zollunion zu errichten, die sämtliche Sektoren ihrer jeweiligen Volkswirtschaften umfaßt. Neben den wirtschaftspolitischen Absichten, die mit der Errichtung der EWG verbunden waren, bestanden stets auch allgemeinpolitische Ziele (z. B. Wohlstandsmehrung als Grundlage einer gedeihlichen innenpolitischen Entwicklung der Mitgliedsländer; Friedenssicherung). Infolge von Beitritten, die seit der Gründung stattgefunden haben, umfaßt der Anwendungsbereich des E(W)G-Vertrags (abgesehen von den überseeischen Ländern und Gebieten) seit dem 1. 1. 1995 15 europäische Staaten (vgl. EG II).
III. Novellierungen des EWGV: Nach der Verwirklichung der ersten Integrationsstufe (Zollunion; 1. 7. 1968) sind die wirtschaftspolitischen Zwischenziele auf dem Weg zum Endziel eines Gemeinsamen Markts im Zuge von bisher zwei Vertragsreformen fortentwickelt und erweitert worden. a) Die erste grundlegende Neufassung des EWG-Vertrags erfolgte erst 1986/87 in Gestalt der sog. EEA (Einheitliche Europäische Akte); gleichzeitig wurden der EGKS-Vertrag und der EAG-Vertrag an den durch die EEA reformierten EWGV angepaßt. - b) Die zweite grundlegende Reform der Gründungsverträge (der am 1. 11. 1993 in Kraft getretene sog. Vertrag über die EU) betrifft (abgesehen von der Schaffung neuer, nicht-ökonomischer Gemeinschaftsaufgaben) ebenfalls ganz überwiegend den EWG-Vertrag, der gleichzeitig in EG-Vertrag umbenannt wurde.
IV. Aufgaben: 1. Der Gründungsvertrag - Ziele und Aufgabenzuweisungen: Im Unterschied zur EGKS und der EAG war die EWG von Anfang an auf die Integration aller Wirtschaftssektoren der beteiligten Länder ausgerichtet. Dem lag die Absicht zugrunde, über eine verbesserte Ressourcenallokation zur besseren Erreichung der wirtschaftspolitischen Oberziele beizutragen und zugleich ganz allgemein "engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in der Gemeinschaft zusammengeschlossen sind" (Art. 2 EWG-Vertrag von 1957). Integrationspolitisches Ziel des EWGV von 1957 war die Erreichung einer Zollunion bis zum 1. 1. 1970 (bereits zum 1. 7. 1968 verwirklicht). Als eine Konsequenz der Option für das Konzept der Zollunion besitzt die EWG seit dem 1.1.1973 die alleinige handelspolitische Kompetenz gegenüber Drittstaaten (gemeinsame Handelspolitik, Art. 110 ff. EWGV). Für den Agrarsektor gelten unter Beachtung der spezifischen Bestimmungen der Art. 39-46 EWGV ebenfalls die allgemeinen Vorschriften über den Gemeinsamen Markt (Agrarpolitik 6., 7.). Analog für die Verkehrspolitik (Art. 74-84). Außerdem beinhaltet der EWGV seit Anfang an umfangreiche gemeinsame Wettbewerbsregeln und das Postulat, die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften aneinander anzugleichen, soweit dies "für das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinsamen Marktes erforderlich ist". Im übrigen enthielt der Gründungsvertrag gewisse Ansätze für eine gemeinsame Sozialpolitik. - 2. Ausweitung der Gemeinschaftskompetenzen: a) Durch die EEA wurde die bestehende Zollunion im Wege der Harmonisierung einer großen Zahl nichttarifärer Handelshemmnisse bis Ende 1992 zum Einheitlichen Binnenmarkt (Raum ohne Binnengrenzen) weiterentwickelt; außerdem wurde der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) durch die EEA im EWGV verankert und die Arbeitsweise der Strukturfonds reformiert. - Vgl. auch EU-Haushalt. - Im Zusammenhang mit der EEA sind ferner die Umwelt-, Forschungs- und Technologiepolitik sowie das Ziel des wirtschafts- und sozialpolitischen Zusammenhalts (Kohäsion) in den EWGV einbezogen worden. - b) Der am 1.11.1993 in Kraft getretene Vertrag über die Europäische Union hat die (zugleich fortentwickelten) Bestimmungen des EWGV unter der Neubezeichnung EG-Vertrag übernommen. Im Zuge dieser zweiten grundlegenden Novellierung des (ehemaligen) EWGV wurden bestehende Gemeinschaftskompetenzen ausgeweitet und auch mehrere neue Zuständigkeiten der Gemeinschaft geschaffen: Hierzu gehört vor allem das Ziel einer in drei Stufen erfolgenden Weiterentwicklung des Einheitlichen Binnenmarkts zur Wirtschafts- und Währungsunion (Wirtschaftsgebiet mit einheitlicher Wirtschaftspolitik, Europäischer Zentralbank und einer gemeinsamen Währung), die Verankerung dezentraler wirtschaftspolitischer Willensbildung (Subsidiaritätsprinzip der EU), die Etablierung einer gewissen Einbindung von Gebietskörperschaften unterhalb der Ebene der Mitgliedstaaten in die gemeinschaftliche Willensbildung (Ausschuß der Regionen), die Errichtung eines Kohäsionsfonds als weiteren (vierten) Strukturfonds der EU sowie die Ausweitung bestehender und die Übertragung begrenzter neuer Handlungskompetenzen auf die EG in Ergänzung der betreffenden nationalen Politiken. Die seit Anbeginn bestehenden allgemeinen Zielsetzungen des EWGV (s. o.) sind nunmehr in Form eines umfangreichen Katalogs expliziter Einzelziele in Art. 3 EGV präzisiert.
V. Organe: Die Durchführung der im EWGV festgelegten gemeinschaftlichen Aufgaben obliegt im wesentlichen vier Organen sowie einer Reihe von Hilfsorganen. Zwei der vier EWG-Organe, nämlich das Europäische Parlament (bis 1979: Gemeinsame Versammlung) sowie der EuGH (Europäischer Gerichtshof) fungieren bereits seit der Errichtung der EWG am 1. 1. 1958 als gemeinsame Organe aller drei Europäischen Gemeinschaften. Bis zum 1. 7. 1967 besaß die EWG ein eigenes Exekutiv- und Überwachungsorgan (die sog. EWG-Kommission) sowie den sog. EWG-Ministerrat (als zentrales Entscheidungs- und Rechtssetzungsorgan). Seitdem sind diese beiden EWG-Organe in der EG-Kommission (Europäische Kommission) bzw. im EG-Ministerrat (Rat der EU) aufgegangen. Zur Unterstützung der laufenden Tätigkeit der Organe sah der EWGV von Anfang an noch gewisse Hilfsinstitutionen vor (z. B. den Wirtschafts- und Sozialausschuß oder den EWG-Währungsausschuß). Der EuRH und die EIB haben ebenfalls ihre Rechtsgrundlage im EWGV.
VI. Außenbeziehungen auf der Basis des EWGV: Wesentliche Grundlage der wirtschaftlichen Außenbeziehungen der EG/EU ist die seit dem 1.1.1973 bestehende ausschließliche Zuständigkeit der E(W)G für die handelspolitischen Beziehungen zu Drittstaaten und internationalen Organisationen. Eine weitere Grundlage bilden die Bestimmungen über die Assoziierung (Assoziierungsabkommen) fremder Staaten (Art. 131 ff. und Art. 238 EG-Vertrag). Als Folge der exklusiven handelspolitischen Kompetenz der Gemeinschaft gegenüber der restlichen Welt (u. a. gemeinsamer Zolltarif) sind seit der Gründung der EWG zahlreiche multi- und bilaterale Abkommen mit Drittländern über verschiedene Formen wirtschaftlicher und finanzieller Zusammenarbeit abgeschlossen worden. Dazu kommen die von der E(W)G im Rahmen internationaler Organisationen mit Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten abgeschlossenen völkerrechtlichen Vereinbarungen (z. B. im Rahmen der verschiedenen Handelsliberalisierungs-Runden des GATT). Schon frühzeitig wurden besondere Beziehungen zu 18 frankophonen afrikanischen Staaten (AASM) in Gestalt des EEF sowie der beiden sog. Jaunde-Abkommen (1964-69 bzw. 1970-74) aufgenommen. Seit 1975 stellen die bisher vier aufeinander folgenden Lomé-Abkommen ein zentrales Element der E(W)G-Außenbeziehungen dar. Weitere Hauptkomponenten der wirtschaftlichen Außenbeziehungen sind: Die Abkommen mit zwölf Mittelmeerstaaten, das Allgemeine Präferenzsystem (APS), das am 1. 1. 1994 in Kraft getretene Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sowie die sog. Europa-Abkommen, welche in der ersten Hälfte der 90er Jahre mit inzwischen 10 mittelosteuropäischen Reformstaaten abgeschlossen wurden. Schließlich werden auf der Basis der Bestimmungen des EWGV mit mehreren Drittstaaten (insbes. in Südost-Asien und in Lateinamerika) sog. nicht-präferenzielle Handelsabkommen unterhalten.

 

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