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Binnenschiffahrt

I. Begriff: Beförderung von Personen und Gütern mit Schiffen auf Binnengewässern (Flüssen, Seen und Kanälen). - Zu unterteilen nach Gewässern (z. Binnenschiffahrt Rheinschiffahrt, Donauschiffahrt) und nach Betriebsformen (Partikulier-, Reederei- und Werksschiffahrt).
II. Unternehmensstruktur, Leistungen: 1. Unternehmensstruktur: Für die Binnenschiffahrt in der Bundesrep. D. charakteristisch ist das Nebeneinander von Reedereien (Unternehmen mit eigener Landorganisation zur Akquisition und Disposition von Frachten; Durchführung des gewerbsmäßigen Transports mit eigenem oder fremdem Schiffsraum), einer Vielzahl von Partikulieren (selbständige Schiffseigner mit höchstens drei Schiffen und ohne eigene Frachtzuführungsorganisation an Land) sowie von Industrie- und Handelsunternehmen, die sog. Werkverkehr betreiben. Mitte 1994 waren in der deutschen Binnenschiffahrt insgesamt 1.506 Unternehmen tätig (1.458 gewerbl. Unternehmen, 48 Werkverkehr). Die Zahl der in der Binnenschiffahrt Beschäftigten belief sich Mitte 1994 auf 9.425 Personen; unter den 7.782 Personen des fahrenden Personals waren 1.451 Schiffseigner und mithelfende Familienangehörige. - 2. Eingesetzte Schiffsarten und ihre Tragfähigkeit: In der Binnenschiffahrt eingesetzt werden heute in Westeuropa im wesentlichen Motorschiffe, Schubverbände und Koppelverbände. Motorschiffe haben eine Tragfähigkeit von 300-4.000 t und eine Antriebsleistung von bis zu 2.600 PS; geeignet v. a. zum Transport von festen Massengütern, zunehmend aber auch zur Beförderung von Containern, Stückgütern und Anlageteilen. Bei den Schubverbänden werden zumeist vier (auf manchen Wasserwegen auch sechs) kastenförmige unbesetzte Schubleichter neben- und hintereinander gekoppelt und durch ein starr verbundenes Schubboot geschoben (Tragfähigkeit der typisierten Schubleichter variiert zwischen 1.600 und 2.700 t; Maschinenleistung der Schubboote reicht bis zu 6.000 PS). Koppelverbände bestehen aus einem zum Schieben ausgerüsteten Motorschiff und bis zu drei Schubleichtern. Daneben inzwischen auch in der deutschen Binnenschiffahrt zunehmender Einsatz von Spezialschiffen (Containertransport, Lash-Leichter, Schiffe für den RoRo-Verkehr). - Ende 1994 setzte sich die deutsche Binnenflotte aus 3.285 Güterschiffen mit 3,24 Mio. t Tragfähigkeit sowie 166 Schub-, 132 Schubschleppbooten und 216 Schleppern zusammen. Darin enthalten ist die Binnentankerflotte mit 441 Tankschiffen (383 Motortankschiffe, 17 Tankkähne, 41 Tankschubleichter) und einer Tragfähigkeit von ca. 590.000 t. Von den Güterschiffen waren 1.589 Motorschiffe (1,61 Mio. t), 1.126 Schubleichter (0,97 Mio. t), 91 Schleppkähne (0,06 Mio. t) und 106 Trägerschiffsleichter (Lash) mit 0,08 Mio. t Tragfähigkeit. - Daneben gehörten zur deutschen Binnenflotte 865 Fahrgastschiffe mit einer Fahrgastkapazität 222.000 Personen. - 3. Beförderungs- und Transportleistung: Auf den Binnenwasserstraßen der Bundesrep. D. wurden 1994 insgesamt 235,0 Mio. t Güter befördert (darunter 101,6 Mio. t von deutschen Schiffen) und eine Transportleistung von 61,8 Mrd. tkm erbracht (24,8 Mrd. tkm durch deutsche Schiffe). Haupttransportgüter waren Kies, Sand, Steine und Baustoffe (25,0%), Mineralölprodukte und Gase (18,6%), Erze und Schrott (17,8%) sowie Kohle (11,0%). Die mittlere Transportweite belief sich 1994 auf 263 km. - 4. Einnahmen: Die Einnahmen der Binnenschiffahrt erreichten zusammen 3.100 Mio. DM, darunter 284 Mio. DM aus der Personenschiffahrt. Je tkm ergaben sich Frachteinnahmen von 4,3 Pfg.
III. Nationale und internationale Organisation: 1. Nationale Ebene: Oberste staatliche Verwaltungsinstanz ist der Bundesminister für Verkehr, Abt. Binnenschiffahrt und Wasserstraßen. Nachgeordnete Behörden sind die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen (jeweils für den Bereich eines Stromgebietes) sowie die Wasserstraßenämter. - Das Gewerbe hat folgende nationale Organisationen geschaffen: (1) Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt e. V. (BDB), (2) Bundesverband der Selbständigen e. V., Abt. Binnenschiffahrt (BDS), (3) Reedereiverbände; (z. Binnenschiffahrt Verband deutscher Rheinreeder e. V., Duisburg), Zentralausschuß der deutschen Binnenschiffahrt, (5) gewerbliche Selbstverwaltung in Form von Transportzentralen zur Lenkung des Verkehrs, (6) "Vereine zur Wahrung der Schiffahrtsinteressen" (jeweils für den Bereich eines Stromgebietes), (7) Partikulier- und Transport-Genossenschaften. - 2. Internationale Ebene: Die Binnenschiffahrt hat sich in der Internationalen Binnenschiffahrts-Union (Union internationale de la navigation fluviale, U. I. N. F.) organisiert. Die internationalen Belange speziell der Rheinschiffahrt vertreten u. a. die Internationale Vereinigung des Rheinschiffsregister (Association Internationale du Registre des Bateaux du Rhin, IVR), die Arbeitsgemeinschaft der Rheinschiffahrt e. V. und die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt (ZKR, Commission centrale pour la navigation du Rhin).
IV. Gegenwarts- und Zukunftsprobleme: Da die Binnenschiffahrt traditionell für den Transport von Massengütern geeignet ist, wirkt sich die Krise in der Kohle- und Stahlindustrie auch auf die Binnenschiffahrt aus. Das Transportaufkommen in diesen Güterklassen geht zurück. Aber auch die verstärkte Substitution von Erdölprodukten, insbes. von Heizöl, führt zum Verlust von Transportaufkommen in der B., die zur Zeit noch nach neuen Produkten sucht, die die entstandene Nachfragelücke schließen. Die Binnenschiffahrt setzt daher verstärkt auf den Container- und den Roll on/Roll off-Verkehr, wobei allerdings diese Verkehrsarten die Transportverluste im Massengut nur bedingt ersetzen können. Probleme ergeben sich für die deutsche Binnenschiffahrt durch den hohen Wettbewerbsdruck der niederländischen und der mittel- und osteuropäischen Flotten. Die nationalen und supranationalen Abwrackaktionen der Vergangenheit haben das Problem der Überkapazitäten nicht beseitigt, so daß, wenn nicht in ausreichendem Maße neue Verkehre erschlossen werden können, ein weiterer Rückgang der deutschen Binnenschiffahrt nicht unwahrscheinlich ist.

 

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