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Bewertung

Verfahren mit dem Ziel, den Wert von Gütern oder Handlungsalternativen zu bestimmen. Die Höhe des Wertansatzes richtet sich nach dem Zweck der B.
I. Bewertung in der Bilanz: Je nach den mit der Aufstellung einer Bilanz verfolgten Zielen sind bei der Bewertung der einzelnen Bilanzpositionen unterschiedliche Wertansätze zu wählen. So ist z. Bewertung bei der Erstellung von sog. Sonderbilanzen, d. h. Bilanzen, die bei bestimmten Anlässen (z. Bewertung Gründung, Umwandlung, Abwicklung, Überschuldung) aufgestellt werden, mit dem Ertragswert oder dem Tageswert (Auseinandersetzungsbilanz) oder auch mit dem Veräußerungswert (Konkursbilanz) zu bewerten. - 1. Allgemeine Bewertungsgrundsätze für die Jahresbilanz (§§ 242 ff. HGB): Sie sind bei anderen Bilanzarten unter Beachtung des jeweiligen Bilanzierungszwecks entsprechend anzuwenden. - Grundsätze im einzelnen: a) Die Bewertung hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen (§ 243 I). Insbes. gelten: (1) Grundsatz der Bilanzidentität (§ 252 I Nr. 1); (2) Grundsatz der Unternehmensfortführung (going-concern-Prinzip), d. h. es ist bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, wenn nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen (§ 252 I Nr. 2); (3) Prinzip der Einzelbewertung (§ 252 I Nr. 3); (4) Stichtagsprinzip, d. h. die Bewertung hat sich grundsätzlich auf den Abschlußstichtag zu beziehen; dabei sind wertbeeinflussende Tatbestände, die ihre Ursache vor oder am Abschlußstichtag haben, aber erst danach bekannt werden, zu berücksichtigen (sog. wertaufhellende Tatsachen) (§§ 242 I, 252 I Nr. 3, Nr. 4); (5) Vorsichtsprinzip, konkretisiert als Realisationsprinzip und Imparitätsprinzip (§ 252 I Nr. 4); (6) Abgrenzungsprinzip, d. h. Aufwands- und Ertragsbildung nach der wirtschaftlichen Verursachung und nicht nach dem Zahlungszeitpunkt (§ 252 I Nr. 5); (7) Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 I Nr. 6). - Vgl. tabellarische Übersicht. - b) Von den Grundsätzen (1) bis (7) darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. - 2. Bewertung in der handelsrechtlichen Jahresbilanz: Sowohl für die Güter des Anlagevermögens als auch für die des Umlaufvermögens stellen die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten die Wertobergrenze dar (§ 253 I HGB); eingetretene Wertsteigerungen (etwa marktbedingt) bleiben außer Betracht (Anschaffungswertprinzip). - Bei den abnutzbaren Anlagegegenständen sind die Abschreibungen das Bewertungsinstrumentarium. Im Rahmen der Bilanzpolitik der Unternehmen werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um "planmäßige" Abschreibungen verringert; das bedeutet, daß innerhalb der legalen Möglichkeiten zur Realisierung der bilanzpolitischen Zielsetzung nach einem "Plan" verfahren wird, d. h. die jährliche Abschreibung spätestens bei Vornahme der ersten Abschreibung zumindest hinsichtlich der Bewertungsmethode festgelegt wird. Außerplanmäßige Abschreibungen (Sonderabschreibungen) können bei allen Gütern des Anlagevermögens vorgenommen werden, um die Gegenstände mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlußstichtag beizulegen ist. Sie sind vorzunehmen bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung (§ 253 II HGB); außer in diesem Fall können Kapitalgesellschaften außerplanmäßige Abschreibungen nur bei den Vermögensgegenständen vornehmen, die Finanzanlagen sind (§ 279 I HGB). - Für Gegenstände des Umlaufvermögens gilt das (strenge) Niederstwertprinzip, d. h. von den möglichen Wertansätzen, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aus dem Markt- oder Börsenpreis abgeleiteter Wert bzw. beizulegender niedriger Stichtagswert ist der jeweils niedrigste zu wählen. Außerdem dürfen Abschreibungen vorgenommen werden, soweit diese nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Vermögensgegenstände aufgrund von Wertminderungen geändert werden muß (§ 253 III HGB). - Gem. § 253 IV HGB dürfen für alle Vermögensgegenstände Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung vorgenommen werden. Für Kapitalgesellschaften ist dies jedoch explizit ausgeschlossen (§ 279 I HGB), womit für diese gleichzeitig eine Wertuntergrenze fixiert ist. Schließlich sind nach § 254 HGB auch Abschreibungen möglich, um Vermögensgegenstände mit dem noch niedrigeren Wert anzusetzen, der auf einer nur steuerlich zulässigen Abschreibung beruht; bei Kapitalgesellschaften allerdings nur insoweit, als das Steuerrecht ihre Anerkennung bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung davon abhängig macht, daß sie sich aus der Handelsbilanz ergeben (§ 279 II HGB). Niedrigere Wertansätze aufgrund außerplanmäßiger Abschreibungen im Anlagevermögen, Abschreibungen gem. dem strengen Niederstwertprinzip oder zur Berücksichtigung künftiger Wertschwankungen im Umlaufvermögen, Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung sowie steuerrechtlich zulässige Abschreibungen dürfen gem. § 253 V und § 254 S. 2 HGB beibehalten werden, auch wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen ("Beibehaltungswahlrecht"); für Kapitalgesellschaften ist dies ausgeschlossen, da § 280 I HGB ein grundsätzliches Wertaufholungsgebot vorschreibt. Im wesentlichen besteht die Zuschreibungspflicht für Kapitalgesellschaften (vgl. § 280 II HGB i. V. mit § 36 EStG) nur für den Fall, daß der Wertansatz in der Handelsbilanz (HB) unter dem in der Steuerbilanz (StB) liegt (z. Bewertung bei steuerlicher Nichtanerkennung einer handelsrechtlich für geboten gehaltenen Sonderabschreibung). Entfällt der Grund für den niedrigeren HB-Wertansatz, gilt handelsrechtlich ein Wertaufholungsgebot zum Wertansatz der StBewertung Freiwillige, parallele Zuschreibungen in HB und StB bei entsprechender Entwicklung des Tageswertes sind zulässig. Um die durch die Zuschreibung entstehenden Buchgewinne von der Ausschüttung auszunehmen und zur Berücksichtigung evtl. anfallender Ertragsteuern können gem. § 58 II a AktG und § 29 IV GmbHG Vorstand bzw. Geschäftsführung und der Aufsichtsrat (bzw. GmbH-Gesellschafter) den Eigenkapitalanteil von Wertaufholungen nach § 280 I HGB (vereinfachend wird man von 40% der Zuschreibung ausgehen können) in die anderen Gewinnrücklagen einstellen, ohne daß hierdurch die übrigen Gewinnverwendungskompetenzen beschnitten werden. Der Betrag dieser Rücklagenzuführung ist entweder gesondert in der Bilanz auszuweisen (= Wertaufholungsrücklage) oder im Anhang anzugeben. - Vgl. Übersichten "Bewertung - Ansatz- und Bewertungsvorschriften des HGB". - 3. Steuerrechtliche Bewertung: Von Bedeutung ist die Bewertung in der Steuerbilanz für Zwecke der Ertragsteuern und in der Vermögensaufstellung für Zwecke der Substanzsteuern. Grundsätzlich bestimmt sich die steuerliche Bewertung nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes, soweit nicht Spezialvorschriften anderer Steuergesetze vorgehen. - a) Die ertragsteuerlichen Bewertungsvorschriften sind in § 6 EStG geregelt und verdrängen damit die Regelungen des Bewertungsgesetzes. Zu beachten ist, daß gem. § 5 Abs. 1 EStG für die Steuerbilanz grundsätzlich die GoB maßgeblich sind (Maßgeblichkeitsprinzip). Da dies auch für die Bewertung gilt, sind, soweit § 6 EStG nicht andere Maßstäbe bestimmt, die Wertansätze der Handelsbilanz in die Steuerbilanz zu übernehmen. Als Wertmaßstab nennt § 6 EStG neben den Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten den Teilwert. Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Aufgrund der großen Schwierigkeiten bei der Ermittlung hat der Teilwert allerdings keine große praktische Bedeutung als eigenständiger Wertbegriff, sondern wird von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder den Wiederbeschaffungskosten abgeleitet. Bei den einzelnen Bilanzpositionen sind insbes. folgende steuerliche Besonderheiten zu beachten (zu Einzelheiten vgl. Steuerbilanz): (1) Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, sind mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung (AfA), anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. (2) Andere Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, immaterielle Wirtschaftsgüter, Beteiligungen, Umlaufvermögen) sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt dessen kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Verbindlichkeiten. (3) Entnahmen und Einlagen sind grundsätzlich mit dem Teilwert zu bewerten, Einlagen jedoch höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung angeschafft oder hergestellt worden ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung von Wirtschaftsgütern bei der Eröffnung eines Betriebes. (4) Wirtschaftsgüter beim entgeltlichen Erwerb eines Betriebes sind mit dem Teilwert, höchstens jedoch mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. - b) Die Bewertungsmaßstäbe der Vermögensaufstellung, die bisher z. T. stark von der Bewertung in der Steuerbilanz differierten, sind im Bewertungsgesetz festgelegt. Durch das Steueränderungsgesetz 1992 hat sich hier allerdings folgende gravierende Vereinfachung ergeben: Gem. § 109 Abs. 1 BewG werden die zu einem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln (Bilanzierende Kaufleute), grundsätzlich mit den Steuerbilanzwerten angesetzt. Für andere Steuerpflichtige gelten die ertragsteuerlichen Werte. In der Vermögensaufstellung existieren damit nur noch folgende Bewertungsunterschiede zur ertragsteuerlichen B.: (1) Grundstücke und Mineralgewinnungsrechte sind mit dem Einheitswert anzusetzen. (2) Anteile an Personengesellschaften sind mit dem anteiligen Einheitswert zu erfassen. (3) Wertpapiere und Anteile an Kapitalgesellschaften sind weiterhin mit dem gemeinen Wert, d. h. mit dem Börsen- oder Marktpreis oder einem aus Verkäufen abgeleiteten Wert oder ersatzweise mit dem Stuttgarter Wert (Stuttgarter Verfahren) anzusetzen.
II. Bewertung in ausgewählten Sonderbilanzen: Vgl. Abwicklungsbilanz, Gründungsbilanz, Konkursbilanz, Überschuldungsbilanz, Umwandlungsbilanzen.
III. Bewertung in der Kostenrechnung: 1. Der einem betriebszweckbezogenen Güterge- oder -verbrauch zuzuordnende Kostenwert hängt grundsätzlich vom Zweck der Verwendung der Kosteninformation ab (Auswertungsrechnung). Der Verbrauch von auf Lager liegendem Material für einen Zusatzauftrag z. Bewertung zieht dann keine Kosten nach sich, wenn das Material bei Nichtverarbeitung verderben würde; er ist mit Wiederbeschaffungskosten zu bewerten, wenn das Lager nach der Lagerentnahme wieder auf den ursprünglichen Bestand aufgefüllt wird. - 2. Für die laufende Kostenerfassung erweist sich eine derartige Bewertungsvielfalt als unpraktikabel. Als Standardwert zieht man deshalb durchweg die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten heran (wie in der externen Rechnungslegung). Auswertungen für spezielle Rechnungszwecke erfordern dann Umbewertungen. - 3. Bewertung als Zurechnungsproblem: I. a. wird gefordert, die Bewertung (als Zuordnung eines Geldbetrags auf ein Gut) am jeweiligen Zweck auszurichten. Das gilt insbes. für den wertmäßigen Kostenbegriff. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Zweck und Bewertung besteht jedoch nur selten. Eine Objektivierung des Rechnungswesens verlangt Preiseindeutigkeit. Sie kann erreicht werden, wenn das Identitätsprinzip auch auf die Zuordnung der Beschaffungsentgelte bzw. -ausgaben (Ausgabenverbundenheit), primär auf die beschafften Gütereinheiten und sekundär auf die verbrauchten Güter und die entstehenden Leistungen angewendet wird.
IV. Bewertung einer Unternehmung als Ganzes: Vgl. Unternehmungsbewertung.

 

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