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irreführende Werbung

ist unlauterer Wettbewerb und wird durch die Generalklausel des § 3 UWG untersagt, ferner durch zahlreiche spezialgesetzliche Vorschriften (§ 8 AMG, § 7 II EichG, § 5 II GjS, §§ 3 f. HWG, §§ 17, 18, 22, 24, 27 LMBG, § 8 II MarkenG und Verordnungen, z. B. die nach § 19 LMBG erlassenen lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften). Spezialvorschriften schließen i. d. R. die Anwendung der Generalklausel nicht aus. irreführende Werbung W. löst Unterlassungs-, bei Verschulden Schadensersatz- sowie Auskunftsansprüche aus. Der Tatbestand verlangt Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken (Wettbewerbsverhältnis). Wertungsmaßstab ist die Verkehrsauffassung der mit der Werbeaussage angesprochenen Verkehrskreise (allgemeiner Verkehr, Fachkreise usw). Auszugehen ist vom objektiven Gesamteindruck, den die fragliche Aussage unter Berücksichtigung der Begleitumstände auf den flüchtigen Verkehr bei ungezwungener Betrachtung durch den Durchschnittsverbraucher macht. Besonders herausgestellte Angaben können ohne Rücksicht auf das "Kleingedruckte" irreführen (Blickfang). Soweit bestimmte Angaben (z. B. in KennzeichnungsVOen) gesetzlich vorgeschrieben sind, sind diese zu benutzen (normierte Verkehrsauffassung; Aufklärungspflichten bestehen nur ausnahmsweise, z. B. bei neu eingeführten Begriffen oder bei Verwendung zusätzlicher Angaben, durch die die vorgeschriebenen irreführend werden). Objektiv richtige Angaben können irreführen, wenn sie den Eindruck besonderer Eigenschaften vorspiegeln, obwohl diese zum Wesen der Ware/Leistung gehören oder von allen Mitbewerbern erbracht werden (z. B. Werbung mit Selbstverständlichkeiten, Ausnutzung einer Fehlvorstellung des Verkehrs). Unvollständige Angaben sind irreführend, wenn sie für den Kaufentschluß wesentliche Punkte verschweigen (z. B. Aufklärungspflicht über Verkaufsfahrt und Freiwilligkeit der Teilnahme an der Verkaufsveranstaltung; vergleichende Werbung). Mehrdeutige Angaben sind i.W., wenn ein ernsthaft in Betracht kommendes Fehlverständnis die Irreführungsquote erreicht; hat der Werbende an der Verwendung ein schützenswertes Interesse, kann Irreführung durch Verwendung klarstellender Zusätze ausgeschlossen werden. Bei an sich nicht zu beanstandenden Abwandlungen und nachträglichen Klarstellungen irreführender Angaben kann gleichwohl Irreführungsgefahr bestehen, wenn sich die neuen Angaben an die i.W. anlehnen, so daß die i. W. fortwirkt und die neuen Angaben vom Verkehr im Sinne der ursprünglichen unzulässigen Aussage verstanden werden. Es genügt Gefahr der Irreführung, d. h. Eignung zur Irreführung; unerheblich ist, ob bereits jemand einer Täuschung erlegen ist. Die Verkehrsauffassung ermittelt der Tatrichter, der sich auf eigene Sachkunde und Lebenserfahrung stützen kann, sofern er zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört, andernfalls ist Beweiserhebung durch Meinungsforschungsgutachten notwendig. Irreführungen sind erst dann wettbewerbswidrig, wenn sie geeignet sind, den Kaufentschluß zu beeinflussen (Relevanz) und eine hinreichende Irreführungsquote erreichen. Relevanz fehlt, wenn keine schützenswerten Belange der Kunden oder Mitbewerber betroffen sind (z. B. Irreführung über einen für die Kaufentscheidung nebensächlichen Punkt, durch Fehlvorstellung über eine objektiv richtige Angabe). Eine feststehende Irreführungsquote gibt es nicht, maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Es genügt ein nicht unerheblicher Teil des Verkehrs, der i. d. R. ab 10% erreicht ist. Zwischen Irreführungsquote und wettbewerblicher Relevanz besteht Wechselwirkung: Je geringer die Relevanz, desto höher muß die Irreführungsquote sein und umgekehrt. Im Einzelfall ist Interessenabwägung erforderlich, die zur Anlegung strengerer (z. B. im Bereich der Gesundheitswerbung) oder weniger strenger Maßstäbe (z. B. Fehlvorstellungen der Verbraucher über in den Fachkreisen branchenüblichen Begriff) führen kann. Das Verbot i. W. ist in einer breiten Kasuistik zu allen Arten werblicher Aussagen durch die Rechtsprechung konkretisiert worden. Bei Verstoß gegen § 3 UWG kann sich der Verletzer nicht auf den Einwand der unclean hands berufen, dem Einwand steht der Normzweck des § 3 entgegen, die Allgemeinheit vor Täuschungen zu schützen; Aufbrauchsfristen kommen in Betracht, wenn sie für den Verkehr keine unzumutbare Beeinträchtigung bedeuten. I.W. ist unter den Voraussetzungen des § 4 UWG strafbar.

 

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