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Aussperrung

Kampfmittel der Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer und Gewerkschaften im Arbeitskampf.
I. Begriff: Die von einem oder mehreren Arbeitgebern planmäßig vorgenommene Nichtzulassung von Arbeitnehmern zur Arbeit unter Verweigerung der Lohnzahlung. Die Aussperrung kann alle Arbeitnehmer eines Betriebs oder Wirtschaftszweigs betreffen; sie kann sich auch nur gegen die Streikenden oder arbeitswilligen Arbeitnehmer richten. - I. d. R. reagiert die Arbeitgeberseite mit der Aussperrung auf einen zuvor begonnenen Streik (Abwehraussperrung). Eine Aussperrung als Angriffsaussperrung ist denkbar, nach 1945 jedoch nicht mehr erfolgt.
II. Rechtmäßigkeit: 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (bestätigt vom BVerfG - 26.6.1991 - 1 BvR 779/85) ergibt sich die Befugnis für eine Abwehraussperrung aus der verfassungsrechtlich garantierten Tarifautonomie (Art. 9 III GG) und des zu deren Funktionieren erforderlichen Verhandlungsgleichgewichts der sozialen Gegenspieler. Im Vergleich zum Streik hat die Abwehraussperrung nur eine "begrenzte Funktion und Legitimation", doch ist sie insoweit gerechtfertigt, wie die angreifende Gewerkschaft durch besondere Kampftaktiken (z. B. eng begrenzte Teilstreiks) ein Verhandlungsübergewicht erreichen kann. - 2. Im einzelnen geltende Grundsätze für Abwehraussperrungen: a) Ein generelles Aussperrungsverbot ist mit den Grundsätzen der Tarifautonomie nicht vereinbar. Deshalb ist der Art. 29 V der Hessischen Landverfassung (generelles Aussperrungsverbot) unwirksam (Bundesrecht geht Landesrecht vor). b) Abwehraussperrungen sind auf das umkämpfte Tarifgebiet zu beschränken. c) A., die gezielt nur die Mitglieder einer streikenden Gewerkschaft erfassen, nichtorganisierte Arbeitnehmer aber verschonen, sind als gegen die positive Koalitionsfreiheit gerichtete Maßnahmen gem. Art. 9 III GG rechtswidrig. d) Für rechtmäßige Aussperrung gelten die Voraussetzungen, die an einen rechtmäßigen Streik zu stellen sind: Von einer Tarifvertragspartei (Arbeitgeberverband oder Arbeitgeber) beschlossen und gegen eine Gewerkschaft gerichtet; eine kollektive Regelung der Arbeitsbedingungen anstrebend; letztes Mittel (ultimaratio-Prinzip); fair geführt (Übermaßverbot); vgl. Streik II 2.
III. Rechtsfolgen: 1. Eine zulässige Aussperrung führt zur Suspendierung des Arbeitsverhältnisses (Arbeitskampf V), nur ausnahmsweise zur Auflösung der Arbeitsverhältnisse. Letzteres ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber eindeutig erklärt, daß die Aussperrung auflösende Wirkung haben soll, und wenn darüber hinaus die auflösende Wirkung der Aussperrung als das weitergehende Kampfmittel der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist, z. B. wenn sich der Arbeitskampf auf Arbeitnehmerseite zu besonderer Intensität entwickelt, wenn rechtswidrig gestreikt wird oder wenn der Arbeitgeber im Verlaufe eines Arbeitskampfes Arbeitsplätze einsparen oder anderweitig besetzen will und infolgedessen Arbeitsplätze endgültig wegfallen. Gegenüber Arbeitnehmern, deren Arbeitsplätze durch besondere gesetzliche Kündigungsschutzregelungen (Kündigungsschutz I) geschützt sind, z. B. Betriebsratsmitglieder, Schwerbehinderte und Schwangere, ist eine Aussperrung in jedem Fall nur mit suspendierender Wirkung zulässig. - 2. Bei einer rechtswidrigen Aussperrung bestehen alle Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus dem Arbeitsverhältnis fort; d. h. u. a., daß der Arbeitnehmer Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung hat.

 

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