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Schätzverfahren mit beschränkter Information

Unterscheidung: 1. Gewöhnliche Methode der kleinsten Quadrate: a) Begriff: Obwohl die gewöhnliche Methode der kleinsten Quadrate im eigentlichen Sinne kein Schätzverfahren für interdependente lineare Mehrgleichungsmodelle, sondern für die Schätzung der unbekannten Koeffizienten von Einzelgleichungsmodellen konzipiert ist, wird diese Methode auch häufig für die Strukturschätzung solcher Modelle verwendet. Dabei wird jede einzelne Verhaltensgleichung separat betrachtet und als Einzelgleichungsmodell interpretiert. - b) Beurteilung: Die Beliebtheit dieser Methode ist aufgrund der geringen rechentechnischen Probleme und der praktisch kaum vorhandenen Restriktionen bzgl. des Stichprobenumfangs leicht erklärbar. Insbes. läßt sich diese Methode auch im Falle einer unterdimensionierten Stichprobe, d. h. bei einem Stichprobenumfang, der kleiner ist als die Anzahl der vorherbestimmten Variablen im Gesamtmodell, anwenden. Ein weiterer Vorzug dieser Schätzmethode besteht darin, daß auch Modelle, die in den Variablen nichtlinear sind, d. h. nichtlineare Definitionsgleichungen enthalten, damit einfach bearbeitet werden können, solange die zu schätzenden Verhaltensgleichungen linear sind. Außerdem ist es dabei auch möglich, lineare Restriktionen für die Koeffizienten einer Verhaltensgleichung zu berücksichtigen. Ein weiterer Vorteil der gewöhnlichen Methode der kleinsten Quadrate wird in einer relativen Robustheit (Spezifikation) gesehen. Generell ist anzumerken, daß über die Kleinstichprobeneigenschaften der asymptotisch gerechtfertigten ökonometrischen Schätz- und Testfunktionen wenig bekannt ist. Es ist jedoch zu beachten, daß diese Schätzmethode die strukturelle Information des Gesamtmodells negiert, und daß die im Falle eines Einzelgleichungsmodells auf der Basis einer gewöhnlichen Kleinst-Quadrate-Schätzung ableitbaren Tests im Rahmen interdependenter Modelle ihre Gültigkeit verlieren. Für rekursive Modelle kann die gewöhnliche Methode der kleinsten Quadrate jedoch konsistente Folgen von Schätzfunktionen liefern. - 2. Die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate definiert ein eigentliches Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. Es arbeitet insofern mit eingeschränkter Information, weil es nicht die Informationen über die Gesamtstruktur ausnutzt, sondern nur die Information über die vorherbestimmten Variablen des Modells. Diese Schätzmethode setzt eine strikte Linearität des Modells voraus. Alle zu schätzenden Gleichungen müssen aufgrund des Abzählkriteriums identifizierbar und die Stichprobe darf nicht unterdimensioniert, d. h. der Stichprobenumfang darf nicht kleiner als die Anzahl der vorherbestimmten Variablen des Gesamtmodells sein. Diese Schätzmethode erlaubt ebenfalls die Berücksichtigung linearer Nebenbedingungen für die zu schätzenden Koeffizienten einer Verhaltensgleichung und die Ableitung einiger Teststatistiken wie z. B. eine Testfunktion nach Durbin und Watson (Durbin-Watson-Test). - 3. Die Maximum-Likelihood-Methode mit beschränkter Information definiert wie die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate ein Schätzverfahren, das in der Klasse der konsistenten Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. effizient ist, d. h. die beiden Schätzverfahren sind asymptotisch äquivalent. Die Voraussetzungen zur Anwendung dieses Schätzverfahrens sind die gleichen wie bei der zweistufigen Methode der kleinsten Quadrate. Rechentechnisch ist die Maximum-Likelihood-Methode jedoch etwas aufwendiger, so daß in der Praxis die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate häufig vorgezogen wird. - 4. Die Schätzverfahren der sog. k-Klasse sind als Lösung eines Gleichungssystems definiert, das die Zahl k als Parameter enthält. Je nach der Wahl von k wird ein spezielles Schätzverfahren bestimmt, das unter bestimmten Voraussetzungen über k asymptotisch effizient ist in der Klasse der konsistenten Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. Für k = 0 ergibt sich die gewöhnliche Methode der kleinsten Quadrate, für k = 1 die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate und für eine bestimmte stochastische Festlegung von k die Maximum-Likelihood-Methode mit beschränkter Information. - 5. Die modifizierte zweistufige Methode der kleinsten Quadrate ist ein in Anlehnung an die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate entwickeltes Schätzverfahren im Falle einer unterdimensionierten Stichprobe. Das dadurch definierte Schätzverfahren ist in der Klasse der Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. konsistent, aber nicht mehr asymptotisch effizient. Die Anwendungsvoraussetzungen sind bis auf den Stichprobenumfang die gleichen wie bei der zweistufigen Methode der kleinsten Quadrate. Die Schätzungen nach dieser Methode können jedoch im Falle einer unterdimensionierten Stichprobe zur Gewinnung von Instrumentvariablen herangezogen werden, die wegen der Konsistenz der modifizierten zweistufigen Methode der kleinsten Quadrate dann als Basis zur Gewinnung eines in der Klasse der Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. asymptotisch effizienten Schätzverfahrens dienen. - 6. Das Instrumentvariablenprinzip basiert auf der Idee, die erklärenden gemeinsam abhängigen Variablen, die aus schätztheoretischer Sicht die eigentliche Problematik interdependenter Mehrgleichungsmodelle sind, durch geeignete Variablen, die sogenannten Instrumentvariablen, zu ersetzen. Da die Instrumentvariablen durch die an diese zu stellenden Bedingungen nicht eindeutig bestimmt sind, ist es besser, von einem Instrumentvariablenprinzip und nicht von einer Instrumentvariablenmethode zu sprechen. - Je nach der Wahl der Instrumentvariablen wird ein bestimmtes Schätzverfahren definiert. Die zweistufige Methode der kleinsten Quadrate z. B. ergibt sich nach dem Instrumentvariablenprinzip durch die Wahl der Schätzungen auf der Basis der reduzierten Form eines ökonometrischen Modells als Instrumentvariablen. Ein Vorteil des Instrumentvariablenprinzips liegt darin, daß entsprechend den die Schätzproblematik bestimmenden Rahmenbedingungen die Instrumentvariablen so gewählt werden können, daß sich zumindest nach mehrfacher Anwendung des Prinzips in der Klasse der konsistenten Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. asymptotisch effiziente Schätzverfahren ergeben. Das Instrumentvariablenprinzip setzt aber ein strikt lineares Modell voraus. - 7. Die Prinzipal- oder Hauptkomponentenmethode ist ein weiteres Beispiel für das Instrumentvariablenprinzip. Diese Methode wurde ausgehend von der zweistufigen Methode der kleinsten Quadrate für den Fall einer unterdimensionierten Stichprobe entwickelt und ergibt ein konsistentes Schätzverfahren mit beschränkter Information m. b. I. für vollständig lineare interdependente Mehrgleichungsmodelle. In der Praxis erweist sich die Bestimmung von Instrumentvariablen nach der Hauptkomponentenmethode als aufwendig und problematisch, so daß im Falle einer unterdimensionierten Stichprobe meist ein anderes zulässiges Verfahren wie z. B. die modifizierte Methode der kleinsten Quadrate vorgezogen wird.

 

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