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Sozialgeographie

1. Begriff: Zweig der Anthropogeographie, der sich mit den räumlichen Organisationsformen und den raumbildenden Prozessen von menschlichen Gruppen und Gesellschaften befaßt. Die Sozialgeographie beschäftigt sich hauptsächlich mit den Grunddaseinsfunktionen. Mit der Konzentration auf soziale Sachverhalte stellt sie eine Ergänzung zur Wirtschaftsgeographie dar. - 2. Entstehung: Die Sozialgeographie hat sich aus einer Kritik der landschafts- und länderkundlichen Konzepte der Geographie heraus entwickelt. An diesen wurde bemängelt, daß sie keinen Anwendungsbezug zu gesellschaftlichen Fragen herstellten und somit keine Problemlösungskompetenz vermittelten. Letzteres sollte v. a. durch eine stärkere theoretische Anbindung an die Gesellschaftswissenschaften hergestellt werden, was jedoch nur ansatzweise gelang. - 3. Ziele: Die Sozialgeographie ist bestrebt, die Kriterien für eine Auswahl der räumlichen Erscheinungen, deren Verbreitungsmuster sie analysiert, theoretisch aus sozialräumlichen Problemen und Raumplanungsfragen abzuleiten. Sie hat den Anspruch, alle für die Lösung eines Problems wichtigen Geofaktoren (Verkehr, Wirtschaft, Wohnen, Boden, Wasser etc.) zu integrieren (Kräftelehre). Die von der Sozialgeographie zu betrachtenden Problemfelder sind in den Grunddaseinsfunktionen (wohnen, arbeiten, sich versorgen, sich erholen, sich bilden, am Verkehr teilnehmen, in Gemeinschaft leben) zusammengefaßt worden, deren jeweilige Ausprägung im Raum sich sehr leicht entdecken läßt. Die Träger dieser Funktionen sind verschiedene soziale Gruppen, die i. d. R. ohne Bezug zu einer Gesellschaftstheorie je nach Fragestellung neu ausgegliedert werden. Es kann sich dabei um Merkmals-, Verhaltens- oder Interessengruppen handeln. Die Beschäftigung mit Verhaltensgruppen ist besonders von den Vertretern des wahrnehmungsgeographischen Ansatzes vorangetrieben worden (Wahrnehmungsraum). - 4. Perspektiven: Da es der Sozialgeographie z. T. nicht gelungen ist, ihrem Anspruch gerecht zu werden, räumliche Phänomene theoriegeleitet zu analysieren, hat sich eine breite Literatur herausgebildet, die soziale Merkmale lediglich beschreibt (sozialindikatorischer Ansatz; Sozialökologie). Im Zuge der Entwicklung der Geoökologie läuft sie zudem Gefahr, durch die formale Verknüpfung von physischen und sozialen Merkmalen über deren räumliche Verbreitung in den von ihr z. T. selbst kritisierten Geodeterminismus zurückzuverfallen. Die gegenläufige Tendenz der stärkeren Orientierung an den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und ihren theoretischen Erkenntnissen wird derzeit von relativ wenigen Sozialgeographen verfolgt.

 

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