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Zeitgeographie

1. Begriff: Ansatz in der Wirtschafts- und Sozialgeographie, der die Bedeutung der räumlichen und zeitlichen Verbundenheit und Kontinuität von Ereignisfolgen betont. Ereignisse werden im Kontext von raum- und zeitbegrenzten "Situationen" betrachtet. Beide, Ereignisse wie "Situationen", werden wechselseitig beeinflußt durch ihre gemeinsame raumzeitliche Lokalisierung, aus der sich Bündel von potentiellen Raum-Zeit-Pfaden für die Aktivitäten von Individuen oder Gruppen ergeben. - 2. Theorie: Der Ansatz wurde im wesentlichen von dem schwedischen Geographen Th. Hägerstrand und der "Lund-Schule" seit den 60er Jahren entwickelt und findet seit den 80er Jahren wie die räumliche Planung zunehmend Eingang in die Forschung. Hägerstrand geht von vier Basisannahmen aus: (1) Raum und Zeit sind Ressourcen, auf die sich Individuen in der Realisierung bestimmter Projekte beziehen müssen. (2) Die Realisierung von Projekten unterliegt Beschränkungen: (a) Beschränkungen der Fähigkeiten eines Individuums bzgl. seiner physischen Konstitution und/oder seiner sonstigen Möglichkeiten; diese resultieren v. a. aus der Art des Lebensunterhalts und definieren mögliche Raum-Zeit-Pfade, die über verschiedene Stationen wie Fabriken, Schulen, Geschäfte gehen; (b) Beschränkungen der Koppelung, die definieren, wann, wo und wie lange ein Individuum mit anderen Individuen, Werkzeugen oder Materialien "verbunden" ist, um zu produzieren oder zu konsumieren; hieraus ergeben sich Bündel von Raum-Zeit-Pfaden; (c) Beschränkungen der Autorität oder "Steuerungskapazität", mit der gewisse Konditionen des Zugangs zu und Umgangs mit bestimmten Raum-Zeit-Bereichen gegeben sind. (3) Diese Beschränkungen interagieren und bilden mögliche Grenzen für die Projektpfade eines Individuums; sie bilden einen strukturellen Handlungsrahmen. (4) Innerhalb dieser Struktur gibt es eine Konkurrenz von Projekten entlang "freier Pfade" und jenen in "offenen Raum-Zeit-Bereichen", welche wiederum von Institutionen beeinflußt wird, die eine notwendige Raum-Zeit-Kohärenz erhalten wollen. - 3. Probleme: Diesem Ansatz wird vielfach eine Bedeutung in methodologischer Hinsicht zugesprochen. Die empirischen Arbeiten waren bisher vorwiegend illustrativ und beschränkten sich auf die kleinräumige, kurzfristige, individuelle Ebene. Andere haben die Verschneidung von individuellen Pfaden und institutionellen Projekten analysiert. Die Verknüpfung mit der Theorie der Gesellschaft wie der Standorttheorie steht aber noch aus.

 

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