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Liberalismus

I. Charakterisierung: Individuelle Freiheit und Selbstverantwortung betonende Gesellschaftskonzeption; geistige Wurzeln liegen in der durch die Aufklärung beeinflußten englischen und schottischen Moralphilosophie des 18. Jh. (u. a. J. Locke, D. Hume, D. Stewart, A. Smith). Zunächst als politische Bewegung gegen den Absolutismus entstanden, wurde der Liberalismus bald auch als Gestaltungsprinzip für die Wirtschaftsordnung aufgegriffen, da den Vertretern des Liberalismus zufolge politische Freiheit nur dann realisiert werden kann, wenn auch die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung gewährleistet ist. Demzufolge fordert der Liberalismus eine freie Marktwirtschaft einschl. des Freihandels.
II. Denkrichtungen: Welche Aufgaben der Staat im politischen und wirtschaftlichen Bereich zu erfüllen hat, wird von den sich im Zeitverlauf herausbildenden unterschiedlichen liberalen Denkrichtungen unterschiedlich beantwortet. 1. Klassischer (angelsächsischer) L.: Kennzeichnend ist die Forderung nach Meinungsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz ("Herrschaft des Gesetzes") und Individualeigentum an den Produktionsmitteln (einschl. der Selbstverantwortung für deren effizienten Einsatz). Die gesellschaftlichen Institutionen und Regeln werden als das Produkt eines kulturellen Entwicklungs- und Ausleseprozesses aufgefaßt: Institutionelle Neuerungen entstehen angesichts aktueller Problemlagen durch das spontane Handeln der Menschen und treten in Konkurrenz zu bisherigen Lösungen, wobei sich diejenigen durchsetzen, die am zweckdienlichsten sind. Das so aus dem selbstinteressierten und autonomen Handeln der Menschen entstehende Ordnungsgefüge konstituiert eine für alle Gesellschaftsmitglieder akzeptable Ordnung und gewährleistet die individuelle (politische und ökonomische) Freiheit. Um diesen Ausleseprozeß zu ermöglichen, soll der Staat eine für alle Menschen unterschiedslose verbindliche Rechtsordnung errichten, die Verteidigung gegenüber Angriffen von außen sicherstellen und eine Reihe für die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung relevanter öffentlicher Güter bereitstellen. Daß Tendenzen zur Beschränkung des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs bestehen, wird zwar erkannt, jedoch wird angenommen, daß die Ursachen hierfür primär die staatlichen Aktivitäten sind, deren Beschränkung auf das mögliche Mindestmaß gefordert wird. - 2. Französischer Liberalismus (u. a. A. R. Turgot, A. de Condorcet, E. J. Sieyès): Es werden Ideen der Physiokratie stärker betont: Das Vertrauen wird nicht so sehr auf die schöpferische Kraft der freien gesellschaftlichen Entwicklung, sondern auf die Rationalität eines von der Vernunft ausgedachten Plans auf Basis naturrechtlicher Prinzipien gesetzt - daher ausgesprochen konstruktivistisch. An Stelle der Gleichheit vor dem Gesetz, die durch die Verschiedenartigkeit der Menschen zwangsläufig zu einer Ungleichheit der Lebensverhältnisse führt, wird die materiell-ökonomische Gleichheit der Menschen gefordert, damit jedoch eine ungleiche Behandlung vor dem Gesetz. - 3. Laissez-faire-Liberalismus (auch Manchester-L.): Eine im 19. Jh. praktizierte Wirtschaftspolitik, die durch eine ausgesprochen starke Zurückhaltung des Staates gekennzeichnet ist. Unter einseitiger Verkürzung der Argumentationen des klassischen Liberalismus wird auf die Beeinflussung des Wirtschaftsprozesses entsprechend einer staatlichen Ordnungskonzeption verzichtet. Dieser Nachtwächterstaat steuert monopolistischer Marktvermachtung und den sozialen Mißständen nicht entgegen. - 4. Neoliberalismus: Forderungen des klassischen Liberalismus werden aufgegriffen; dieses Konzept wird aufgrund der Erfahrungen mit dem Laissez-faire-L., sozialistischen Zentralverwaltungswirtschaften und dem konzeptionslosen Interventionismus, der spätestens seit Beginn des 20. Jh. die Wirtschaftspolitik der meisten marktwirtschaftlichen Ordnungen kennzeichnet, korrigiert. Betont wird wieder die Ordnungsabhängigkeit des Wirtschaftens und die Bedeutung privatwirtschaftlicher Initiative. Stärker als dies im klassischen Liberalismus der Fall ist, wird jedoch berücksichtigt, daß der Wettbewerb durch privatwirtschaftliche Aktivitäten bedroht ist, da sich ihm die Marktteilnehmer durch die Erlangung von Marktmacht zu entziehen versuchen. Daher soll der Staat den freien Wettbewerb aktiv vor dem Entstehen privatwirtschaftlicher Marktmacht wie auch vor staatlich verursachter Marktvermachtung schützen. - Die in der Bundesrep. D. vertretene Ausgestaltung des neoliberalen Konzeptes wird als Ordoliberalismus bezeichnet, der auf die in den 30er Jahren begründete Freiburger Schule zurückgeht.

 

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