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Produktionstypen


I. Begriff, Charakterisierung und Abgrenzung: Die betriebswirtschaftlich orientierte Bildung von Produktionstypen ist eine wissenschaftliche Methode zur Ableitung einer zweckorientierten Ordnung der unterschiedlichen Erscheinungsformen der industriellen Produktion. Diese Ordnung wird durch Heranziehen eines Merkmals oder mehrerer Merkmale gebildet, wobei die Merkmale zur Charakterisierung realer industrieller Produktionsprozesse geeignet sein müssen. Werden der Systematisierung Einzelmerkmale zugrundegelegt, so entstehen Elementartypen (vgl. II), bei Merkmalskombinationen ergeben sich Kombinationstypen (vgl. III). Bei dieser Typisierung sollen nicht ganze Industrieunternehmungen in einem Zuge typisiert werden, sondern es wird auf einzelne, nach der technischen Funktion in sich geschlossene Produktionsstufen und -bereiche abgestellt. - Zweck: Produktionstypen sollen die Aufstellung von aussagefähigen Erklärungs-, Prognose- und Entscheidungsmodellen sowie die Auswahl von Planungs-, Steuerungs- und Kontrollverfahren erleichtern. Offensichtlich ist dies z. B. bei der Zuordnung der Kalkulationsverfahren zu spezifischen Produktionstypen. Zur Bildung von Produktionstypen werden daher solche Merkmale und Merkmalskombinationen ausgewählt, die für betriebswirtschaftliche Fragestellungen im Produktionsbereich von Bedeutung sind. - Abgrenzung zum Begriff Produktionstechnik: Die Bildung von Produktionstypen muß unterschieden werden von der technologieorientierten Gliederung der Produktionstechnik, die sich mit den Produktionsprozessen aus naturwissenschaftlich-technischer Sicht befaßt.
II. Elementartypen: Die Auswahl von Merkmalen zur Bildung von Elementartypen wird absatz-, prozeß- und beschaffungsorientiert vorgenommen. Dies entspricht einer produkt-, prozeß- und faktorbezogenen Merkmalsordnung (vgl. Übersicht). - 1. Absatz- und produktbezogene Typen: Nach der Zahl der angebotenen und produzierten Produkte unterscheidet man Einproduktproduktion und Mehrproduktproduktion. Im Hinblick auf die Beeinflussung der Produktgestaltung durch den Käufer wird die unmittelbar kundenorientierte Produktion und die mittelbar kundenorientierte Produktion unterschieden. - 2. Prozeßbezogene Typen: Die folgenden Typen basieren auf Merkmalen im Hinblick auf den Produktionsprozeß. - a) Das Merkmal der Prozeßuntergliederung unterscheidet die einstufige Produktion von der mehrstufigen Produktion. - b) Im Hinblick auf die Prozeßwiederholung unterscheidet man die Einzelproduktion, die Serienproduktion und Sortenproduktion sowie die Massenproduktion. - c) Nach der Anordnung der Arbeitssysteme im Produktionsbereich werden Werkstattproduktion, Fließproduktion und Zentrenproduktion unterschieden. - d) Bezüglich der zeitlichen Abstimmung kann die zeitlich global abgestimmte Produktion und die zeitlich fein abgestimmte Produktion ggf. die Taktproduktion (bei Fließproduktion) abgegrenzt werden. - e) Das Merkmal der zeitlichen Zuordnung der Produkte zu den Aktionsträgern unterscheidet die Parallelproduktion und die Wechselproduktion. - f) In bezug auf die Kontinuität des Materialflusses, d. h. in bezug auf den zeitlichen Zusammenhang von Materialfluß und Produktionsprozeß, kann zwischen diskontinuierlicher Produktion (Chargenproduktion) und kontinuierlicher Produktion unterschieden werden. - g) Der Grad der technologischen Verbundenheit der Produkte bei der Produktion grenzt die technologisch unverbundene Produktion von der technologisch verbundenen Produktion (Kuppelproduktion) ab. - h) Ein weiteres Merkmal ist der Mechanisierungsgrad, wodurch sich manuelle Produktion, maschinelle Produktion, teilautomatisierte Produktion und vollautomatisierte Produktion unterscheiden. - i) Nach der prozeßbedingten Stoffveränderung kann die analytische Produktion und synthetische Produktion, die analytisch-synthetische Produktion und die stoffneutrale Produktion abgegrenzt werden. - j) Im Hinblick auf die naturgegebenen Grundlagen der Prozeßtechnologie unterscheidet man biologische Produktion, chemische Produktion, physikalische Produktion und kernphysikalische Produktion. - k) Ein letztes prozeßbezogenes Merkmal ist die Beherrschbarkeit der Produktion, denn nicht alle Produktionsprozesse sind voll beherrschbar. Ein Beispiel für technologisch-ablaufbedingte begrenzte Einflußnahme ist die Herstellung von Mikroprozessoren (Chips). - 3. Beschaffungs- und faktorbezogene Typen: a) Produktionsprozesse können in der Realität nach der Ortsgebundenheit der verschiedenen Produktionsfaktoren unterschieden werden: Bei der anlagengebundenen Produktion sind die Arbeitssysteme ortsgebunden und bei der Abbauproduktion die Rohstoffe. Ortsungebundene Produktionsfaktoren sind bei der Baustellenproduktion notwendig, bei der i. d. R. die Produkte ortsgebunden sind. - b) Im Hinblick auf das wirtschaftliche Gewicht der Produktionsfaktoren unterscheidet man arbeitsintensive, materialintensive und betriebsmittelintensive Produktion. Hierbei können die relevanten Faktorkosten in Relation zu den Gesamtkosten als Indikator fungieren. - c) Ein letztes Merkmal ist die Beschaffbarkeit der Erzeugniseinsatzstoffe. Dieses Merkmal bezieht sich auf die Konstanz der Qualität der Erzeugniseinsatzstoffe. Ist die Produktion einsatzstoffbedingt nicht wiederholbar, so wird sie als Partieproduktion bezeichnet.
III. Kombinationstypen: In Abhängigkeit vom jeweiligen Untersuchungszweck lassen sich mit Hilfe ausgewählter Elementartypen Kombinationstypen bilden. Hierbei ist es zweckmäßig, von stark korrelierenden Merkmalsbündeln auszugehen und je nach Aufgabenstellung und betrachteten Produktionsgegebenheiten weitere schwach oder nicht korrelierende Merkmale heranzuziehen. Die Profildarstellung von Kombinationstypen (Übersicht) macht dies deutlich.
Literatur: Große-Oetringhaus, W., Typologie der Fertigung unter dem Gesichtspunkt der Fertigungsablaufplanung, Diss., Gießen 1972; Hahn, D., Fertigung, Organisationstypen der, in: Handwörterbuch der Organisation, 2. Aufl., hrsg. v. E. Grochla, Stuttgart 1980, Sp. 690-698; Hahn, D./Laßmann, G., Produktionswirtschaft - Controlling industrieller Produktion, Band 1, 2. Aufl., Heidelberg 1990; Krycha, T., Produktonstypologen, in: Kern, W./Schröder, H./Weber J. (Hrsg.), Handwörterbuch der Produktionswirtschaft, 2. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 1617 ff.

 

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