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technischer Fortschritt

1. Begriff: Herstellung neuartiger (bisher unbekannter) oder wesentlich verbesserter Produkte und Materialien sowie Anwendung neuer güterwirtschaftlicher Verfahren, die eine rationellere Produktion der bekannten Produkte und Materialien erlaubt, d. h. es möglich macht, eine gegebene Produktmenge mit niedrigeren Kosten bzw. eine größere Menge des Produktes mit gleichbleibenden Kosten zu erstellen. - Der Begriff t. F. ist wertend, weil von Fortschritt nur in Hinblick auf eine ganz bestimmte Zielsetzung gesprochen werden kann; die mit dem t. F. einhergehenden Begleiterscheinungen (Substitutionen, Rationalisierungen und damit eventuelle Qualifikationsverluste durch die Einführung neuer Techniken, neue Belastungsverschiebungen am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzverluste von Betroffenen) werden nicht einbezogen. - 2. Entstehung: technischer Fortschritt F. entsteht durch Innovationen, bei denen drei Phasen unterschieden werden: (1) Phase der Invention (Erfindung): Erarbeitung naturwissenschaftlich-technischen Wissens, von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen und Erfindungen. (2) Phase der Innovation: Die erstmalige kommerzielle Anwendung führt zur Erweiterung des technischen Könnens und zur Entstehung eines technischen Artefakts, d. h. zu Produkt-, Material- und/oder Verfahrensinnovation; Hauptaktivitäten sind u. a. Konstruieren, Experimentieren mit Prototypen, montagegerechte Anwendung und Verwertung in der Produktion und erste Marketingbestrebungen. (3) Phase der Diffusion: Die Innovationen werden mittels Marketingaktivitäten und Technologietransfer in Form von Materialien, Produkten, Verfahren (Investitionsgütern), Patenten und Lizenzen wirtschaftlich verwertet; ihre Anwendung breitet sich dadurch aus (diffundiert). - 3. Arten: a) Potentieller t. F.: technischer Fortschritt F., der aufgrund des Standes der naturwissenschaftlich-technischen Forschung und Entwicklung augenblicklich oder in unmittelbarer Zukunft durchführbar ist (Forschung und Entwicklung (F & E)). b) Realisierter t. F.: Es wird nur ein Teil dessen, was technisch, betrieblich und gesellschaftlich möglich ist (Technologiefolgenabschätzung) tatsächlich realisiert, politische und v. a. wirtschaftliche Kriterien sind entscheidend (Technologiemanagement). c) Ungebundener t. F. (unverkörperter t. F.) liegt vor, wenn er nicht an den Einsatz neuer Maschinen (bzw. Arbeitskräfte) gebunden ist (disembodied technical progress). - Gebundener t. F. dagegen kann nur verwirklicht werden, wenn neue Maschinen oder neu geschulte Arbeitskräfte eingesetzt werden (embodied technical progress). - 4. Ursachen: In den Anfängen der Wachtumstheorie betrachtete man nur den autonomen t. F., der wie "Manna vom Himmel" fällt. technischer Fortschritt F., der auf bestimmte Ursachen zurückgeführt wird, heißt dagegen induzierter t. F. In den Modellen der Wachstumstheorien wird er häufig durch steigende Kapitalintensität erklärt. Er wird aber auch durch Lernprozesse und Ausgaben für Wissenschaft und Forschung ausgelöst (induziert). - 5. Wirkungen: Der t. F. wird als neutral bezeichnet, wenn er die Einkommensverteilung nicht verändert, genauer: die Aufteilung des Faktoreinkommens auf Löhne (einschl. Gehälter) und Zinsen, wenn die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital gem. ihrem Grenzprodukt entlohnt werden (Grenzproduktivitätstheorie). - Messung der Neutralität v. a. mittels zwei Klassifikationen: a) Hicks-neutraler t. F. liegt vor, wenn bei der gegebenen Kapitalintensität die Grenzproduktivität von Arbeit und Kapital in gleichem Umfang steigt, so daß bei unverändertem Lohn-Zins-Verhältnis die Unternehmen keinen Anlaß haben, den einen Faktor vermehrt anstelle des anderen Faktors einzusetzen, und die Kapitalintensität daher unverändert lassen. - b) Die Klassifikation von Harrod berücksichtigt, daß im Wachstumsprozeß typischerweise Arbeit durch Kapital soweit ersetzt wird, daß trotz t. F. die Kapitalproduktivität im großen und ganzen unverändert bleibt. Der t. F. ist also Harrod-neutral, wenn bei konstanter Kapitalproduktivität die Grenzproduktivität des Kapitals und damit der Zinssatz unverändert bleibt. Auch in diesem Fall ist die Einkommensverteilung im Gleichgewicht konstant. Harrod-neutraler t. F. ist mit ständiger Substitution von Arbeit durch Kapital verbunden, die Produktivität des Kapitals bleibt konstant, wohingegen die Produktivität der Arbeit ständig wächst. technischer Fortschritt F. ist Hicks-und Harrod-neutral, wenn die Produktionsfunktion über eine Substitutionselastizität von 1 (Cobb-Douglas-Funktion) verfügt. - Nichtneutraler t. F. kann arbeit- bzw. kapitalsparend sein. Er ist arbeitsparend, wenn er die Grenzproduktivität der Arbeit weniger erhöht als die des Kapitals, so daß die Unternehmen veranlaßt werden, bei gegebenem Lohn-Zins-Verhältnis Arbeit in größerem Umfange als Kapital einzusparen. - Vgl. auch Wachstumstheorie 3, 4 und Technologiepolitik.

 

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