Wirtschaftslexikon - Enzyklopädie der Wirtschaft
lexikon betriebswirtschaft Wirtschaftslexikon lexikon wirtschaft Wirtschaftslexikon Suche im Wirtschaftslexikon
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
 
 
 

Finanzinnovationen

1. Charakterisierung: Neuerungen im Finanzsektor, sowohl neue Märkte (Euromärkte) als auch neue Finanzierungsinstrumente (Produktinnovationen) einschließlich neuer Geschäftsformen (z. B. Forfaitierung, Swap), die sich seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt haben. - Ursachen: U. a. Deregulierung und Liberalisierung internationaler und nationaler Finanzmärkte, ausgeprägte Zins- und Wechselkursschwankungen, Spekulation und neue Kommunikationstechnologien. - Entstehung: In den USA haben die paramonetären Finanzierungsinstitute, die keine Girokonten führen durften, mit NOW-Konten (negotiable order of withdrawal = übertragbarer Abhebungsauftrag) eine analog Sichteinlagen jederzeit verfügbare verzinsliche Anlageform geschaffen. Die konkurrierenden Geschäftsbanken wiederum umgingen das bis 1986 bestehende Zinsverbot auf Sichteinlagen bspw. mit Hilfe von ATS-Konten (automatic transfer service, Sparguthaben, von denen automatisch Beträge auf Girokonten übertragen werden). - 2. Innovative Finanzierungsinstrumente (Auswahl): a) Geldmarktfondsanteile (money market mutual fund; MMMF) sind verzinsliche Anteile an einem Fonds, der seine Geldmittel in kurzfristige, zinsbringende Wertpapiere (z. B. certificate of deposit (CD)) und Schatzwechsel investiert. Über diese MMMFs kann per Scheck verfügt werden. - b) Geldmarkteinlagekonten (money market deposit account; MMDA) sind MMMFs, die bei Geschäftsbanken gehalten werden und der staatlichen Einlagenversicherung unterliegen. - c) Die variabel verzinslichen Kredite und Anleihen (floating rate notes (FRN)) haben v. a. auf den Euromärkten Bedeutung erlangt. Die Floater, die auch die Deutsche Bundesbank im Zuge der Restliberalisierung für den inländischen Emissionsmarkt (1986) genehmigt hat, bieten insbes. in Zeiten steigender Zinsen für den Anleger eine interessante Alternative wegen der weitgehenden Vermeidung von Kursrisiken. - d) Null-Kupon-Anleihen (zerobonds) sind ohne laufende Zinszahlung ausgestattet, entweder als Zuwachsanleihe (Zinssammler, Ausgabekurs = 100, Rückzahlungskurs enthält Zins und Zinseszins) oder als echte zerobonds (Rückzahlungskurs = 100, Ausgabepreis mit Abschlag, welcher Zins und Zinseszins enthält). - e) Die verbrieften Kredite in Form von kurzfristigen, nicht börsenorientierten Schuldtiteln werden von einer einzelnen Bank (revolving underwriting facilities (RUF)) oder von einer Bankengruppe (notes issuance facilities (NIF)) am Markt plaziert. Die Bank(engruppe) garantiert die Unterbringung und fungiert zunächst nur als Kreditvermittler, muß bei Plazierungsproblemen ihre Kreditzusage jedoch selbst einlösen. - f) Formen der Sicherung von Kurs- und Zinsänderungsrisiken stellen eine Verbindung von Anleihen mit Swaptransaktionen dar, d. h. Finanztiteln mit Terminkontrakten (financial futures). - Vgl. auch Hedging. - 3. Die geldpolitischen Konsequenzen der Finanzinnovationen betreffen zum einen die definierten Geldmengenabgrenzungen, welche durch Substitutionsprozesse zwischen klassischen Sichteinlagen und Finanzinnovationen beeinträchtigt werden können, und zum anderen die Effizienz der nationalen Geldpolitiken. So kann bspw. der für zinsabhängige Investitionen und Konsumkredite bei einer Hochzinspolitik angestrebte Bremseffekt durch zinsvariable Kredite und Anleihen gemindert werden. Als Resultat wird eine stärkere internationale Abstimmung der Geldpolitiken gefordert.

 

<< vorheriger Begriff
nächster Begriff>>
Finanzinformationssystem
Finanzintermediation

 

Diese Seite bookmarken :

 
   

 

  Weitere Begriffe : Dilemma der Kontrolle | Paß | Personalfreisetzung | Politik des billigen Geldes | Betriebsgrößenklasse
wiki wirtschaft

Thematische Gliederung | Unser Projekt | Impressum