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Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik

I. Problemeinführung: Bei der Entwicklung einer strategischen Unternehmensführung wurde bislang der Gestaltung eines strategischen Managementsystems Vorrang eingeräumt (strategisches Management). Seit geraumer Zeit richtet sich aber auch ein verstärktes Interesse auf die Erforschung des tatsächlichen Ablaufs strategischer Prozesse und der Faktoren, die sie beeinflussen. Hierbei kommt oftmals politischen Faktoren eine entscheidende Bedeutung zu. Die Auseinandersetzung mit ihnen läßt uns die Unternehmensführung nicht zuletzt auch als politische Führung begreifen. Dies wirft die Frage auf, inwieweit Planungs- oder andere Managementsysteme politisch zu konzipieren sind. - Genauso ungeklärt wie diese Frage ist der Zweck, der mit einer Auseinandersetzung mit dem Phänomen Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik verbunden sein soll. Auch besteht eine große Meinungsvielfalt zu dem, was unter Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik verstanden werden soll.
II. Politikbegriffe: "Politics" versus "policy making". Die Ansätze zur Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik können anhand der Unterscheidung von Sternberger in zwei Politikbegriffe kategorisiert werden: Je nach Weltbild wird Politik eher gesehen als "politics", als bewußtes Durchsetzen eines bestimmten Willens oder als "policy making", als geschicktes Lavieren angesichts der Herausforderungen der Umwelt, die das Handeln relativ weitgehend bedingen. Differenzierungsmerkmal ist also der Voluntarismusgrad: Auf der einen Seite die willentliche Gestaltung von Organisationen, auf der anderen Seite die Anpassung an faktische Zwänge.
III. Ansätze zur U.: Die Entstehung der Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik als betriebswirtschaftliches Forschungsgebiet kann auf das Jahr 1951 datiert werden. Zu diesem Zeitpunkt erschienen die ersten Veröffentlichungen von Mellerowicz und Sandig zur Entwicklung einer wissenschaftlichen Betriebs(wirtschafts)politik. - Dlugos und Dorow haben zu einer Kategorisierung der Ansätze zur Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik die obigen Politikbegriffe aufgegriffen: Danach lassen sich zwei Konzeptionen einer Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik analytisch unterscheiden: Grundzielsetzungs-Konzeption (als Merkmal der Business-Policy-Ansätze) und Sicherungsziel-Konzeption (als Merkmal des Politics-Ansatzes). In der Realität können sicherlich auch beide Konzeptionen gleichzeitig angetroffen werden. So kennt man eine Führungskraft meist als eine Person, die sowohl bewußt ihren Willen durchzusetzen versucht, als auch - angesichts relativ deterministischer Restriktionen - geschickt zu lavieren verstehen muß. Dieses Wechselspiel und Nebeneinander der beiden Verhaltensformen bezeichnet Kirsch als Position eines "gemäßigten Voluntarismus". - 1. Die Grundzielsetzungskonzeption - Politik als "policy": Bei der Verwendung des Politikbegriffs als Grundzielsetzungskonzeption haben sich fünf Varianten herauskristallisiert: a) Mellerowicz definiert Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik als "das Treffen von Entscheidungen grundsätzlicher Art und das Aufstellen von Grundsätzen, die das Finden optimaler Entscheidungen erleichtern". Als Instrumente zur Zielerreichung dienen ihr Organisation, Information, Planung, Koordinierung einschl. der Abstimmungsproblematik der Teilgebiete sowie Kontrolle. Wesentliches Merkmal ist die Entscheidungsbezogenheit sowohl bei der Konzernführung als auch bei der Behandlung operativer Teilpolitiken. b) Da Führungsentscheidungen und darauf folgende Handlungen zu Auswirkungen auf andere Menschen führen, kommt es Sandig in seiner Auffassung von Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik darauf an, daß die Aktionen und Reaktionen dieser Menschen in die Entscheidung miteinbezogen werden müßten. c) Abweichend von den beiden ersten Auffassungen ist es nach Rühli möglich, Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik nicht als Element, sondern als Inhalt eines Problemlösungsprozesses zu verstehen. Sie umfaßt die Gesamtheit spezieller Probleme, mit denen sich die Geschäftsführung planend, entscheidend, anordnend und kontrollierend zu befassen hat. Dabei können drei Grundfragen der Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik herauskristallisiert werden: wie eine Lagebeurteilung vorgenommen werden kann; wie die Ziele in einer Unternehmung festgelegt werden und wie die Handlungsalternativen oder Planungsstrategien; welche zur Erreichung der Ziele notwendig sind, entwickelt, beurteilt, ausgewählt und durchgeführt werden können. d) Nach Ulrich ist unter der Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik die Gesamtheit grundsätzlicher Entscheide zu verstehen, welche die Grundlinien der Organisation auf längere Sicht bestimmen. Er interpretiert die Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik als den bewußten Versuch einer umfassenden langfristigen Planung des zukünftigen Unternehmungsgeschehens. Die Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik stellt hier die höchste Stufe langfristigen Planens dar. Als spezielle Stufe des Führungsprozesses ist sie der Unternehmensphilosophie im Sinne allgemeiner Zielvorstellungen nachgelagert. Vorgelagert ist sie der Unternehmensplanung, in der operationale Zielsetzungen und Maßnahmen erstellt werden. Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik kann somit aufgefaßt werden als das oberste Teilsystem der Führung, in welchem Unternehmens- und Umweltsituation zu Entscheidungen verarbeitet werden, welche das zukünftige Unternehmensgeschehen in den großen Linien und auf lange Sicht festlegen sollen. Die unternehmenspolitischen Entscheide werden in den nachgelagerten Stufen "Planung" und "Disposition" weiter aufgegliedert und konkretisiert. Sie lenken also den Handlungsvollzug nur indirekt. e) Kirsch greift die Sichtweise Sandigs auf und verbindet sie mit dem Politikansatz von Easton, den er jedoch seinerseits im Lichte der organisations-theoretischen Konzeption einer fortschrittsfähigen Organisation weiterentwickelt. Er definiert Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik als autoritative Beeinflussung der Allokation von Anreizen und Belastungen der von der Unternehmenstätigkeit durch Entscheidungen des Führungssystems Betroffenen, bei denen die einfließenden Wertprämissen im System noch nicht verbindlich autorisiert, sondern noch subjektiver Natur sind. - Weiter sieht Kirsch die Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik im Zentrum der Gestaltung des unternehmenspolitischen Rahmens, der vereinfacht über die Komponenten "Identität", "Image" und "sozio-ökonomisches Feld" beschrieben werden kann. Output einer unternehmenspolitischen (bzw. normativen) Rahmenplanung als politischem Prozeß kann dann die Formulierung, Verabschiedung und Durchsetzung grundlegender Maximen (Ziele, Grundsätze, Strategien) sein. Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik kann sich aber auch in einer Serie alltäglicher, eher taktischer politischer Entscheidungen formieren, ohne daß sie unmittelbar Gegenstand und Output dieser politischen Prozesse ist. - Über die unternehmenspolitische Rahmenplanung soll versucht werden, die Evolution des Rahmens zumindest teilweise zu steuern und "Misfits" zwischen den Komponenten des Rahmens aufzuheben. Die Unternehmenspolitik Unternehmungspolitik wird damit zu einer Art Unternehmensleitbild oder Rahmenkonzept für die Evolution dieses unternehmenspolitischen Rahmens. Damit nähert sich Kirsch einem prozessualen Politikverständnis im Sinne eines "policy planning" an. - 2. Die Sicherungszielkonzeption - Politik als "politics": Gegenstand der Sicherungszielsetzungskonzeption sind ausschließlich Sicherungsziele mit gleichartigen Alternativen- und Konsequenzenfeldern ohne Begrenzung auf Führungsentscheidungen. Untersuchungsgegenstand sind Macht, Herrschaft, Konfliktentstehung und -handhabung. Politik kann hier als das Streben nach mehr Macht oder nach Beeinflussung der Machtverteilung definiert werden. Ziel ist die Sicherung der Realisation von Grundzielen der Institutionen, der Gruppe oder des Individuums. Dies kann durch Aktivitäten erreicht werden, die unter Einsatz von Macht kollidierende Handlungsspielräume determinieren. Dieses Sicherungshandeln besteht einerseits unternehmensintern zwischen den Unternehmensmitgliedern und andererseits unternehmungsextern gegenüber den Kontrahenten und Konkurrenten der Unternehmung.
Literatur: Behrens, H., Politische Entscheidungsprozesse, Opladen 1980; Dlugos, G., Die Lehre von der Unternehmungspolitik - eine vergleichende Analyse der Konzeptionen, in: Die Betriebswirtschaft 1984, Nr. 2, S. 287-305; Dorow, W., Unternehmungspolitik, Stuttgart etc. 1982; Girgensohn, T., Unternehmenspolitische Entscheidungen, Frankfurt und Bern 1979; Heinen, E., Zum betriebswirtschaftlichen Politikbegriff - das Begriffsverständnis der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, in: Geist, M. N./Köhler, R. (Hrsg.), Die Führung des Betriebes, Stuttgart 1981; Hinder, W., Strategische Unternehmensführung in der Stagnation, München 1986; Kirsch, W., Unternehmenspolitik: Von der Zielforschung zum Strategischen Management, München 1981; ders., Wissenschaftliche Unternehmensführung oder Freiheit vor der Wissenschaft, München 1984; Mellerowicz, K., Unternehmenspolitik, Band I: Grundlagen, Freiburg 1976, Band II: Funktionsbezogene Teilpolitiken, Freiburg 1977, Band III: Operative Teilpolitiken und Konzernführung, Freiburg 1978; Remer, A., Instrumente unternehmenspolitischer Steuerung, Berlin und New York 1982; Rühli, E., Unternehmungsführung und Unternehmungspolitik, Band 1, Bern und Stuttgart 1974, Band 2, Bern und Stuttgart 1978; Sandig, C., Betriebswirtschaftspolitik, Stuttgart 1966; Stadler, K., Innovative Unternehmungspolitik, Diessenhofen 1978; Sternberger, D., Drei Wurzeln der Politik, Frankfurt 1978; Thommen, J.-P., Die Lehre der Unternehmungsführung, Bern-Stuttgart 1983; Ulrich, H., Unternehmungspolitik, Bern - Stuttgart 1978.

 

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