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Frachtführer

I. Begriff: Kaufmann, der es "gewerbsmäßig übernimmt, die Beförderung von Gütern zu Lande oder auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszuführen" (§ 425 HGB). Frachtführer ist daher jeder Betrieb des Schienen-, Straßen-, Leitungs- und Binnenschiffsverkehrs, der Güter im Fremdverkehr transportiert. - Nach den Regelungen der International Air Transport Association (IATA) gilt diese Begriffsbestimmung grundsätzlich auch für den Luftverkehr (Luftfrachtführer). - Bei der Güterbeförderung zur See entspricht dem Frachtführer der Verfrachter (§§ 407, 559 HGB).
II. Pflichten: 1. Sorgfältige Ausführung der Beförderung, insbes. rechtzeitig Beginn und Vollendung (§ 428 HGB). - 2. Aufbewahrung des Gutes von der Übernahme bis zur Ablieferung an den Empfänger (§ 429 I HGB); bei Kostbarkeiten, Kunstschätzen, Geld und Wertpapieren haftet Frachtführer nur bei Beschaffenheits- oder Wertangabe bei der Übergabe zur Beförderung (Deklaration; § 429 II HGB). - 3. Befolgen der Anweisungen des Absenders bzw. des Empfängers (§ 433 HGB). - 4. Haftung: Der Frachtführer haftet auf Schadensersatz bei Verletzung dieser Pflichten, wenn er nicht beweist, daß der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführer nicht abgewendet werden konnte (§ 429 I HGB). - a) Frachtführer haftet für das Verschulden seiner Angestellten oder anderer Personen, die er zur Beförderung zuzieht (z. B. Unter- und Zwischenfrachtführer), wie für eigenes Verschulden (§ 431 HGB), z. B. auch für Büroangestellte, die mit der Beförderung unmittelbar nichts zu tun hatten. - b) Der Umfang der Ersatzpflicht ist bei Verlust des Gutes beschränkt auf den Ersatz des gemeinen Handelswertes oder sonstiger gemeiner Werte bzw. bei Beschädigung auf Ersatz der Wertdifferenz (§ 430 HGB). - c) Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit muß der Frachtführer vollen Schadensersatz leisten. Bei Versäumung der Lieferfrist keine Haftungsbeschränkung. - d) Andere Haftungsregelung wird meist vereinbart, indem Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Vertragsinhalt werden, z. B. Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen (ADSp), die für den Spediteur gelten, auch wenn er selbst als Frachtführer tätig wird, oder die Beförderungsbedingungen für den Umzugsverkehr (GüKUMT). - 5. Erlöschen der Pflichten: a) Der Frachtführer wird aus dem Frachtvertrag frei mit der Annahme des Gutes und der Bezahlung der Fracht samt Nebenkosten durch den Empfänger (§ 438 I HGB). Damit erlöschen alle Ansprüche gegen den F., soweit nicht (§ 438 II-V HGB): (1) Beschädigung oder Minderung des Gutes vor Annahme durch amtlich bestellte Sachverständige festgestellt sind; (2) äußerlich nicht erkennbare Mängel sich erst später zeigen und Empfänger unverzüglich nach Entdeckung, spätestens binnen einer Woche nach Annahme, amtliche Feststellung beantragt; (3) der Frachtführer einen Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. - b) Ansprüche gegen den Frachtführer aus Verletzung seiner Pflichten verjähren, ausgenommen bei Vorsatz, in einem Jahr (§ 439 HGB). Nach § 64 ADSp allerdings schon nach sechs Monaten, auch bei Vorsatz (so Bundesgerichtshof).
III. Rechte: 1. Der Absender muß dem Frachtführer das Gut nebst Begleitpapieren in ordentlichem Zustand übergeben (§ 427 HGB); der Frachtführer kann die Ausstellung eines Frachtbriefes verlangen (§ 426 HGB). - 2. Anspruch auf Zahlung der Fracht nach Ausführung der Beförderung (§ 641 BGB), meist nach Tarifen und auf Ersatz der notwendigen Auslagen und Vorschüsse (§§ 669, 670 BGB). - 3. Der Frachtführer hat ein gesetzliches Pfandrecht am Gut wegen aller durch Frachtvertrag begründeten Forderungen, solange er das Gut in Besitz hat oder durch Traditionspapiere darüber verfügen kann (Entstehung auch durch gutgläubigen Erwerb möglich, § 366 III HGB). Das Pfandrecht dauert über die Ablieferung des Gutes hinaus fort, wenn der Frachtführer es binnen drei Tagen nach Ablieferung gerichtlich geltend macht und das Gut noch im Besitz des Empfängers ist (§ 440 I - III HGB). Ein weitergehendes Pfandrecht folgt aus § 50 ADSp. Bei mehreren gesetzlichen Pfandrechten (z. B. aus Fracht, Spedition und Lagervertrag) schreibt § 443 HGB bestimmte Rangordnung vor.
IV. Rechtsstellung mehrerer F.: 1. Selbständige Teilfrachtführer: Der Absender schließt mit mehreren Frachtführer Frachtverträge für je eine bestimmte Teilstrecke ab, wobei jeder Teilfrachtführer für seine Strecke die Verantwortung allein trägt. - 2. Unterfrachtführer: Der Absender schließt nur mit einem Frachtführer ab, der einen anderen Frachtführer als Gehilfen zur Beförderung nimmt. Der Frachtführer (Hauptfrachtführer) haftet für den Unterfrachtführer (§§ 432 I, 431 HGB). - 3. Samtfrachtführer: Mehrere Frachtführer führen aufgrund eines vom Absender mit dem ersten Frachtführer für die ganze Strecke abgeschlossenen Frachtvertrags die Beförderung für nur je eine Teilstrecke durch, indem das Gut mit dem ausgestellten durchgehenden Frachtbrief jeweils an einen anderen Frachtführer übergeben wird. Alle Frachtführer haften als Gesamtschuldner (§ 432 HGB). Der letzte Frachtführer muß im Interesse seiner Vormänner einschließlich des Absenders deren Forderungen mit einziehen und auch deren Pfandrecht ausüben, sonst wird er selbst ersatzpflichtig.

 

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