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Rechtsbruch

Fallgruppe sittenwidriger Werbung (§ 1 UWG), in der Verstöße gegen Rechtsvorschriften außerhalb des UWG, Vertragsverletzungen sowie Verstöße gegen vertikale Vertriebsbindungen zusammengefaßt werden. 1. Gesetzesverstoß: für wettbewerbsrechtliche Bewertung ist die Unterscheidung wertbezogener und wertneutraler Normen entscheidend. Normen sind wertbezogen, wenn in ihnen eine sittlich-rechtliche Wertung zum Ausdruck kommt (z. B. § 138 II BGB), wenn sie besonders wichtige Gemeinschaftsgüter schützen (z. B. Vorschriften zum Schutz der Rechtspflege und der Volksgesundheit) oder unmittelbar wettbewerbsbezogen sind (z. B. berufs- und standesrechtliche Werbeverbote, Berufsordnung, gesetzliche Wettbewerbsverbote §§ 86, 60, 61 HGB). In diesen Fällen ist der Verstoß ohne weiteres unlauterer Wettbewerb. Wertneutrale Normen beruhen auf Erwägungen ordnender Zweckmäßigkeit (z. B. Preisangaben-Verordnung, Ladenschlußgesetz). In diesen Fällen ist der Gesetzesverstoß erst bei Hinzutreten weiterer Umstände wettbewerbswidrig (§ 1 UWG). Der Verletzer muß sich einen sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung verschaffen und in subjektiver Hinsicht bewußt und planmäßig handeln. Allgemeine Mißachtung wertneutraler Vorschriften läßt die Wettbewerbswidrigkeit regelmäßig ebensowenig entfallen wie das Berufen auf einen Verbotsirrtum, vor einer höchstrichterlichen Klärung kann die Berufung auf die Rechtsprechung von Instanzgerichten und die Verwaltungspraxis von Behörden in Ausnahmefällen entschuldigen. - 2. Vertragsverstöße, Verlangen nach Vertragserfüllung: kein unlauterer Wettbewerb, es sei denn, die Verträge beruhen auf systematischen Wettbewerbsverstößen wie Kundentäuschungen (Folgeverträge) oder Art und Weise des Verlangens nach Vertragserfüllung entfalten über die Vertragsabwicklung hinaus unzulässige werbende Wirkung, etwa indem es den Vertragspartner oder Dritte zu weiteren Abschlüssen veranlaßt. - 3. Vertikale Vertriebsbindungen: beschränken Abnehmer in der Verfügungsfreiheit über die gelieferte Ware/Leistung und unterliegen den kartellrechtlichen Vorschriften des GWB und des Gemeinschaftsrechts (Kartellrecht I). Unter Einhaltung des Schriftformerfordernisses (§ 34 GWB) sind selektive Vertriebsbindungen bis zum Erlaß einer Mißbrauchsverfügung durch die aufsichtsführende Kartellbehörde nach nationalem Kartellrecht zulässig, bei Auswahl der Wiederverkäufer nach objektiv-qualitativen Gesichtspunkten und deren Anwendung ohne Diskriminierung auch nach EG-Kartellrecht (Kartellrecht II), selbst wenn sie nicht lückenlos praktiziert werden. Außenseiter, die in Kenntis der Vertriebsbindung bewußt auf einen Vertragsverstoß des gebundenen Händlers hinwirken, verstoßen gegen § 1 UWG, wenn das System gedanklich und praktisch lückenlos ist, der gebundene Händler haftet dem bindenden Unternehmen aus Vertrag. Das bloße Ausnutzen des Vertragsbruchs eines durch ein gedanklich und praktisch lückenloses Vertriebsbindunssystem gebundenen Händlers durch einen Außenseiter ist erst wettbewerbswidrig, wenn sich der Außenseiter dadurch gegenüber anderen Händlern (gebundenen wie ungebundenen) einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung verschafft. Er liegt gegenüber anderen Außenseitern regelmäßig in dem Vorteil, Ware führen zu können, über die die Vertriebsbindung achtende Mitbewerber nicht verfügen, gegenüber gebundenen Händlern in dem Vorteil, die mit der Vertriebsbindung verbundenen Pflichten nicht erfüllen zu müssen. Gedankliche Lückenlosigkeit liegt vor, wenn der Vertriebsbinder in allen Vertriebsländern ausschließlich Händler beliefert, die bei Meidung von Rechtsnachteilen rechtswirksam gebunden und verpflichtet sind, die Bindung an ihre Wiederverkäufer weiterzugeben; praktische Lückenlosigkeit liegt vor, wenn das System in allen Vertriebsländern durch geeignete Maßnahmen (z. B. Kontollnummern) überwacht und entdeckte Verstöße in dem gebotenen Umfang verfolgt werden. Vereinzelt bleibende Bezugsmöglichkeiten durch Außenseiter führen nicht zu Lückenhaftigkeit, maßgeblich ist Möglichkeit zum Bezug der Ware in einem relevanten Ausmaß außerhalb des Vertriebssystems. Lückenhafte Systeme brauchen nicht beachtet zu werden, beweisrechtlich entfällt die Vermutung, daß sich der Außenseiter die Ware nur unter Verleiten oder Ausnutzen von Vertragsbruch verschafft haben kann. Zur Entfernung von Codierungen vgl. Behinderungswettbewerb 1. Unabhängig von der Lückenlosigkeit von Vertriebssystemen ist der Erwerb und Weitervertrieb gebundener Ware wettbewerbswidrig, wenn er durch Händler erfolgt, die sich als Endabnehmer ausgeben oder sonst täuschen (Schleichbezug), gegen derartige Handlungen sind auch Eigenvertriebssysteme (Vertrieb über Niederlassungen, Handelsvertreter) geschützt.

 

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