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regionale Strukturpolitik

1. Begriff: Regionale Wirtschaftspolitik, Regionalpolitik. Zusammenfassend für wirtschaftspolitische Maßnahmen, die auf die regionale Wirtschaftsstruktur und den regionalen Strukturwandel Einfluß nehmen. Die r. S. ist insofern von dem umfassenderen Begriff der Raumordnungspolitik zu unterscheiden. Zwischen diesen beiden Politikfeldern gibt es gleichwohl enge Beziehungen. - 2. Ziele: Allgemeines Ziel ist die Förderung der Wirtschaftskraft und die Stärkung des Wirtschaftswachstums in einzelnen Regionen eines Landes. In Deutschland ist die r. S. - anders als etwa die sektorale Strukturpolitik - in einen gesetzlichen Rahmen eingebunden. So ist u. a. durch das Raumordnungsgesetz das Ziel des regionalen Ausgleichs, d. h. die Herstellung weitgehend einheitlicher Wirtschafts- und Lebensbedingungen in allen Regionen, festgelegt. Im Sinne der r. S. geht es dabei um eine Verringerung regionaler Disparitäten, die auf einer unterschiedlichen Ausstattung an wirtschaftlichem Produktionspotential beruhen. Die Identifikation strukturschwacher Regionen erfolgt in der Praxis durch die Ausweisung regionaler Fördergebiete. - 3. Träger: In Deutschland ist die r. S. eine der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern ("Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"). Im Zuge der wirtschaftlichen und (teilweisen) politischen Integration Europas hat die EU zunehmend Rahmenkompetenzen, aber auch konkrete Zuständigkeiten für die Gestaltung der r. S. an sich gezogen. Andererseits unterstützt die EU aber auch die nationale r. S. durch Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Fördermaßnahmen aus verschiedenen Strukturfonds, insbes. dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), aber auch dem Agrarfonds (Strukturfonds der EU), und zwar hier zur Förderung von Investitionen zur Umstrukturierung ländlicher Räume. Auf der Ebene der Bundesländer, der Gebietskörperschaften sowie der Kommunen werden Aufgaben der r. S. häufig an Wirtschaftsförderinstitute übertragen (Landesentwicklungsgesellschaften, Landesaufbaubanken. - Vgl. auch kommunale Wirtschaftsförderung.). - 4. Formen: Im wesentlichen können zwei Ansatzpunkte unterschieden werden: a) Eine Ausweitung und/oder Verbesserung öffentlicher Vorleistungen, um günstige Voraussetzungen für privatwirtschaftliche Aktivitäten zu schaffen. Hier geht es v. a. um eine Anhebung der Standortqualitäten einer Region durch den Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur, z. B. Verbesserung der Verkehrsanbindung, der Energieversorgung oder der Effizienz von Kommunikationseinrichtungen. Ebenso kann dazu die Unterstützung bei der Einrichtung von Gewerbeparks, Gründerzentren, Technologiezentren zählen. - b) Gezielte Unterstützung privater Unternehmen, die sich in strukturschwachen Regionen (regionalen Fördergebieten) niederlassen oder vorhandene Produktionsstandorte ausbauen. Hierfür kommen die folgenden Instrumente in Frage. - 5. Instrumente: Finanzielle Förderung, überwiegend aus Mitteln des Bundes- und der Länderhaushalte, sowie der EU, daneben aus Mitteln des ERP-Sondervermögens. a) Gemeinschaftsaufgabe zur "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Die Gemeinschaftsaufgabe steht allen Unternehmen offen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen vorwiegend überregional absetzen. Theoretische Grundlage dieses Förderansatzes ist das Exportbasis-Konzept aus der Raumforschung. Danach sind jene Unternehmen besonders wichtig für die Entwicklung einer Region, die aufgrund eines überregionalen Absatzes zur arbeitsteiligen Spezialisierung beitragen und damit u. a. ein höheres Produktivitätswachstum in der Region ermöglichen (analog zur Wirkung des Außenhandels in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung). Das Kriterium des überregionalen Absatzes wird auch als Primäreffekt bezeichnet. Unterstützt werden die Investitionen gewerblicher Unternehmen (Investitionsförderung), wobei Bemessungsgrundlage für die Förderung die gesamten Investitionskosten mit Ausnahme von Grunderwerbskosten und Anschaffungskosten von Fahrzeugen sind. In Abhängigkeit von der Einstufung des Fördergebietes (Einteilung in Schwerpunktorte) und der Art der Investition (Errichtung oder Erweiterung, Umstellung oder Rationalisierung eines Betriebs) werden derzeit Investitionszuschüsse zwischen 10% und 23% gezahlt. Die höchsten Fördersätze kommen für Errichtungen oder Erweiterungen in den neuen Bundesländern in Frage. Aus der Gemeinschaftsaufgabe werden im übrigen auch finanzielle Hilfen für die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur vergeben. - b) Investitionskredite aus dem ERP-Regionalprogramm (alte Bundesländer) oder dem ERP-Aufbauprogramm (neue Bundesländer) (ERP-Programme). Diese Förderung kann nur von kleinen und mittleren Unternehmen (Jahresumsatz weniger als 100 Mio. DM), die in einem regionalen Fördergebiet investieren, in Anspruch genommen werden. Eine Kumulierung mit den Investitionszuschüssen aus der Gemeinschaftsaufgabe ist nicht möglich, so daß diese Art der Förderung überwiegend von Unternehmen genutzt wird, die wegen des fehlenden überregionalen Absatzes keine Zuschüsse erhalten können. - Merkmale dieser Förderkredite: Lange Laufzeiten (10 bis 20 Jahre), tilgungsfreie Anlaufjahre (2 bis 5 Jahre), günstige (jeweils unter dem Kapitalmarktniveau liegende) Festzinsen für die gesamte Laufzeit. - Die Regionalförderung aus Mitteln des ERP-Sondervermögens wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau wahrgenommen. - c) Vergleichbare regionale Fördermaßnahmen (Investitionszuschüsse und/oder -darlehen) werden auch von zahlreichen Bundesländern angeboten. - d) Regionalförderung der EU: Sie ist überwiegend eingebunden in die nationale Regionalförderung. Die Mittel aus dem Europäischen Regionalfonds gehen in die Gemeinschaftsaufgabe ein. Mittel des Agrarfonds fließen teilweise in die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" ein. Aus dem Sozialfonds (ESF) werden arbeitsmarktpolitische Förderprogramme des Bundes und der Länder unterstützt. - e) Neben diesen Formen der Investitionsförderung setzt die r. S. auch noch andere Instrumente ein, insbes. Bürgschaften, Beratungsleistungen und Unterstützung bei Unternehmenskooperationen.


Literatur: Nijkamp, P. (Hrsg.), Handbook of Regional and Urban Economics, Amsterdam, New York etc. 1986; Fürst, D./Klemmer, P./Zimmerman, K., Regionale Wirtschaftspolitik, Tübingen 1976; Neupert, H. Regionale Strukturpolitik als Aufgabe der Länder, Baden-Baden 1986; Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Die Finanzierungshilfen des Bundes, der Länder und der internationalen Institutionen - Gewerbliche Wirtschaft, Frankfurt (erscheint jährlich aktualisiert).

 

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