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Kreditrisiko

1. Begriff/Charakterisierung: spezifisches Wagnis der Geschäftsbanken bei Gewährung von Krediten: Forderungsausfallrisiko (Bonitätsrisiko), das in der Gefahr des teilweisen oder vollständigen Ausfalls vertraglich vereinbarter Zins- und Tilgungszahlungen besteht, die ein Kreditnehmer zu erbringen hat (Kreditausfallrisiko). Dem Risiko der Nichterfüllung des Rückzahlungsanspruchs bei einem Barkredit entspricht bei einer Kreditleihe das Risiko der Nichterfüllung des Revalierungsanspruches. - Das Kreditrisiko gilt als das größte und charakteristische Risiko in der gesamten Geschäftstätigkeit einer Bank, so daß der Kreditbereich in besonderem Maße risikopolitisch zu beachten ist. Dies gilt vor allem für große Einzelkredite (Millionenkredite und Großkredite), die aufgrund ihrer absoluten Kredithöhe (Gewicht für Gesamtkreditvolumen) das Kreditrisiko wesentlich beeinflussen. Für eine gezielte Bekämpfung von Kreditrisiko ist es erforderlich, die einzelnen Elemente des Risikos und die darauf wirkenden Einflußfaktoren zu erkennen. - 2. Arten (Aufgliederung nach Honeck, 1986): (1) Einzelrisiken: (hierunter sind Engagements zu verstehen, denen erkennbar eine akute oder eine erhöht-latente Ausfallgefahr anhaftet); (2) Volumenrisiken: (mit dem Wachstum des Kreditvolumens steigert eine Bank im allgemeinen und unter sonst gleichen Umständen ihr Risikopotential); (3) Streuungsrisiko: (unter sonst gleichen Umständen ist der Risikogehalt eines Kreditbestandes um so höher, je ungünstiger die Ausleihungen gestreut wurden, d. h. je geringer die Diversifikation bzgl. Kredithöhe, Branchen und Regionen (bei Auslandsengagements: Ländern), sowie Art der Absicherung ist. Man könnte auch von Strukturrisiken sprechen); (4) Expansionsrisiken: je wichtiger für eine Bank das Streben nach Ausweitung ihres Geschäftsvolumens ist, einen um so größeren Gefährdungsgrad dürfte das Kreditvolumen i. d. R. haben. Häufig wird eine überproportionale Geschäftsausweitung nur unter Inkaufnahme höherer Risiken möglich sein. - 3. Indikatoren (nach Honeck, 1986): (1) Einzelrisiken: Bestand an Einzelwertberichtigungen (EWB); Veränderungen der Einzelwertberichtigungen, ohne Verbrauch; Anmerkungsbedürftige Kredite (mit erhöht-latenten Risiken); Risiken in Großkrediten in % des haftenden Eigenkapitals (hEK), soweit nicht durch EWB gedeckt. (2) Volumenrisiken: Grundsatz I gem. § 10 KWG; Eigenkapitalquote (hEK in % des Geschäftsvolumens). (3) Streuungsrisiken: (a) Größenstreuung: Streuungsmaß, errechnet aus der Aufgliederung der Kredite nach Größenklassen; Großkredite in Relation zum hEK (§ 13 Abs. 4 KWG); Durchschnittsbetrag der Forderungen an Kreditinstitute in % der gesamten Interbankforderungen. (b) Branchenstreuung: Streuungsmaß, errechnet anhand der Branchengliederung; Kredite an notleidende Branchen im Verhältnis zum hEKreditrisiko (c) Regionale Streuung (national): Ausleihungen an Schuldner in Gebieten mit schlechter Wirtschaftslage in Prozent der Kundenforderungen; Ausleihungen an Schuldner außerhalb des Geschäftsgebietes in % der Kundenforderungen. (d) Länderstreuung: Kredite an Entwicklungsländer und Schwellenländer in % der Kundenforderungen; die fünf höchsten derartigen Länderkredite in % der Kundenforderungen. (e) Streuung nach der Art der Absicherung: Blankokredite bzw. -anteile in % der Kundenforderungen; Kredite mit zweifelhaften Sicherheiten (z. B. Sicherungsübereignungen, Forderungsabtretungen) in % der Kundenforderungen; Kredite, die nicht Realkredite und Kommunalkredite sind, in Prozent der Kundenforderungen. (4) Expansionsrisiken: Abweichung der Wachstumsrate des Kreditvolumens von der gruppendurchschnittlichen Rate nach oben. - 4. Inhalt: Im allgemeinen wird das Kreditrisiko nur in der mangelhaften Bonität des Kreditnehmers oder aber auch in einer nicht ausreichenden Besicherung gesehen. Dieses Verlustrisiko ist jedoch zu präzisieren und um die Beschreibung weiterer Risiken, die mit einer Krediteinräumung verbunden sein können, zu ergänzen (Einzelrisiken). - Bei Auslandskrediten ist darauf hinzuweisen, daß trotz guter Bonität des Schuldners Verluste entstehen können, wenn ausländische staatliche Stellen den Devisentransfer (Transferrisiko) für Zinsen und Tilgung verbieten oder die Verwertung von Sicherheiten unmöglich gemacht wird. - Ein Liquiditätsrisiko kann für das Kreditinstitut entstehen, wenn der Kreditnehmer mit seinen Zins- und Tilgungsraten in Verzug gerät. Obwohl Kreditinstitute wegen ihrer vergleichsweise guten Möglichkeiten, sich Liquidität zu beschaffen (z. B. über Geldmarkt), dieses Risiko meist auffangen, können sich daraus negative Wirkungen auf die Rentabilität ergeben. Neben der Gefahr, daß der Kreditnehmer vereinbarte Leistungen nicht termingerecht erbringt, kann der erwartete Ertrag aus einem Kreditgeschäft auch dadurch gefährdet werden, daß bei fest vereinbarten Kreditzinssätzen durch Verteuerung der Refinanzierung die Zinsspanne sinkt (Zinsänderungsrisiko). Dieses Risiko läßt sich durch kongruente Refinanzierung oder Überwälzung auf den Kreditnehmer (Zinsgleitklausel, Vorfälligkeitsgebühr/-entgelt) begrenzen. - Gleiches gilt für das Währungsrisiko, das bei Währungskrediten zum Tragen kommt, wenn am Fälligkeitstag für den Umtausch des Fremdwährungsbetrags in die eigene Währung ungünstigere Kurse zugrunde liegen als erwartet. Für jeden Kredit entsteht auch ein Refinanzierungsrisiko (Gefahr, daß die notwendigen Einlagen oder aufzunehmenden Gelder nicht beschafft werden können). Einzelrisiken und Gesamtrisiko: Jedes einzelne Kreditgeschäft kann durch mehrere Faktoren negativ beeinflußt werden. Diese Risikoursachen können einzeln oder in einer bestimmten Kombination zu einem teilweisen oder völligen Kreditausfall führen. Es kann davon ausgegangen werden, daß die in jedem Kredit liegenden Risikoursachen mehr oder weniger voneinander unabhängig sind. Je weniger die Ursachen negativer Abweichungen von Erwartungen bei verschiedenen Kreditnehmern voneinander abhängen und je geringer die Gefahr ist, daß die Ursachen gleichzeitig auftreten, desto geringer sind die Gefahren, die solche Ereignisse für das gesamte Kreditengagement einer Bank hervorrufen. Da in der Praxis kaum alle Abweichungsgefahren gleichzeitig auftreten oder ein vollständiger Zusammenhang von Einzelereignissen, etwa im Sinne einer Kettenreaktion, vorliegen dürfte, ist das Gesamtrisiko stets kleiner als die Summe der durchschnittlichen Einzelrisiken. Maßnahmen der Risikovorbeugung: Kreditwürdigkeitsprüfung, Kreditbesicherung, Diversifikation, Kreditversicherung, Kreditüberwachung.

 

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