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Alterssicherung der Landwirte

Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung für selbständige Landwirte und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen. Ab 1.1.1995 auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt durch das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) vom 29. 7. 1994 (BGBl. I 1890, 1891) m. spät. Änd., mit dem die bisherige Altershilfe für Landwirte aufgrund des GAL vom 27. 7. 1957 (m. spät. Änd.) abgelöst worden ist. Mit dem neuen Gesetz soll vor allem die eigenständige Sicherung der Bäuerin, eine Angleichung an die allgemeine Rentenversicherung, die Überleitung der Alterssicherung der Landwirte d. L. für die neuen Bundesländer und die Übernahme weiterer Finanzlasten durch den Bund erreicht werden. - 1. Versicherter Personenkreis: a) Versicherungpflichtig sind Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige (§ 1 I ALG). Landwirt ist, wer als selbständiger Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft mit einer bestimmten Mindestgröße betreibt. Der Ehegatte eines Landwirts gilt als Landwirt, wenn beide Ehegatten nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte nicht erwerbsunfähig i. S. von SGB VI - unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage - ist. - Mitarbeitende Familienangehörige sind (1) Verwandte bis zum dritten Grade, (2) Verschwägerte bis zum zweiten Grade und (3) Pflegekinder eines Landwirtes oder seines hauptberuflich im Unternehmen tätigen Ehegatten (§ 1 VIII ALG). - 2. Versicherungsfrei sind Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige, die (1) das 18. Lebensjahr noch nicht oder das 65. Lebensjahr bereits vollendet haben, (2) die Wartezeit für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mehr erfüllen können. Außerdem Landwirte, die eine Rente unter Berücksichtigung von § 21 VI ALG beziehen, und mitarbeitende Familienangehörige, solange sie als Landwirt in der Alterssicherung der Landwirte f. L. versichert sind (§ 2 ALG). - 3. Befreiung von der Versicherungspflicht: Dies ist möglich für Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige möglich. Auf Antrag wird befreit, wer (1) regelmäßig außerhalb der Landwirtschaft Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder vergleichbares Einkommen bezieht, das über einem Siebtel der Bezugsgröße liegt, (2) wegen Erziehung eines Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, (3) wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen oder (4) wegen der Ableistung von Wehr- oder Zivildienst in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig ist, weil er von der Versicherungspflicht befreit ist. Außerdem wird - ebenfalls auf Antrag - von der Versicherungspflicht befreit, wer die Wartezeit für eine Altersgrenze bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr erfüllen kann (§ 3 I, III ALG). - 4. Freiwillige Versicherung ist für Ehegatten von ehemaligen Landwirten unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. § 4 ALG) ebenso möglich wie eine freiwillige Weiterversicherung von Personen, die zuletzt als Landwirt versichert waren (§ 5 ALG). - 5. Leistungen: a) medizinische Rehabilitation entsprechend den Leistungen nach SGB VI. b) Altersrenten für Landwirte vom 65. Lebensjahr an, wenn die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt ist und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben worden ist. Mitarbeitende Familienangehörige erhalten die Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und nicht Landwirt sind. c) Vorzeitige Altersrente können Landwirte bis zu zehn Jahren vor Vollendung des 65. Lebensjahres erhalten, wenn die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt ist, das Unternehmen abgegeben ist und der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Altersrente vom 65. Lebensjahr hat oder gehabt hat (§ 12 ALG). d) Renten wegen Erwerbsunfähigkeit erhält der Landwirt, wenn er erwerbsunfähig i. S. v. SGB VI ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit für drei Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt oder die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat und das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben hat. Mitarbeitende Familienangehörige haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn sie nicht Landwirt sind; allerdings reicht die Erfüllung der fünfjährigen Wartezeit allein nicht aus, es müssen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens für drei Jahre Pflichtbeiträge entrichtet worden sein. - Die Fünf-Jahres-Frist verlängert sich bei Landwirten und mitarbeitenden Familienangehörigen um bestimmte Zeiten wie Rentenbezugszeiten, Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, Berücksichtigungszeiten und Anrechnungszeiten nach SGB VI, Zeiten der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, Zeiten der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk, Zeiten nach Vollendung des 60. Lebensjahres, in denen das landwirtschaftliche Unternehmen abgegeben worden ist, etc. (Einzelheiten s. § 13 II ALG). e) Hinterbliebenenrenten (Witwen-, Witwerrenten, Renten nach dem vorletzten Ehegatten (§ 14 ALG), Waisenrenten (§15 ALG) und Renten wegen Todes bei Verschollenheit (§ 16 ALG). - 6. Wartezeiten: Für die Wartezeiten von fünf oder fünzehn Jahren werden Beitragszeiten (Pflicht- oder freiwillige Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse) und Monate aus dem Versorgungsausgleich angerechnet. Auf eine lückenlose Beitragszahlung bis zum Rentenfall kommt es nicht mehr an. Die Wartezeit gilt als erfüllt, wenn die Erwerbsunfähigkeit oder der Tod des Versicherten auf einem - versicherten - Unfall beruht. - 7. Hofabgabe liegt vor bei Eigentumsübertragung, bei Verpachtung oder Bestellung eines Nießbrauches, bei Stillegung der landwirtschaftlich genutzten Flächen, bei erstmaliger Aufforstung der landwirtschaftlichen Fläche, bei Ermächtigung zur Landveräußerung und Landverpachtung oder bei Ausscheiden des Unternehmens aus einem gemeinsamen Betrieb (Personenhandelsgesellschaft oder juristische Person). - 8. Berechnung der Renten: Der Monatsbetrag der Rente wegen Alters oder wegen Erwerbsunfähigkeit ergibt sich, wenn der jeweilige allgemeine Rentenwert mit der Steigerungszahl vervielfältigt wird. Die Steigerungszahl ergibt sich wiederum durch Vervielfältigung des Rentenfaktors mit den anrechnungsfähigen Versicherungszeiten (im wesentlichen Beitragszeiten und Zurechnungszeiten - Einzelheiten s. § 23 II ALG). Der Faktor ergibt sich für die einzelnen Zeiten aus § 23 III ALG. - 9. Höhe der Renten: Die Witwen- oder Witwerrente beträgt das 0,6-fache der Erwerbsunfähigkeitsrente des verstorbenen Ehegatten, die Waisenrente (Voll- und Halbwaisenrente) das 0,2-fache der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit des versicherten Landwirts oder des versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen, wobei bei der Vollwaisenrente die Steigerungszahl um einen Zuschlag erhöht wird. - Bei der Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente vermindert sich der allgemeine Rentenwert um einen Abschlag (vgl. im einzelnen: § 23 VIII ALG). - 10. Organisation: Für die Erfüllung der Aufgaben der Alterssicherung der Landwirte d. L. sind die bei jeder landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft errichteten landwirtschaftlichen Alterskassen zuständig (§ 49 ALG). - 11. Finanzierung: Durch Beiträge und Bundesmittel. Der Beitrag wird jeweils für das folgende Kalenderjahr festgesetzt (§ 68 ALG). Hierbei werden der um 20% verminderte allgemeine Rentenwert zum 1. 1. 1995, der Beitragssatz der Rentenversicherung der Arbeitgeber und Angestellten des auf die Festsetzung folgenden Kalenderjahres und das voraussichtliche Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung der Arbeitgeber und Angestellten miteinander vervielfältigt. Dieser Wert wird dann durch das 12-fache des aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. 1. 1995 geteilt. Mitarbeitende Familienangehörige zahlen die Hälfte des Beitrages eines Landwirtes. Versicherungspflichtige Landwirte erhalten einen Zuschuß zu ihrem Beitrag und zum Beitrag für mitarbeitende Familienangehörige, wenn das zu ermittelnde jährliche Einkommen 40.000 DM nicht übersteigt (§ 32 ALG). Der Zuschuß ist je nach Höhe des jährlichen Einkommens gestaffelt. Maximal beträgt er 80% (bei jährlichen Einkommen bis 16.000 DM). Der Zuschuß für mitarbeitende Familienangehörige beträgt die Hälfte und richtet sich nach dem Landwirt, mit dem der mitarbeitende Familienangehörige verwandt oder verschwägert ist. - Für die komplizierte Feststellung des jährlichen Einkommens wird auf die umfangreichen Vorschriften in § 32 III - VI verwiesen. - Die Beiträge für die Versicherungspflichtigen trägt der Landwirt; versicherte Ehegatten haften gesamtschuldnerisch. Freiwillig Versicherte tragen ihre Beiträge selbst. - Der Bund zahlt Mittel zum Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben (§ 66 ALG).

 

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