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Prokura

I. Begriff/Formen: Die in das Handelsregister einzutragende umfassende Handelsvollmacht mit gesetzlich festgelegtem, grundsätzlich unbeschränkbarem Umfang (§§ 48-53 HGB). - Formen: Einzelprokura; Beschränkungen bei der Form der Filialprokura oder Gesamtprokura. - Prokura kann nur der Vollkaufmann erteilen (§ 48 I HGB); Kleingewerbetreibende (Minderkaufmann) sind hiervon ausgeschlossen (§ 4 HGB). Ein Anstellungsverhältnis ist nicht erforderlich; Prokura kann auch der Ehegatte, der Kommanditist etc. erhalten. - Zeichnung: Vgl. Prokurist.
II. Umfang: Gesetzlich festgelegt (§ 49 HGB). - 1. Die Prokura berechtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines beliebigen Handlungsgewerbes mit sich bringt, also auch außergewöhnliche (z. B. Schenkungen). Hier wird im Gegensatz zur Handlungsvollmacht nicht auf das betreffende Handelsgewerbe, den Geschäftszweig, abgestellt. Der Prokurist kann den gesamten Geschäftsverkehr führen, Wechsel zeichnen, Prozesse anstrengen, Verbindlichkeiten eingehen, Erklärungen bei Gericht abgeben, Vergleiche schließen etc. - Die Prokura berechtigt nicht zu Geschäften, die darauf gerichtet sind, den Betrieb zur Einstellung zu bringen, wie Veräußerung des Geschäftes, Konkursantrag etc.; ebenso alle dem Inhaber obliegenden Geschäfte, wie Unterzeichnung der Bilanz, Erteilung einer Prokura - 2. Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken berechtigt die Prokura nur, wenn die Befugnis hierzu (Immobiliarklausel) besonders erteilt ist (§ 49 II HGB). - 3. Die grundsätzliche Unbeschränkbarkeit der Prokura besagt, daß diese in ihrer Wirkung gegenüber Dritten in keiner Weise eingeschränkt werden kann. Befolgt der Prokurist Weisungen des Geschäftsherrn nicht, kann er schadenersatzpflichtig sein; an das mit dem Dritten abgeschlossene Geschäft bleibt der Geschäftsherr gebunden. - 4. Übertragung: Die Prokura ist auch mit Zustimmung des Unternehmers nicht übertragbar (§ 52 II HGB).
III. Erteilung: 1. Nur durch ausdrückliche Erklärung des Inhabers des Unternehmens (Vollkaufmann) bzw. seines gesetzlichen Vertreters, nicht z. B. durch Konkursverwalter, Nachlaßverwalter, Abwickler. - 2. Anmeldung: Die Prokura ist mit Zeichnung des Prokuristen zum Handelsregister anzumelden. - 3. Zustimmung durch Gesellschafter: a) Bei der offenen Handelsgesellschaft bedarf die Prokura der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter (§ 116 HGB). Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf das Innenverhältnis. Nach außen, im Verhältnis zu Dritten und dem Prokuristen gegenüber, genügt die Erteilung der Prokura durch einen der geschäftsführenden Gesellschafter. - b) Kommanditgesellschaft: Zustimmung der Kommanditisten ist nicht erforderlich, da diese von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind; anders, wenn der Anstellungsvertrag als ungewöhnliche Maßnahme im Innenverhältnis ihrer Zustimmung bedarf (§ 164 HGB). Prokura kann auch dem Kommanditisten selbst erteilt werden.
IV. Erlöschen: 1. Erlöschen erfolgt durch Widerruf, der ohne Rücksicht auf das der Erteilung zugrunde liegende Rechtsverhältnis (z. B. den Anstellungsvertrag) jederzeit möglich ist (§ 52 I HGB). - 2. Gleiche Wirkung: Auch die Beendigung des Dienstverhältnisses des Prokuristen, die Einstellung des Gewerbebetriebes oder die Auflösung einer Gesellschaft, Konkurseröffnung, Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Prokuristen führen zum Erlöschen der Prokura - 3. Nicht zum Erlöschen kommt die Prokura durch den Tod des Inhabers des Handelsgewerbes (§ 52 III HBG). - 4. Anmeldung: Das Erlöschen ist in gleicher Weise wie die Erteilung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 53 III HGB). Gegen Dritte wirkt das Erlöschen i. a. erst mit Eintragung und Bekanntmachung; vgl. Negativwirkung. - 5. Widerrufsrecht von Gesellschaftern: a) Bei der offenen Handelsgesellschaft ist jeder Gesellschafter, der der Erteilung zustimmen muß, selbständig zum Widerruf der Prokura befugt (§§ 116, 126 HGB). - b) Einem Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft steht das Widerrufsrecht i. d. R. nicht zu.

 

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