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EFTA

European Free Trade Association, Europäische Freihandelsassoziation. Das am 4. 1. 1960 unterzeichnete "Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandels-Assoziation" (sog. Stockholmer Konvention) ist am 3. 5. 1960 formal in Kraft getreten. Amtssitz der EFTA ist Genf. - 1. Konzept: Freihandelszone: Diese ist (im Unterschied zu einer Zollunion) dadurch gekennzeichnet, daß die handelspolitische Souveränität der Mitgliedsländer gegenüber Drittstaaten uneingeschränkt erhalten bleibt. - 2. Mitgliedsländer: Gründungsmitglieder waren Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und die Schweiz. Spätere Mitglieder: Island (1970), Finnland (seit 1961 assoziiert; seit 1986 Vollmitglied) und Liechtenstein (1991). Infolge des Beitritts zur EG schieden aus der EFTA aus: Großbritannien und Dänemark (Ende 1972); Portugal (Ende 1985); Finnland, Österreich und Schweden (Ende 1994). Seit dem 1. 1. 1995 umfaßt die EFTA nur noch vier Staaten: Island, Liechtenstein, die Schweiz und Norwegen (dessen Bevölkerung 1972 und 1994 den bereits ausgehandelten EG-(EU-)Beitritt ablehnte). - 3. Organe und Arbeitsweise: In Genf residiert ein sog. Sekretariat zur Verwaltung dieser internationalen Organisation; die Regierungen der Mitgliedsländer unterhalten in Genf ständige Delegationen. Die EFTA-Konvention beinhaltet keine supranationalen Instanzen oder Befugnisse. Oberstes und zugleich einziges formelles Organ ist der sog. Rat. In diesem Lenkungsgremium sind alle Mitgliedsländer gleichberechtigt vertreten. Der Rats-Vorsitz wechselt alle sechs Monate. Auf Ministerebene kommt der Rat jährlich zweimal zusammen; auf der Ebene der Delegationsleiter dagegen ein- bis zweimal im Monat. Der Rat besitzt in allen von der Konvention bestimmten Fragen umfassende Entscheidungsvollmachten. Beschlüsse des Rats sind für die Mitgliedsländer bindend. Weil es keinen EFTA-Gerichtshof gibt, fungiert der Rat ferner als Streitschlichtungsinstanz. Im übrigen ist der Rat befugt, erforderlichenfalls spezielle Organe oder Arbeitsgruppen einzusetzen und deren Aufgabenbereiche festzulegen. Als Folge davon bestehen mehrere ständige Ausschüsse. - 4. Ziele und spezifische Merkmale: a) Überblick: Die EFTA verfolgt explizit nur wirtschaftspolitische Ziele. Diese sind weniger weitreichend als diejenigen der EG. Neben dem Ziel der Verwirklichung des Freihandels bei industriellen Produkten enthält der EFTA-Vertrag Wettbewerbsregeln sowie Vorschriften zum Abbau technischer Handelshemmnisse. Die meisten Agrar- und Fischerei-Erzeugnisse bleiben vom innergemeinschaftlichen Freihandel und den gemeinsamen Wettbewerbsregeln weitgehend ausgenommen. Zum Zweck der Förderung des Austauschs solcher Waren bestehen mehrere bilaterale Abmachungen zwischen einzelnen EFTA-Staaten. - b) Im übrigen enthält das Gründungsabkommen Schutzklauseln, die von den Mitgliedstaaten ohne vorherige Zustimmung des EFTA-Rats angewendet werden können; derartige Interventionen sind dem Rat lediglich zu notifizieren. - c) Seit Ende 1966 ist der Handel zwischen den EFTA-Staaten mit gewerblichen Produkten (mit "Ursprung" aus einem Mitgliedsland) von allen Zöllen und auch von den meisten mengenmäßigen Importbeschränkungen befreit. Gegenüber der restlichen Welt unterhalten die EFTA-Länder jedoch uneinheitliche Handelsschranken. Dies verhindert nicht nur den Abbau der innergemeinschaftlichen Grenzkontrollen, sondern hat außerdem noch zeit- und kostenaufwendige Abfertigungsprozeduren zur Folge (z. B.: kompliziert zu handhabende Ursprungsregeln; kompensatorische Nacherhebung von Zöllen auf Drittlandsgüter oder deren Anteil an weiterverarbeiteten Produkten, um Zollumgehungen zu vermeiden). - d) Anders als bei der EG sind die Wettbewerbsregeln der EFTA-Konvention nicht auf eine Harmonisierung des Wettbewerbsrecht gerichtet. Die gemeinsamen Wettbewerbsbestimmungen betreffen ein Verbot bestimmter Arten von Subventionen, ein Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Unternehmensabsprachen, Antidumping-Bestimmungen, Vorschriften hinsichtlich des öffentlichen Auftragswesens sowie Einschränkungen der Diskriminierungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Niederlassungsrecht. - 5. Beziehungen zur EG: a) Weil die EG bzw. EU mit großem Abstand der größte Handelspartner der EFTA-Staaten ist, hatten diese stets eine enge Kooperation mit der EG angestrebt. Verschiedene, bereits zu Anfang der 60er Jahre von einzelnen EFTA-Mitgliedern gestellte Anträge auf Aufnahme von Verhandlungen über einen EG-Beitritt oder einer Assoziierung scheiterten jedoch. - b) Zeitgleich mit dem Beitritt von Dänemark und Großbritannien zur EG (1. 1. 1973) gingen die handelspolitischen Zuständigkeiten der EG-Mitglieder in vollem Umfang auf die EG-Kommission über. Weil dadurch die nationalen Handelsverträge der EG-Mitglieder obsolet wurden, wurden mit Wirkung ab 1973 mehr als 200 verschiedene bilaterale Freihandelsverträge zwischen den EG (EWG und EGKS) und den einzelnen EFTA-Staaten für Erzeugnisse des gewerblichen Sektors und des Montanbereichs abgeschlossen. Durch diese wurden bis zum 1. 7. 1977 von beiden Seiten für die ganz überwiegende Zahl der industriellen Erzeugnisse alle Zölle und Kontingente schrittweise abgeschafft. - c) In den Jahren 1984-86 fanden parallel zur Entwicklung des Konzepts für die Errichtung eines Einheitlichen Binnenmarkts der EG (vgl. auch Einheitliche Europäische Akte, EEA) verschiedene Zusammenkünfte der EFTA- und der EG-Staaten auf Regierungsebene statt um die Zusammenarbeit von EG und EFTA über die bestehenden Freihandelsverträge hinaus zu intensivieren. Im Mai 1992 erfolgte die Unterzeichnung des Vertrags über den EWR (Europäischer Wirtschaftsraum). Der EWR ist am 1. 1. 1994 im Verhältnis zwischen der EU und - mit Ausnahme der Schweiz - den EFTA-Staaten rechtswirksam geworden. - 6. Sonstige Außenbeziehungen der EFTA: Alle EFTA-Staaten waren und sind Mitglieder des GATT und der OECD. Ende 1991 ist von der EFTA-Ministerkonferenz entschieden worden, mit der Türkei sowie mit den drei baltischen Staaten und einigen Ländern in Mittelost- bzw. Südost-Europa vertragliche Beziehungen über den asymmetrischen gegenseitigen Abbau von Handelshemmnissen zu vereinbaren.

 

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