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Marketing

I. Begriff: Marketing umfaßt alle Maßnahmen einer ziel- und wettbewerbsorientierten Ausrichtung der marktrelevanten Aktivitäten der Unternehmung an ausgewählten Problemfeldern gegenwärtiger und zukünftiger Kundenpotentiale unter Einsatz planender, steuernder, koordinierender und kontrollierender (formale Seite) sowie marketingpolitischer Instrumente (materiale Seite).
II. Marketing als wissenschaftliche Disziplin: Marketing als Benennung des Faches kam aus dem angelsächsischen Sprachraum und ersetzte die deutsche Bezeichnung Absatzwirtschaft bzw. Absatztheorie und Absatzpolitik. Je nach Standort, Interesse und Betrachtungsperspektive wurde und wird Unterschiedliches unter Marketing verstanden. Die Zuordnung der Disziplin zur Ökonomie unter Betonung der rein ökonomischen Tatbestände oder zur Sozialwissenschaft unter Betonung des interdisziplinären Charakters verdeutlicht verschiedene Sichtmöglichkeiten. In der Wissenschaftspraxis des Faches haben sich nebeneinander unterschiedlich ausgeprägte Denkansätze herausgebildet, die sich z. T. überschneiden oder auch auf verschiedenen Denkebenen liegen, wie z. B. entscheidungslogische, entscheidungsorientierte, verhaltensorientierte, systemorientierte Ansätze, Business- oder Non-Business-Marketing (Nonprofit-Marketing, Nonprofit-Management), Konzeptionen mit engem oder weitem Güterbegriff (z. B. generisches Marketing). Diese Beispiele weisen auf die Entscheidungsfunktion des Wissenschaftlers und Didaktikers (Marketinglehre) im Hinblick auf auszuwählende Objektbereiche, wissenschaftliche Arbeitsweisen und Wissenschaftsziele hin und hängen auch engstens mit der jeweils gewählten Begriffsapparatur und dem Verwendungskontext zusammen. Außerdem wird das Entscheidungsproblem dadurch verschärft, daß neben Anforderungen der Wissenschaft auch Ansprüche anderer Interessenten, z. B. der Wirtschaftspraxis oder der Gesellschaft, an das Marketing gestellt werden. Der einzelne Marketingwissenschaftler wird, weder als Forscher noch als Lehrer, diese Auswahlprobleme für alle Seiten befriedigend lösen können. Erst die Vielfalt der Sicht und Vorgehensweisen ermöglicht insgesamt einen Ausgleich, doch hat in letzter Zeit die Anwendungsorientierung des Faches eine gewisse Dominanz erfahren.
III. Marketing als Philosophie und Aufgabe: Mit steigender Tendenz zu Käufermärkten wurde der Absatzbereich zunehmend Engpaßbereich betrieblicher Planung. Die Antwort des Faches bestand in der Erarbeitung neuer, situationsgerechter Konzepte. Dieser Umorientierung, die zuerst in den USA einsetzte, wurde mit einer neuen Bezeichnung des Faches - "Marketing" - entsprochen; sie sollte signalisieren, daß ein neues Konzept absatzwirtschaftlicher Bemühungen erstellt worden ist. Während es in der traditionellen Absatzpolitik darum ging, die dem Absatzbereich weitgehend vorgegebenen Leistungen der Unternehmung unter Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums gewinnmaximierend zu verkaufen, werden in den neueren Konzepten die Entscheidungen der Unternehmung von vornherein stärker auf die Bedürfnisse und Wünsche der Nachfrager ausgerichtet. Der Hauptansatzpunkt marketingpolitischer Überlegungen liegt damit bei ausgewählten marktrelevanten Problemen selektierter Abnehmergruppen (Marktsegmentierung), für die markt- und konkurrenzfähige Problemlösungen erarbeitet und unter Einsatz der marketingpolitischen Instrumente angeboten werden. Diese Orientierung an Problemlösungsmöglichkeiten statt an eng definierten Produktbereichen forderte Levitt schon 1960. Allerdings sind Abnehmerprobleme, die sich auf Einzelpersonen, Personengruppen und Organisationen beziehen können, nicht nur gegenwartsbezogen zu deuten. Die auf Erhaltung oder gar Wachstum gerichtete strategische Unternehmungspolitik verlangt eine vorausschauende Positionierung (Frühwarnsysteme) ihrer Geschäftsfelder hinsichtlich zukünftiger Leistungsbereiche, Kundengruppen, geographischer Marktausdehnung (nationales oder internationales Marketing) und eingesetzter Technologien.
IV. Marketing als Konzeption der Unternehmungsführung: 1. Charakterisierung: Die sich ständig ändernden Probleme und Problemstrukturen auf den Märkten sowie die dynamische Entwicklung technologischer Möglichkeiten führen dazu, daß auch im Leistungsbereich der Unternehmung immer wieder Anpassungen bzw. vorausschauende Innovationen vorgenommen werden müssen. Um auf lange Sicht Umsatz- und Gewinneinbußen, Flops, Fehlinvestitionen, Imageverluste etc. möglichst zu vermeiden, sind derartige Veränderungen im Leistungsbereich in eine strategische Unternehmungs- und Marketingpolitik einzupassen. Marketing als Konzept einer marktorientierten Unternehmungsführung soll allerdings nicht bedeuten, daß Marketing alle anderen Funktionen der Unternehmung dominiert. Es bestünde dabei u. a. die Gefahr, daß aktuelle Marktgegebenheiten die Forschungs- und Entwicklungspolitik der Unternehmung so stark in Anspruch nehmen, daß grundlegende Innovationen unterbleiben. Das Marketingkonzept charakterisiert vielmehr die marktorientierte Stoßrichtung der Unternehmungspolitik, in der alle zusammenwirkenden Bereiche koordiniert werden müssen. Die Realisierung eines Marketingkonzepts erfordert eine Reihe von Voraussetzungen, die die Erstellung und Durchsetzung der Marketingphilosophie erst ermöglichen. - 2. Ein Marketing-Informationssystem (MAIS) hat für das Marketing-Management entscheidungsrelevante Umweltinformationen (z. B. über Kundenprobleme, Kundenverhalten, Verhalten der Wettbewerber und Absatzmittler, sich abzeichnende Verhaltensänderungen und Tendenzen, Wirkungen der eingesetzten marketingpolitischen Instrumente, gesamtwirtschaftliche Größen, technologische, rechtliche, gesellschaftliche Entwicklungen etc.) sowie marketingrelevante betriebsinterne Informationen (z. B. Kosteninformationen, Informationen über technologische, personelle, finanzielle, kapazitative Potentiale und Restriktionen) zeitgerecht bereitzustellen. Auf der Basis dieser mit Marketingforschung und Marktforschung gewonnenen Informationen und in Abstimmung mit der Wettbewerbsstrategie und dem Unternehmungskonzept hat das Marketing-Management die Grundsätze seiner Marketingpolitik festzulegen. Im Rahmen dieser strategischen Marketingplanung geht es darum, die Geschäftsfelder der Unternehmung nach Problemlösungsbereichen, zu bearbeitenden Kundengruppen (Marktsegmentierung) und Ländermärkten (Selektion von Auslandsmärkten) festzulegen, die dazu erforderlichen Technologien mit dem Forschungs- und Entwicklungsbereich (Forschung und Entwicklung (F&E)) abzustimmen und die Basisstrategien zu formulieren. - Auf dieser Grundlage können dann Pläne geringerer Reichweite, insbes. die operative Marketingplanung erarbeitet werden. Dabei geht es weniger um die jeweilige Optimierung des Einsatzes der einzelnen marketingpolitischen Instrumente, so z. B. um eine gewinnmaximale Preispolitik oder um die Optimierung der werbepolitischen Instrumente etc., als vielmehr um die stimmige Kombination der verschiedenen marketingpolitischen Instrumente, das aufeinander abgestimmte Marketing-mix. Die marketingpolitischen Instrumentalentscheidungen sollen die Vielzahl der Einzelinstrumente der Bereiche Leistungs-, Kontrahierungs-, Kommunikations- und Distributionspolitik in Übereinstimung mit dem strategischen Marketingkonzept so aufeinander abstimmen, daß eine konsistente, wettbewerbswirksame und zielführende Marketingpolitik erreicht wird. Allerdings wird eine konsequente Marketingpolitik, die ihre Aktivitäten an den unmittelbaren und mittelbaren Kunden (vertikales Marketing) orientiert, nicht umhin können, für die im Rahmen der strategischen Marketingplanung festgelegten Geschäftsfelder (Problembereiche, Kundengruppen, Länder) auf diese zugeschnittene unterschiedliche Marketing-Mix-Kombinationen zu entwickeln. Die Realisierung des Marketing-Konzepts verlangt eine Marketingorganisation, die eine solche Marktorientierung, eine möglichst störungsfreie Koordination der Einzelinstrumente sowie eine möglichst hohe Flexibilität und Innovationsbereitschaft ermöglicht. Die organisationalen Strukturierungen sind dem Marketing- und Unternehmenskonzept sowie den Unternehmensgegebenheiten anzupassen. - Ein konsequentes Marketing macht ein Marketing-Kontrollsystem erforderlich, welches das Marketing-Management laufend über die Planrealisierung informiert. Der Sinn der Marketing-Kontrolle liegt darin, über Kontrollinformationen (Rückkopplungen) und Abweichungsanalysen Lernprozesse zu initiieren und so den Einsatz der Instrumente zu verbessern sowie die notwendige Flexibilität zu erreichen, um sich an Umweltänderungen zielgerecht anpassen zu können. Darüber hinaus soll die Marketing-Kontrolle die Mitarbeiter des Marketing-Bereichs zu einem zielkonformen Handeln veranlassen. Die Koordination von Marketing-Planung und -Kontrolle mit der Informationsversorgung sowie mit den anderen betrieblichen Teilbereichen wird vom Marketing-Controlling als Teil der Führungsfunktion des Marketing-Management wahrgenommen. Diese Führungs-Subsysteme sollten Elemente jeder Marketingkonzeption sein, unabhängig davon, ob es sich um Business- oder Non-Business-Marketing handelt.
V. Marketing in Dienstleistungsunternehmen: Vgl. Dienstleistungsmarketing.
VI. Internationalisierung: Vgl. internationales Marketing.


Literatur: Bidlingmaier, J., Marketing, Bd. 1 u. 2, Opladen 1982/83; Becker, J., Marketing-Konzeption, 5. Aufl., München 1993; Bruhn, M., Marketing, 2. Aufl., Wiesbaden 1995; Grünwald, H., Marketing, 9. Aufl., Renningen-Malmsheim 1995; Koppelmann, U., Marketing, 4. Aufl., Düsseldorf 1995; Kotler, Ph., Marketing-Management, 4. Aufl., Stuttgart 1989; Meffert, H., Lexikon der aktuellen Marketingbegriffe, Wien 1994; Meffert, H., Marketing, 7. Aufl., Wiesbaden 1991; Nieschlag, R./Dichtl, E./Hörschgen, H., Marketing, 17. Aufl., Berlin 1994; Scheuch, F., Marketing, 4. Aufl., München 1993; Tietz, B., Marketing, 3. Aufl., Düsseldorf 1993.

 

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