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Nonprofit-Management

NPO-Management.
I. Begriff/Charakterisierung: Den Begriff Management faßt man funktional auf, als ein Bündel spezifischer Aufgaben, welche der Führung/Leitung der Nonprofit-Organisationen (NPO) dienen. Dazu gehören die Willensbildung und -durchsetzung in den Bereichen Zielsetzung, Planung, Kontrolle, Organisation, Koordination und Innovation/Reorganisation, sowie die (Menschen-)Führung i. e. S. als Motivation der Mitarbeiter zur Zielübernahme, zu Leistung und Zufriedenheit. In die Gestaltung des Management-Systems müssen deshalb alle Handlungen einbezogen werden, welche der Erfüllung dieser Aufgaben dienen, so z. B. auch das partizipative Mitwirken von Mitarbeitern an der Entscheidungsfindung ihrer Vorgesetzten. "Management" im genannten Sinne ist kein Spezifikum der NPO, sondern eine Funktion, die in jeder Institution wahrzunehmen ist, welche Arbeitskraft, Finanz- und Betriebsmittel beschaffen und zielorientiert zur Leistungsproduktion einsetzen muß. Dazu sind das Wissen über Instrumente und Methoden des Managements sowie Erfahrung in deren Handhabung unerläßlich. Diese sind Gegenstand der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, die sich als Management- und Führungslehre für Profit-Unternehmungen entwickelt hat, und die erst in den letzten Jahren auch für NPO fruchtbar gemacht wurde.
II. Ist-Zustand: Spricht man in kirchlichen oder sozialen Organisationen von Management, Marketing und Effizienz, so stößt man auch heute noch auf starke Ablehnung und breites Unverständnis. Daher ist in vielen, wenn nicht den meisten NPO ein ausgeprägtes Management-Defizit festzustellen. Erst langsam beginnt sich die Erkenntnis durchzusetzen, daß auch NPO als zielgerichtete, produktive, arbeitsteilige Systeme zu betrachten sind, die ohne professionelles Management nicht auskommen. Hinzu kommt, daß auch die Managementlehre bis jetzt die NPO vernachlässigt und kaum "passende" Lehrinhalte für die Anwendung in diesem besonderen Organisationstyp erarbeitet hat. In den letzten Jahren wurden zwar Fortschritte erzielt, jedoch ist der Bestand an Publikationen nach wie vor bescheiden und haben besondere Lehrveranstaltungen (wie z. B. der Postgraduate Lehrgang für Nonprofit-Management an der Universität Freiburg/Schweiz) immer noch Seltenheitswert. Zusammenfassend ist für NPO vermehrte Zukunfts- und Effizienzorientierung durch professionelles Management zu verlangen. Durch Management-Abstinenz verursachte Ineffizienzen können den Geldgebern und den Leistungsabnehmern (Mitgliedern, Klienten) gegenüber zunehmend weniger verantwortet werden. Dazu muß die NPO-Managementlehre ihren Beitrag leisten und konkrete, praktisch verwendbare Problemlösungshilfen bereitstellen.
III. Strukturen/Organisation: Für NPO sind die Vereinsform und die Stiftungsform typisch. Deren Grundstrukturen sind kurz zu umschreiben (vgl. Abb. "Grundstrukturen ..." ). - 1. Vereine/Verbände: Vereine werden von Mitgliedern getragen, von denen "alle Macht ausgeht". Sie bestimmen in Versammlungen über Satzungen und Grundsatzfragen, wählen die nachgeordneten Organe (Vorstand, Präsidium) und kontrollieren deren Aufgabenerfüllung (Verein). Viele Vereine sind "offen" und ständig durch zielgerichtetes Marketing um die Mehrung des Mitgliederbestandes bemüht. Es gilt, Interessenten vom Vorteil und Nutzen einer Mitgliedschaft zu überzeugen. Als Beitrittsmotiv ist die (wertrationale) Solidarität (Mitmachen aus Altruismus) tendenziell am Abnehmen begriffen. Interessenten stellen vermehrt Kosten-Nutzen-Kalküle an und sind nur dann zur Beitragsleistung bereit, wenn der Verband ihnen die erwarteten individuellen Anreize bietet (zweckrationales Denken). Ist der Nutzen zu gering, so wählt der Interessent das "Trittbrettfahren" (free-rider-position), da er von den Kollektivleistungen des Verbandes auch als Nicht-Mitglied profitiert. Allenfalls läßt er sich situativ zu Einzelaktionen motivieren, schreckt aber vor einer Mitgliedschaft mit all ihren Anforderungen zurück (typische Situation bei Gewerkschaften). Mitglieder-Vollversammlungen sind Elemente direkter Demokratie, stoßen aber bei größeren Vereinen bald an ihre Grenzen (Teilnehmerzahl, Entscheidungsfähigkeit). Bei diesen ist der Übergang zur indirekten Demokratie mit einer Delegierten-/Vertreter-/Abgeordneten-Versammlung unerläßlich. Die Wahl und Instruktion der Delegierten setzt Basis-Gruppen (als wertneutralen Begriff) voraus, also Zusammenschlüsse der Mitglieder in "überschaubaren" Regionalgruppen oder Fachgruppen. Diese etablieren sich häufig ebenfalls als Vereine, erfüllen teilweise eigene (autonome) Aufgaben und dienen für ihre Delegierten in höheren Zusammenschlußstufen (z. B. im Zentral- oder Bundesverband) als Wahlkreise und Diskussionsforen. Historisch betrachtet sind diese Basis-Gruppen häufig vor dem Zusammenschluß auf höherer Ebene entstanden, so daß der Zentralverband durch eine föderalistische Struktur mit ausgeprägtem Autonomiestreben der Basis-Gruppen gekennzeichnet ist. Dies besonders dann, wenn der Zentralverband als Verbände-Verband konstruiert ist, seine Mitglieder also die Basisgruppen (Vereine) sind, welche den Zentralverband tendenziell am kurzen Zügel halten, um nicht einer Zentralmacht unterworfen zu sein, welche permanent einen Führungsanspruch für die Gesamtorganisation anmeldet. Die gegenteilige Konstruktion beruht auf einer Mehrfach-/Verbund-Mitgliedschaft der Basis-Mitglieder im Zentralverband und in den Basis-Gruppen, so daß letztere nur regionale und/oder fachliche Untergruppen sind, ohne selber Träger des Zentralverbandes zu sein. Der Delegiertenversammlung nachgeordnet sind weitere Organe und der Verbandsbetrieb (vgl. Abbildung 1), die anschließend näher zu betrachten sind. - 2. Stiftungen: Stiftungen haben keine mitgliedschaftliche Struktur. Der Stifter setzt ein Kuratorium, einen Stiftungsrat ein, der sich in der Regel durch Kooptation (Berufung) selbst ergänzt. Viele (kleinere und größere) Stiftungen verfügen nur über einen (zentralen) Stiftungsbetrieb, welchem die Aufgabenerfüllung im Auftrage des Kuratoriums obliegt. Sind jedoch Stiftungen der Sozialarbeit gewidmet, so sind sie i. d. R. gezwungen, ihre Leistungserbringung zu dezentralisieren, um sie möglichst nahe an die "Bedürftigen" (Behinderte, Betagte etc.) heranzubringen. Dazu werden in Orten oder Regionen dezentrale Geschäftsstellen - grundsätzlich als Filialen des zentralen Stiftungsbetriebes - geschaffen. Nicht selten wird diesen Geschäftsstellen ein Ehrenamtsgremium (vom Kuratorium eingesetzt oder gewählt oder sich selbst durch Berufung ergänzend) beigegeben. Es hat oft nicht nur beratende Funktionen, sondern besitzt gegenüber der Geschäftsstellenleitung - neben der Zentrale - ein Weisungsrecht (Problem der Doppel-Unterstellung). Oft wird deshalb eine dem Kuratorium übergeordnete Stiftungsversammlung geschaffen, in welche auch Vertreter der dezentralen Ehrenamtsgremien Einsitz nehmen, die somit an den übergeordneten Stiftungsentscheiden (z. B. Leitbilder, Stiftungspolitik) partizipieren. Dank dieser Versammlung wird eine breitere Abstützung von Grundsatzbeschlüssen und eine höhere Identifikation der mit der Ausführung betreuten Gremien erzielt. - 3. Organstrukturen: Zentrale Strukturelemente in allen NPO sind ehrenamtliche Organe, welche eine wesentliche Management-/Leitungsfunktion wahrnehmen. Bei der Konstituierung und Zusammensetzung dieser Gremien besteht ein Dilemma zwischen Repräsentativität und Sachverstand/Handlungsfähigkeit. In mehrstufigen NPO mit Basisgruppen bzw. dezentralen Einheiten werden meistens satzungsmäßig nicht nur die Delegiertenversammlung, sondern auch Vorstände und Hauptausschüsse konsequent repräsentativ zusammengesetzt, weil jede Basisgruppe bzw. dezentrale Einheit unbedingt in den zentralen Organen vertreten sein will. Dies führt zu großen, schwerfälligen Gremien, in denen oft (altgediente) Repräsentanten, aber nicht zwingend Fachleute Einsitz nehmen. Trifft dies auf das hauptsächlichste Führungsorgan (Vorstand, Kuratorium/Stiftungsrat) zu, so wird versucht, diese Schwerfälligkeit durch Bildung kleinerer Präsidialausschüsse zu kompensieren. Diese dreistufige Organstruktur führt jedoch zu Kompetenzkonflikten, Schwerfälligkeiten und unklarer Verantwortlichkeit. - Aufgrund dieser Nachteile orientiert man sich in der Praxis vermehrt am Staatsmodell von Parlament und Regierung. Die zwingend repräsentativ zusammengesetzte Delegiertenversammlung, deren Mitglieder mit Vorteil für eine bestimmte Amtsdauer gewählt werden, damit sie ein Minimum an Sachverstand akkumulieren können, behält sich auch materielle Grundsatzentscheide vor, mit denen sie die Oberziele und den Handlungsrahmen für die gesamte NPO festlegt. Ihr nachgeordnet wird ein kleinerer Vorstand von sieben bis max. elf Mitgliedern, für dessen Sitze keine "obligatorischen" Ansprüche der Basisgruppen bzw. Dezentralen bestehen. Sicherlich wird eine minimale Repräsentativität zu gewährleisten sein, primär sind aber die Vorstandsmitglieder aufgrund ihrer zeitlichen Verfügbarkeit und ihres Sachverstandes bzgl. der NPO-Managementprobleme zu wählen. Gleichzeitig wird eine Gewaltentrennung so vollzogen, daß der Vorstand nicht Teil der Mitglieder-/Delegiertenversammlung ist. Dadurch wird eine saubere Kompetenz- und Verantwortlichkeits-Abgrenzung erzielt und die Versammlung mit einer klaren Kontroll-/Überwachungsfunktion ausgestattet. Kleinere Vorstände im obengenannten Sinne lassen sich mit Vorteil bei komplexen Sachfragen durch Ausschüsse/Kommissionen beraten, die meistens ebenfalls durch Ehrenamtliche besetzt werden. - 4. Entscheidungsstrukturen: Formal sind NPO hierarchisch aufgebaut. Das bedeutet, daß übergeordnete Instanzen (Organe) die nachgeordneten Instanzen durch ihre Beschlüsse lenken, durch Soll-Vorgaben deren Handeln in mehr oder weniger weitgehendem Ausmaße festlegen. Fragt man sich nun aber, wie diese Beschlüsse faktisch zustande kommen, so ist eindeutig feststellbar und sogar satzungsmäßig gefordert, daß die untergeordneten Organe die Beschlüsse vorbereiten und die übergeordneten Instanzen über das entscheiden, was ihnen die untergeordnete Stelle an Anträgen vorlegt. Die "Oben" entscheiden also über das, was die "Unten" als Entscheidungsvorbereiter in Stabsfunktion erarbeitet haben. Dies gilt in ganz ausgeprägtem Maß für den ehrenamtlichen Vorstand, welcher über die Anträge der vollamtlichen Geschäftsführung entscheiden muß. Damit sind wir bei einem weiteren zentralen Strukturproblem von NPO angelangt. Ehrenamtsträger sind von ihrem "Wesen" her bzgl. verfügbarer Zeit, Sachverstand in NPO-Problemen und Informationen gegenüber der Geschäftsführung benachteiligt. Je intensiver und abgerundeter nun die Geschäftsführung die Entscheide vorbereitet, desto weniger kann der Vorstand diese Anträge noch abändern, desto mehr hat er zu genehmigen oder allenfalls paketweise abzulehnen, was ihm die Geschäftsführung vorlegt. Dieses Phänomen ist auch in Unternehmungen und Verwaltungen als "completed staff work" bekannt. Dieser "Manipulation" kann nur dadurch begegnet werden, daß Vorstand und Geschäftsführung gemeinsam in Workshops die Eckpfeiler der Beschlüsse erarbeiten, und dadurch das Ehrenamt die Gelegenheit erhält, aufgrund möglichst "offener" Entscheidungsgrundlagen die politisch gewollten Leitlinien mitzubestimmen. Ein solches partizipatives Vorgehen setzt jedoch ein Umdenken auf Ehrenamts- und Vollamtsseite sowie völlig andere Abläufe von Vorstandssitzungen voraus. Was hier am Verhältnis zwischen Ehrenamt und Vollamt exemplifiziert wurde, gilt zum einen ebenso im Geschäftsbetrieb, wo der Geschäftsführer sich auf die Stabsarbeit seiner Abteilungsleiter und Referenten abstützen muß, wie auch im Verhältnis zwischen allen Organen. - 5. Strukturen im Geschäftsbetrieb: Diese Organisationseinheit besteht aus den vollamtlich oder teilzeitlich angestellten Mitarbeitern und der Geschäftsführung. Dem Betrieb obliegt die hauptsächliche Aufgabenerfüllung im Sinne der Vorbereitung der Organentscheide und deren Vollzug, das Erbringen von Dienstleistungen an Mitglieder oder Dritte, das Vertreten von Interessen nach außen und die Verwaltungsaufgaben für die NPO. Größere NPO-Betriebe sind in Abteilungen und/oder Referate gegliedert, die ihrerseits unter der Leitung von Führungskräften stehen. Viele NPO-Betriebe sind über die Jahre kontinuierlich gewachsen, für neue Aufgaben mußten neue Stellen geschaffen und häufig "irgendwo" in der Führungsstruktur angehängt werden, ohne daß diesem Wachstum das Modell einer optimalen SOLL-Struktur zugrunde lag. Als Folge davon finden wir in der Praxis einen Struktur-Wildwuchs, der sich insbes. durch eine allzugroße Führungsspanne (Leistungsspanne) (Zahl der Direktunterstellten) des Geschäftsführers auszeichnet. Dies führt zu einer Überlastung des Geschäftsführers, die sich häufig in einer Vernachlässigung grundlegender und zukunftsorientierter Managementaufgaben niederschlägt. Nicht selten wird diese Überlastung durch mangelnde Kompetenzübertragung an die übrigen Führungskräfte gefördert. Der Geschäftsführer kumuliert allzuviele Aufgaben und Kompetenzen in seiner Stelle, da er (fälschlicherweise) meint, nur so den ganzen Betrieb "im Griff" behalten zu können. Eine Entlastung des Geschäftsführers kann nur durch Schaffung einiger weniger Führungsbereiche (4 - 6 Abteilungen) unter der Leitung qualifizierter Führungskräfte erzielt werden. Diesen sind möglichst viele operative Kompetenzen zu übertragen. Der Geschäftsführer stützt seine Beschlüsse weitgehend auf die Stabsarbeit der Führungsbereichsleiter und die Meinungsbildung in deren Team, läßt diese sogar die von ihnen erarbeiteten Anträge in den Organen selber vertreten. Nur so gewinnt der Geschäftsführer genügend Kapazität für seine übergeordnet-vorausschauenden Managementaufgaben zurück und verfügt erst noch über ein Führungsteam von motivierten, weil weitgehend selbständig handelnden Kadermitarbeitern.
IV. Steuerung (Zielsetzung, Planung, Kontrolle): NPO haben - aufgrund "träger" Strukturen und mangelnden Marktdruckes - die Tendenz zum kurzfristigen Reagieren. Erfolgreiches Management beruht aber auch in NPO auf einer systematischen Zukunftsorientierung durch vorausschauende Problem-Früherkennung und planmäßiges Handeln. Diese schafft die Möglichkeit zum aktiven, weitgehend selbstbestimmten Agieren. Zugegebenermaßen ist nicht alles planbar. "Feuerwehrübungen" sind insbes. im Bereich der Interessenvertretung oft unerläßlich, verursacht durch die "Unberechenbarkeit" des politischen Systems. Trotzdem bleibt das "Du sollst möglichst weitreichend planen!" ein zwingendes Gebot für jeden NPO-Manager. NPO benötigen deshalb ein möglichst vollständiges System von Management-/Führungs-Instrumenten, wie es in Abb. "System der Management-Instrumente ..." schematisch dargestellt ist. Kernstück dieses Systems sind die Instrumente der Planung, beginnend bei Leitbild und NPO-Politik, die auf der nächstunteren Stufe in Konzepten (für Potentiale, Marketing/Leistungen etc.) konkretisiert werden. Diesen zeitlich weitreichenden Grundsatzaussagen folgt die Stufe der strategisch-operativen, mittel- bis längerfristigen Aktivitäts- und Schwerpunkt-Planung. Gerade diese Stufe wird in NPO stark vernachlässigt. Man verfügt bestenfalls über ein Leitbild, eine Verbands- oder Stiftungspolitik, begnügt sich aber des weiteren mit Planungen im Jahresrhythmus, mit Hauptgewicht auf den Haushaltplan (Budget). Die dazwischen klaffende Lücke müßte aber zwingend durch mittelfristig orientierte, einen Zeithorizont von drei bis fünf Jahren umfassende Planungsüberlegungen aufgefüllt werden. Nur durch das Festlegen von solchen strategisch-operativen Zielen, Aktivitätsschwerpunkten, können die Ressourcen zweckmässig zu einer bewußt gewollten Entwicklung (und Existenzsicherung) des NPO eingesetzt werden. Ein systematisches Zielsetzungs-, Planungs-, und Kontrollsystem bildet die Grundlage zu einer in NPO hervorragend geeigneten Managementtechnik: der Führung durch Zielsetzung und nach dem Ausnahmeprinzip (Management by Objectives and by Exceptions). Diese Technik geht von Vorstellungen der Wirtschafts- und Sozialkybernetik und deren Prinzipien der Steuerung und Regelung aus: Eine übergeordnete Instanz (zielsetzendes System) steuert eine nachgeordnete Instanz (Organ, Abteilung, Stelle) durch Soll-Vorgaben. Dies können Ziele, Pläne, Grobkonzepte, generelle Aufträge sein. Der nachgeordneten Instanz werden die Kompetenzen zur "selbsttätigen" und eigenverantwortlichen Zielerreichung bzw. Planerfüllung übertragen. Als Regelsystem bestimmt sie Maßnahmen und Vorgehensweisen selbst, trifft Korrekturentscheide und kontrolliert ihre Arbeitsergebnisse laufend im Hinblick auf die Soll-Vorgaben. Eine Rückkoppelung zum zielsetzenden System nimmt sie vor (a) bei Ausnahmefällen (exceptions), die ihren Kompetenzbereich überschreiten, z. B. beim "Auftauchen" unvorhergesehener Grundsatzprobleme, bei ungenügender Kapazität; (b) zur periodischen Berichterstattung, um der übergeordneten Instanz eine Fortschritts- und schließlich eine Ergebniskontrolle zu ermöglichen. Management by objectives and by Exceptions praktizieren heißt nun für NPO ganz klar: übergeordnete Instanzen sollen sich auf die Festlegung von Soll-Vorgaben und eine Fortschritts-/Ergebniskontrolle beschränken und die Realisierung der Vorgaben an die untergeordnete Instanz delegieren (Delegation). Dies gilt in besonderem Maße für die ehrenamtlichen Organe (Vorstand). Deren Zeit und Informationsstand sind bekanntlich begrenzt. In dieser Begrenzung müssen die Organe das Wesentliche tun. Das Wesentliche aber sind die Ziele, Grundsätze, Vorgaben, welche den Rahmen der Geschäftsführung für das selbständig-operative Handeln festlegen. Dabei kommt als Kernelement von Management by Objectives and Exceptions die Partizipation hinzu. Die Vorgaben sollen von Vorstand und Geschäftsführung gemeinsam erarbeitet und vereinbart werden (Zielvereinbarung), was wiederum in den obengenannten workshopartigen Sitzungen erfolgt. Dieses "gleichgewichtige" Zusammenwirken von Ehrenamt und Vollamt mäßigt das Stab-Linien-Problem (Stab-Linienorganisation) und ermöglicht der Ehrenamtsseite ein materielles Mitprägen der Steuerungsentscheide im Rahmen der Planung, eine Entlastung von operativen Details und eine an Fortschritten und Ergebnissen orientierte Kontrolle. Die Geschäftsführung ihrerseits verfügt über die Handlungsspielräume, um ihr professionelles Know-how operativ voll einsetzen zu können. Aber auch sie muß sich für ihre wichtigen Funktionen freispielen. Management by Objectives and Exceptions soll deshalb auch in der Führung der Referate und Abteilungen zum Tragen kommen.
V. Marketing: Nonprofit- oder Non-Business-Marketing (Nonprofit-Management V) hat begrifflich und konzeptionell von Business-Marketing (Marketing) auszugehen, bedarf aber beträchtlicher Erweiterungen und Anpassungen, um zu einer NPO-tauglichen Management-Konzeption zu werden. Begrifflich kann NPO-Marketing als Gestaltung der Leistungen und Leistungsabgabe (im Outputbereich) plus Kommunikationsgestaltung im Input-, Innen- und Output-Bereich umschrieben werden. Marketing erstreckt sich - durch die kommunikative Dimension - nicht nur auf den Leistungsabgabe-, sondern auch auf den Beschaffungs- und den Innenbereich. Zudem hat NPO-Marketing mindestens teilweise unter sog. Nicht-Markt-Bedingungen stattzufinden (kein marktmäßiger Tausch Güter gegen Geld) und unterliegt der internen systempolitischen (demokratischen) und der (staats-)politischen Steuerung, da keine Außen-Marktsteuerung greift. In diesem umfassenden Sinne wird Marketing zum "Management von Austausch-/Transaktions-Beziehungen" schlechthin. Der Marktbegriff weitet sich nun auf Adressaten, Zielgruppen, Austauschpartner aus, auf deren Bedürfnisse, Erwartungen und Wahrnehmungsfähigkeiten die NPO ihre Leistungen und ihre Kommunikation ausrichtet. Die allgemeine Marketing-Philosophie gilt demnach auch bei NPO: Sie fordert eine konsequente Außenorientierung und Dienstleistungsgesinnung als "Quelle" und "Richtgröße" der systematischen Marketing-Aktivitäten. Gerade NPO tendieren zu einer "innenzentrierten" Produktions-Orientierung bis hin zu einer ausgeprägten "Beschäftigung mit sich selbst". Durch die Marketing-Grundhaltung sollen diese enge Sicht aufgebrochen und die Austauschpartner ins Zentrum des Managements gerückt werden. - Das Marketing-Konzept umfaßt die Gesamtpositionierung der NPO. Mittels eines Eigenschaftsprofiles wird die NPO in ihren Grundzügen charakterisiert, wird ihr Selbstverständnis bzgl. ihrer Ziele, ihres Handelns und Leistens so festgelegt, daß sie ein möglichst klares und unverwechselbares "Profil" erhält. Damit situiert sich die NPO präzise in ihrem Umfeld und grenzt sich insbes. gegenüber Konkurrenz- oder "Parallel"-Organisationen ab. Die Positionierung ist Grundlage für CI (Corporate Identity) und COOPI (Cooperative Identity), die ihrerseits die Marketing-Aktivitäten in allen Marketing-Einsatzbereichen vorprägen. - In der Marketing-Planung werden einzelne Einsatzbereiche bzw. Leistungen mittel- oder kurzfristig in Einzelheiten geplant. Diese Planung umfaßt folgende Sequenz: (1) Informations-Beschaffung; (2) Zielfestlegung; (3) Marketing-Segmentierung, Festlegen der Ziel-/Adressatengruppen; (4) Marketing-Austauschsysteme; (5) Positionierung des Angebotes im festgelegten Einsatz-/Leistungsbereich; (6) Bestimmung des Marketing-Mix; (Zu den "klassischen" 4 P (Product, Price, Promotion, Place) kommen für NPO die drei zusätzlichen Marketing-Instrumente: Public Relations, Politics (Lobbying) und Anreiz-Beitrags-Elemente hinzu); (7) Organisation; (8) Budget; (9) Kontrolle. Die Abb. "Nonprofit-(Non-Business-)Marketing ..." zeigt einen Überblick über Dimensionen und Inhalte des NPO-Marketing. Es können hier nur einige Besonderheiten der Einsatzbereiche herausgegriffen und kurz kommentiert werden. - Im Beschaffungs-/Input-Bereich leistet das Marketing teils kommunikative Unterstützungsfunktion (z. B. Personalmarketing), teils "beherrscht" es ganze Bereiche im Sinne "angepaßter" Werbemethoden (z. B. fund raising). Beschaffungserfolge hängen weitgehend vom Image der NPO ab, von ihrer Attraktivität, die sie durch ihre Corporate Identity, durch ihre Leistungen und Verhaltensweisen gewinnt. Dies gilt insbes. auch für die Rekrutierung neuer Mitglieder, die vom Nutzen eines Verbandsbeitrittes überzeugt werden müssen. - Marketing im Innenbereich: In Verbänden - aber auch in dezentralisierten Stiftungen - gewinnen Marketing-Aktivitäten im Innenbereich eine große Bedeutung. Die Mitglieder müssen zur Leistung von Mitarbeit, zum Liefern von Informationen, zur Akzeptanz von Beitragserhöhungen motiviert werden. Zudem erwarten sie vom Verband periodisch Informationen über die Zeitschrift, Rundschreiben, Jahresberichte etc. In mehrstufigen NPO verlangt die Durchsetzung der Corporate Identity, von Marketing- und PR-Konzepten bis hinab an die Basis besondere Anstrengungen und Koordinationsmethoden (Marketing-Transfer). - Der Output- bzw. Leistungsbereich ist auch in der NPO das Haupteinsatzfeld vom M. Am unternehmungsähnlichsten ist zweifellos das Dienstleistungsmarketing, welches sich gegenüber Mitgliedern teils anders gestaltet als gegenüber Dritten oder Klienten. Beiden Einsatzbereichen ist gemeinsam der Individual-Charakter der Dienstleistung, das Bestehen von Konkurrenzanbietern und das Problem der Entgeltgestaltung (vom Vollkosten-deckenden Preis über Teilkosten-deckende Gebühren bis hin zur unentgeltlichen Abgabe). Im Dienstleistungsbereich verfügen NPO über weitgehende Handlungsspielräume, in denen v. a. ihre Profilierungsmöglichkeit liegt, wenn es ihnen gelingt, attraktive bis sogar exklusive Leistungen anzubieten, was hohe Kreativität, fundierte Marktkenntnisse und professionelle "Verkaufs-"Methoden voraussetzt. Die Interessenvertretung ist eine vielfältige Aufgabe. Je nach Adressatenkreis sind unterschiedliche Methoden anzuwenden, setzt die Produktgestaltung eine je spezifische "Produktionstheorie" voraus. Dies gilt insbes. beim Collective Bargaining (Verhandlungen und Abmachungen zwischen NPO, z. B. Tarifverträge) und bei der Lobby (Beeinflussung des politischen Systems mit Behörden und Parlamentariern). Wie bei Unternehmungen kommt auch in den NPO der Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) eine tragende Rolle zu. Gerade NPO sind in hohem Maße der öffentlichen Aufmerksamkeit ausgesetzt (z. B. Wirtschafts- und Wohlfahrtsverbände), was sie dazu zwingt, möglichst konstruktiv-kontinuierliche Beziehungen zu den Medien aufrechtzuerhalten, die im Bedarfsfall aktiviert werden können. Social Marketing betreiben insbes. Sozialinstitutionen dann, wenn sie - im Interesse ihrer Klienten - mittels Kommunikationsmethoden positive Einstellungen und Verhaltensweisen bei breiteren Bevölkerungskreisen bewirken wollen (z. B. Verständnis/Akzeptanz für Behinderte und deren Integration in die Gesellschaft).
VI. Finanzierung: 1. Die typische, traditionelle Finanzierung der NPO-Aktivitäten erfolgt in Vereinen über Mitgliederbeiträge und in Stiftungen über die Erträge des Stiftungskapitals. Je nach Zielsetzung, Größe und Leistungsangebot der NPO haben aber diese Finanzmittel eine sehr unterschiedliche Bedeutung. Kleinere Gewerkschaften leben fast ausschließlich von Beiträgen, während Wirtschaftsverbände (z. B. in der Schweiz) bis zu 80% ihrer Kosten durch Dienstleistungserträge und staatliche Subventionen decken. Auch aktive Stiftungen sind längst ihren Kapitalerträgen entwachsen und beschaffen sich einen Großteil ihrer Gelder über das fund raising, d. h. die Gewinnung von Spenden, Gaben, Legaten etc., bei breiten Bevölkerungskreisen. Zudem sind Wirtschaftsverbände bekannt, die sich über Jahrzehnte ein Vermögen angespart haben, dessen Zinserträge ihnen praktisch die Finanzierung der gesamten Fixkosten (Personal, Organe, Mieten etc.) ermöglicht. Auszugehen ist deshalb für jede NPO von einem theoretischen Finanzierungs"Mix" mit den Elementen Preis-/Gebühren-, Beitrags-, Zuschuß-, Spenden- und Kapitalertrags-Finanzierung, wobei für jede NPO diese Elemente unterschiedliche Gewichtung haben oder teils gänzlich entfallen. - 2. Die Preis-/Gebühren-Finanzierung erfolgt bei individuellen Dienstleistungen. Gebühren werden zur Deckung von Zusatzkosten angesetzt, die Infrastrukturkosten (z. B. NPO-Personal) aus anderen Quellen finanziert (z. B. vom Verband organisierte Tagung). Insbes. in Deutschland sind die NPO jedoch aus steuerrechtlichen Gründen gezwungen, diese einträglichen Geschäfte aus dem ordentlichen NPO-Haushalt auszugliedern, sei es in ein NPO-internes Profit Center oder in eine speziell dafür gegründete, der NPO gehörende Gesellschaft (GmbH, AG). Die managementmäßige Integration dieser sog. angeschlossenen NPO-Betriebe in die Gesamtorganisation bietet ähnliche Schwierigkeiten wie diejenige von Basis-Gruppen (Autonomiestreben, mangelnde Corporate Identity). - 3. Mitgliederbeitrags-Systeme sollen gerecht, ergiebig, transparent und akzeptiert sein. In Personenvereinen schafft höchstens die Höhe des Pro-Kopf-Beitrages (für alle gleich) Probleme. Schwierigkeiten gibt es jedoch bei der Differenzierung der Beiträge nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mitglieder (Leistungsfähigkeitsprinzip). Diese beruht auf dem Grundsatz der Solidarität, indem der Leistungsfähige mehr Beiträge leistet als der wirtschaftlich Schwächere, ohne aber eine höhere Gegenleistung zu erhalten. Hauptprobleme sind dabei die Bestimmung der Beitragsbemessungs-Grundlage (Einkommen, Gewinn, Umsatz etc.), die Gestaltung des Beitragstarifs (Promillesatz, Stufen etc.) sowie die Festlegung von Minimal- und Maximalbeiträgen. - 4. Die Zuschußfinanzierung (Subvention) erfolgt entweder zweckgebunden (für bestimmte Aufgaben, Leistungen) oder wird der NPO generell (für ihre Aktivitäten im öffentlichen Interesse) zur Verfügung gestellt. Subventionen werden insbes. für Aufgaben zugesprochen, welche die NPO im Auftrag des Staates erfüllt, oder welche der Staat der privaten NPO überläßt, an der er aber ein öffentliches Interesse anerkennt. Dieser parastaatlichen Aufgabenerfüllung wird oft höhere Effizienz und zweckmäßige Staatsentlastung zugesprochen. Subventionierte NPO unterliegen i. d. R. einer staatlichen Haushaltskontrolle. Die über Fund-Raising-Methoden angestrebte Spendenfinanzierung ist bei vielen Sozial- und Hilfswerken die wichtigste Einnahmequelle. Die Konkurrenz auf den Spendenmärkten wird zunehmend härter, was die NPO zu immer professionelleren Methoden zwingt. So hat z. B. das direct mailing zu einer Flut von "Bettelbriefen" geführt, so daß die NPO sich mit allen Mitteln profilieren und den Spender mit immer neuen Appellen ansprechen müssen, um ihren Marktanteil auch nur halten zu können (was insbes. in Rezessionszeiten ein hartes Geschäft ist).
Literatur: Blümle, E.-B., Führung in Verbänden, in: Kieser/Reber/Wunderer (Hrsg.), Handwörterbuch der Führung, 1987, Sp. 2004-2015; Grochla, E., Betriebsverband und Verbandsbetrieb, 1959; Kotler, Ph., Marketing für Nonprofit-Organisationen; Purtschert, R., Marketing und Nonprofit-Organisationen, Habil. Uni Fribourg/Schweiz, 1983; Schwarz, P., Erfolgsorientiertes Verbandsmanagement, 1984; Schwarz, P., Management in Nonprofit-Organisationen, 1992.

 

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