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Stadtplanung

1. Begriff: Zweckgerichtete, staatliche Einflußnahme auf die räumliche Ordnung und Gestaltung der gesellschaftlichen Organisation im Hoheitsgebiet einer Kommune (Stadt). Stadtplanung ist keine rein technisch-städtebauliche Disziplin, sondern Teil einer umfassenden politischen Gesellschaftsplanung. Ihre Ziele und Mittel ergeben sich aus der jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Verfassung. Die moderne Stadtplanung reguliert die Konkurrenz der privaten Standortentscheidungen und Bodennutzungsinteressen und deren soziale und ökonomische Wirkungen mit dem Ziel der Beförderung des Allgemeinwohls. Dazu nimmt die kommunale Planung Einfluß auf die private Nutzung von Grund und Boden zur Sicherung der Funktionalität des Produktionsfaktors Boden hinsichtlich Nutzbarkeit, Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Ausstattung und Zuordnung. - 2. Aufgabenbereiche: a) Festsetzung der langfristig gewünschten und mittelfristig zulässigen Flächennutzung; b) Bereitstellung von Transport- und technischen Ver- und Entsorgungssystemen sowie öffentlichen sozialen Infrastrukturen (z. B. Schulen) zur Erschließung und Inwertsetzung der Flächennutzungen (kommunale Infrastrukturplanung); c) Kontrolle und Steuerung des Bauens durch Festsetzung von Baudichten und Bauweisen. - 3. Geschichte: Die moderne Stadtplanung beginnt mit der Durchsetzung des privaten Grundeigentums zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie hat zunächst vorrangig Ordnungsfunktionen in der Überwachung der baulichen Sicherheit und von feuer- und gesundheitspolizeilichen Regelungen (Baupolizeiordnungen). Mit wachsendem Verstädterungsprozeß und chaotischer privater infrastruktureller Erschließung werden ab 1850 Bebauungs- und Fluchtlinienpläne zur Sicherung der Transport- und technischen Infrastrukturerschließung eingesetzt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts werden im Zusammenhang mit der sozialen Frage und der Definition der Daseinsvorsorge als Aufgabe kommunalen Handelns die Eingriffe in das Grundeigentum intensiviert über Nutzungsfestlegungen durch Zonen- und Staffelbauordnungen. In den großen Städten werden erste Stadtplanungsämter eingerichtet. Zugleich gibt es Bestrebungen, Gesamtkonzepte für die räumliche Ordnung der Stadt bzw. Stadterweiterungen zu formulieren (z. B. Howard's Gartenstadtmodell) und städtebauliche Gestaltungsfragen einzubeziehen ("Stadtbaukunst"). In den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts liegen die Anfänge einer überörtlichen Regionalplanung sowie der rechtlichen Fixierung von gesamtstädtischen "Flächenaufteilungsplänen", den Vorläufern der heutigen Flächennutzungspläne. Neue, bis in die achtziger Jahre wirkende, städtebauliche Konzepte der "Nachbarschaftseinheit" und der räumlichen Trennung der Nutzungen ("Charta von Athen", 1933) werden ebenfalls in dieser Zeit entwickelt. In den sechziger Jahren vollzieht sich der Übergang von der bis dahin betriebenen, auf absehbare Entwicklungen vorsorglich reagierenden "Auffangplanung" zur zielbewußten Steuerung durch "Entwicklungsplanung". Die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten werden durch Planungsgebote erweitert, durch die Koordinierung von kommunaler Investitions- und räumlicher Entwicklungsplanung effektiver gestaltet und durch die Institutionalisierung einer Bürgerbeteiligung beschleunigt. Die damit einhergehende, rechtlich-organisatorische Kompliziertheit des Planungsverfahrens wird in den achtziger Jahren mit dem Umschwung zu einer bestandsbewahrenden, erhaltenden Planung wieder vereinfacht, an die Stelle einer integrierten sozio-ökonomischen Entwicklungsplanung tritt die "pragmatische", inkrementelle Stadtplanung - 4. Instrumente in der Bundesrep. D: a) Rechtliche Instrumente: Zentrales Instrument ist das Baugesetzbuch, das die Bauleitplanung, Bodenordnung, Enteignung, Erschließung, den Erlaß bestimmter Bau-, Modernisierungs- u. a. Gebote und die Durchführung von Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen regelt, ergänzt durch Verordnungen wie z. B. Baunutzungs- und Wertermittlungsverordnung; daneben bilden gesetzliche Regelungen für sektorale Planungen (z. B. Verkehr, Natur-, Immissionsschutz), Landesbauordnungen und kommunale Satzungen (z. B. Gestaltungssatzungen) weitere Rechtsgrundlagen. b) Materielle Instrumente: Erstellung von Infrastrukturanlagen. c) Finanzielle Instrumente: Gebühren für die Bereitstellung und den Betrieb von Infrastrukturanlagen und Diensten sowie Förderung des sozialen Wohnungsbaus, der Altbaumodernisierung etc.; auf diese finanziellen Anreizmittel hat die Stadtplanung i. d. R. keinen direkten Einfluß. d) Informative Instrumente: Pläne und Konzepte zur Steuerung des Verhaltens privater Investoren und zur verwaltungsinternen Koordination; teils sind Pläne rechtlich vorgeschrieben (so die beiden Planarten der Bauleitplanung, der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan), teils rechtlich zugelassen (z. B. Stadtentwicklungspläne, sektorale Pläne wie Generalverkehrsplan), teils informeller Natur (z. B. Stadtteilentwicklungspläne). - 5. Organisation der St.: a) Planende Verwaltung: Die Zuständigkeiten verteilen sich auf eine Reihe von Ämtern der Bauverwaltung wie auch anderer kommunaler Teilverwaltungen; besondere Stadtplanungsämter als Teil der Bauverwaltung gibt es nur in größeren Städten. b) Andere Planungsträger: übergeordnete Bundes- und Landesbehörden sowie eine Vielzahl halböffentlicher und privater Institutionen ("Träger öffentlicher Belange"). c) Politische Gremien: Entscheidungen über die Bauleitplanung, Ortssatzungen und kommunalen Investitionen trifft der Stadt- bzw. Gemeinderat; in einigen Städten haben Orts- bzw. Bezirksbeiräte ein Mitentscheidungsrecht. d) Institutionalisierte Bürgerbeteiligung: seit dem Städtebauförderungsgesetz von 1971 gesetzlich vorgesehene und regulierte formale Mitwirkung planungsbetroffener Bürger.

 

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