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Direktversicherung

I. Charakterisierung: 1. Begriff: Lebensversicherungsvertrag (Lebensversicherung) zwischen dem Arbeitgeber (Versicherungsnehmer) und der Versicherungsgesellschaft zugunsten des Arbeitnehmers (bzw. nach § 17 BetrAVG gleichgestellten Personen; vgl. auch Betriebsrentengesetz (BetrAVG)) und/oder dessen Hinterbliebenen. - 2. Charakterisierung des Versicherungsverhältnisses: Versicherte Person ist der Arbeitnehmer. Die Begünstigung (Bezugsberechtigung) des Arbeitnehmers und/oder der Hinterbliebenen kann widerruflich oder unwiderruflich sein. Der Arbeitgeber behält die Gestaltungsrechte und ist zur Zahlung der Prämien verpflichtet; der Arbeitnehmer kann an der Prämienzahlung beteiligt werden, insoweit ist die Versicherung jedoch als Eigenvorsorge des Arbeitnehmers anzusehen (v. a. im Rahmen der steuerlichen Behandlung; eine Ausnahme bildet nur die Barlohnumwandlung, vgl. V). - Ist der Arbeitnehmer der Versicherungsnehmer und der Arbeitgeber nur der Prämienzahler, so handelt es sich zwar um eine Zukunftssicherungsaufwendung für den Arbeitnehmer, jedoch nicht um eine Direktversicherung i. S. des BetrAVG; solche Versicherungen werden bisweilen fälschlich als "unechte" Direktversicherung bezeichnet. - 3. Von dem Versicherungsvertrag zwischen Unternehmen und Versicherungsgesellschaft zu trennen ist das arbeitsrechtliche Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Versicherungszusage).
II. Mitbestimmungsrecht: Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist entsprechend dem Mitbestimmungsrecht bei der Direktzusage (betriebliche Ruhegeldverpflichtung I).
III. Steuerliche Behandlung/Sozialversicherungspflicht: 1. Beim Arbeitnehmer: a) Vor Fälligkeit: Die Prämien sind grundsätzlich Arbeitslohn. Sie sind beim Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig und im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenzen sozialversicherungspflichtig. Der lohnsteuerpflichtige Teil kann ggf. vom Arbeitnehmer im Rahmen der für ihn maßgebenden Höchstbeträge als Vorsorgeaufwendung geltend gemacht werden. Der Arbeitgeber kann ab 1996 die Beiträge zur Direktversicherung bis zu einer Höhe von 3.408 DM mit einem Steuersatz von 20% pauschal versteuern (§ 40 b EStG). In diesem Fall ist der Arbeitgeber Schuldner der pauschalen Lohnsteuer. Soweit die Beiträge zur Direktversicherung pauschal versteuert werden, gehören sie nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsengelt. Im Rahmen der Vermögensteuer (Vermögensteuer I a) gehören Direktversicherung ohne Rücksicht auf die Art der Bezugsberechtigung zum sonstigen Vermögen des Arbeitnehmers. Rentenversicherungen sind von der Vermögensteuer befreit. Kapitalversicherungen zählen nur mit der Summe der effektiv gezahlten Prämien oder dem Rückkaufswert zum sonstigen Vermögen, soweit die gegebenen Freibeträge überschritten werden. - b) Nach Eintritt des Versicherungsfalles: Kapitalleistungen fließen dem Arbeitnehmer bzw. den Hinterbliebenen üblicherweise lohnsteuer- bzw. einkommensteuerfrei zu. Lediglich dann, wenn eine nach dem 31. 12. 73 abgeschlossene Direktversicherung nicht den Anforderungen des § 10 I Nr. 2 EStG (Voraussetzung, um als Vorsorgeaufwendung zu gelten) entspricht, unterliegen die in der Versicherungsleistung enthaltenen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen der Kapitalertragsteuer (sie sind Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 20 EStG). Rentenleistungen sind stets mit dem Ertragsanteil Einnahmen im Rahmen der sonstigen Einkünfte, § 22 Nr. 1 EStG (Rentenbesteuerung). Fließen die Leistungen dem Arbeitnehmer selbst zu, so gehören sie nicht zum erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb, fließen sie den Hinterbliebenen zu, nur insoweit, wie sie die Angemessenheit überschreiten. - 2. Beim Arbeitgeber: a) Vor Fälligkeit: Prämien sind abzugsfähige Betriebsausgaben. Im übrigen sind zwei Wege zu unterscheiden: Wird der Arbeitnehmer mit der Lohnsteuer belastet, führt das beim Arbeitgeber - soweit das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers die Beitragsbemessungsgrenzen noch nicht überschreitet - zu entsprechend höheren Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung. Übernimmt dagegen der Arbeitgeber die durch die Direktversicherung veranlaßte Lohnsteuer, kann er auch diesen Betrag als Betriebsausgaben geltend machen. Nutzt er in diesem Zusammenhang die Vorteile der Pauschalierung der Lohnsteuer gem. § 40 b EStG, mindert sich nicht nur die Steuerlast, darüber hinaus sind grundsätzlich gem. Arbeitsentgeltverordnung die pauschal versteuerten Direktversicherungsprämien kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt. In der Ertragsteuerbilanz des Arbeitgebers keine Aktivierung der Versicherung solange und soweit der Arbeitnehmer und/oder seine Hinterbliebenen begünstigt sind. Das gilt sogar dann, wenn der Arbeitgeber den Versicherungsanspruch abgetreten oder beliehen hat, sofern er sich schriftlich verpflichtet, den Bezugsberechtigten bei Eintritt des Versicherungsfalles so zu stellen, als ob die Abtretung oder Beleihung nicht erfolgt wäre (§ 4 b EStG). Direktversicherung gehören nicht zum Betriebsvermögen, somit entfällt jede Substanzsteuerbelastung dieser Art. - b) Bei Fälligkeit: Fließen die Leistungen dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen zu, hat das für den Arbeitgeber keine steuerliche Wirkung.
IV. Vor- und Nachteile: 1. Vorteile: Das Versicherungswagnis wird von der Versicherungsgesellschaft getragen. Bei entsprechender Vertragsgestaltung kann durch die versicherungsrechtliche Regelung das evtl. mit der Unverfallbarkeit zusammenhängende Nachfinanzierungsrisiko ausgeschlossen werden (Betriebsrentengesetz (BetrAVG) II 1). Altersversorgung ohne Beitragspflicht beim PSVaG ist möglich (Betriebsrentengesetz (BetrAVG) II 5), und zwar ohne Verlustrisiko für den Versorgungsanwärter. Außerdem entfallen für den Arbeitgeber Gutachten und Bilanzierungsprobleme. Er kann seine Lasten auf die Beitragszahlung während der Zeit der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers beschränken. Aus diesen Gründen eignet sich die Direktversicherung insbes. für kleinere Unternehmen. Sie ist aber auch in größeren Unternehmen verbreitet, da Versicherungsverträge den individuellen Bedürfnissen leitender Angestellter oder einzelner Personen angepaßt werden können. Ferner kann die Versicherung beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers aus dem Unternehmen leicht übertragen werden. Der neue Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer selbst kann sie dann weiterführen. Darüber hinaus bietet die steuerliche Wirkung der Direktversicherung Vorteile. Kapitalleistungen kann der Arbeitgeber durch die Möglichkeit der Pauschalierung der Lohnsteuer dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen ohne bzw. ohne wesentlichen Mehraufwand lohnsteuerfrei (sowohl während der Anwartschaft als auch bei Fälligkeit und Auszahlung) zukommen lassen. Die Direktversicherung eignet sich daher insbes. für Kapitalversprechen. Dieses Vorteils wegen steht sie in mehrstufigen Systemen häufig neben Pensionszusagen (vgl. betriebliche Altersversorgung II). - 2. Nachteile: Das Vermögen zur Sicherstellung der Versorgungsansprüche wird beim Versicherungsunternehmen angesammelt (Liquiditätseinbuße für das Unternehmen). Es darf aber nicht übersehen werden, daß durch die Möglichkeit eines zinspflichtigen Policendarlehens eine ständige Finanzierungsreserve vorhanden ist. Außerdem können Direktversicherungsprämien, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer (grundsätzlich im Rahmen der Pauschalierung der Lohnsteuer) nicht trägt, den Arbeitnehmer außerordentlich belasten; sie sind nämlich bereits während der Anwartschaftszeit lohnsteuer- und sozialabgabenpflichtiger Arbeitsentgelt (im Gegensatz zu betrieblichen Ruhegeldverpflichtungen).
V. Direktversicherung gegen Barlohnkürzung (Barlohnumwandlung, Barlohnersetzung, Gehaltsumwandlung): 1. Wesen: Der Unterschied zu den geschilderten Direktversicherung besteht darin, daß der Arbeitgeber auf Veranlassung des Arbeitnehmers Barlohn in Versicherungslohn umwandelt und die Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 b EStG nutzt (Pauschalierungsgrenze: 3.408 DM). Verpflichtet ist der Arbeitgeber dazu grundsätzlich nicht. Durch die Kürzung des Barlohns spart der Arbeitnehmer einerseits die mit dem Kürzungsbetrag verbundene Lohnsteuer in Höhe des für ihn maßgeblichen Spitzensteuersatzes. Verwendet der Arbeitnehmer für die Barlohnumwandlung keine laufenden Bezüge, sondern Einmalzahlungen (z. B. Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgeld und 13. Gehalt), fallen, insoweit wie das Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherung noch nicht erreicht, auch die entsprechenden Beitragsanteile zur Sozialversicherung weg. Andererseits belastet jedoch der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit dem Direktversicherungsbeitrag und meistens auch mit der vom Arbeitgeber abgeführten pauschalen Lohn- und Kirchensteuer. Der Vorteil für den Arbeitnehmer liegt darin, daß die Steuerbelastung des Barlohns grundsätzlich wesentlich höher ist als die pauschale Lohn- und Kirchensteuer (20% der Versicherungsprämie als pauschale Lohnsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. (pauschale) Kirchensteuer) pauschal: meistens nur 7% der pauschalen Lohnsteuer. Diese Differenz führt zu einer beträchtlichen Minderung des effektiven Prämienaufwandes für die Lebensversicherung. - 2. Anwendung: a) Wenn der Arbeitgeber nicht oder noch nicht zur Finanzierung einer betrieblichen Altersversorgung bereit ist. - b) Es besteht nur eine betriebliche Altersversorgung in Form von Direktzusagen (betriebliche Ruhegeldverpflichtungen) und/oder Unterstützungskassen. - c) Die Höchstbeträge für die Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 b EStG sind mit Direktversicherungsprämien und/oder Zuwendungen zur Pensionskasse noch nicht ausgeschöpft. In jedem Fall muß jedoch der Arbeitgeber zu einer entsprechenden Vereinbarung bereit sein. Wenn er die pauschale Lohn- und Kirchensteuer auf die Arbeitnehmer abwälzt, ist er bei klaren arbeitsrechtlichen Vereinbarungen und sachgemäßer Gestaltung der Barlohnumwandlung nur mit den Kosten der Abwicklung belastet. - 3. Probleme können sich ergeben bei Umwandlung von Barlohn in Rentenversicherungen (durch die Anpassungsprüfungspflicht, vgl. Betriebsrentengesetz (BetrAVG) II 4). - 4. Hinweise: Dem Arbeitnehmer ist bei Barlohnumwandlung stets ein unwiderrufliches Bezugsrecht (Bezugsberechtigung) einzuräumen. Besonders geeignet für die Umwandlung sind Sonderzahlungen (z. B. 13. Monatsgehalt).

 

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