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Organschaft

I. Begriff: Rechtliches und tatsächliches Unterordnungsverhältnis aufgrund der Eingliederung einer oder mehrerer rechtlich selbständiger, wirtschaftlich aber unselbständiger Kapitalgesellschaften (Organgesellschaft) in ein übergeordnetes Unternehmen (Organträger). Die Organschaft wird in manchen Teilen des Steuerrechts völlig unbeachtet gelassen; so stellt die Vermögensteuer (Vermögensteuer I a) allein auf die rechtliche Selbständigkeit ab. Anders bei der Umsatzsteuer, der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer.
II. Umsatzsteuer: 1. Rechtsgrundlagen: § 2 II Nr. 2 UStG, Abschnitt 21 UStR. - 2. Voraussetzungen: a) Organgesellschaft ist juristische Person (insbes. Kapitalgesellschaft). b) Organträger kann jeder inländische Unternehmer i. S. d. § 2 I UStG sein. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als Unternehmer. c) Die Organgesellschaft ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert: (1) Eine finanzielle Eingliederung ist gegeben, wenn der Organträger an der Organgesellschaft - ggf. auch mittelbar - zu mehr als 50% beteiligt ist. (2) Wirtschaftliche Eingliederung bedeutet, daß die Organgesellschaft gem. dem Willen des Unternehmers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem, es fördernd und ergänzend, wirtschaftlich tätig ist. (3) Die organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, daß in der Organgesellschaft sein Wille auch tatsächlich ausgeführt wird, wie dies z. B. bei Personalunion der Geschäftsführer in beiden Gesellschaften der Fall ist. (4) Maßgebend ist das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse; deshalb kann eine Organschaft auch vorliegen, wenn die Eingliederung auf einem dieser Gebiete nicht ganz vollständig, aber auf den anderen Gebieten um so eindeutiger ist. - 3. Rechtsfolgen: Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen inländischen Unternehmensteilen beschränkt. Die in dem Organkreis zusammengeschlossenen inländischen Unternehmensteilen sind als ein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG zu behandeln. Umsätze innerhalb der Organschaft sind daher als reine Innenumsätze nicht steuerbar. - Steuerschuldner ist allein der Organträger, der auch Voranmeldungen und Jahreserklärungen - für den Organkreis - abzugeben hat.
III. Gewerbesteuer: 1. Rechtsgrundlagen: § 2 II GewStG, Abschnitt 17 GewStR. - 2. Voraussetzungen: a) Organgesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft. b) Organträger kann jedes inländische gewerbliche Unternehmen oder die inländische Betriebstätte eines ausländischen gewerblichen Unternehmens sein. c) Die Organgesellschaft ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert. Die entsprechenden Ausführungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft sind weitgehend auf das Gebiet der Gewerbesteuer übertragbar. Eine wesentliche Abweichung besteht darin, daß der Organträger bei der gewerbesteuerlichen Organschaft zwingend einen nach außen in Erscheinung tretenden Gewerbebetrieb unterhält, während dies für die umsatzsteuerliche Organschaft unerheblich ist. - 3. Rechtsfolgen: Die Organgesellschaft gilt als Betriebstätte des Organträgers. Dies führt jedoch nicht zur Annahme einer steuerlichen Einheit: Der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital sind vielmehr für den Organträger und für die Organgesellschaft(en) getrennt zu ermitteln, das Ergebnis der Organgesellschaft(en) dem Organträger zuzurechnen. Zur Vermeidung doppelter steuerlicher Belastungen unterbleiben alle Hinzurechnungen nach §§ 8, 12 II GewStG, soweit die dort genannten Beträge bereits in einem der zusammenzurechnenden Gewerbeerträge erhalten sind.
IV. Körperschaftsteuer: 1. Rechtsgrundlagen: §§ 14-19 KStG, Abschnitte 48-65 KStR. - 2. Voraussetzungen: a) Organgesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland. b) Organträger ist ein inländisches gewerbliches Unternehmen i. S. d. § 2 GewStG. Damit kann Organträger eine unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person oder eine nicht steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. § 1 KStG mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland oder eine Personengesellschaft i. S. d. § 15 I e EStG mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein. c) Die Organgesellschaft ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert. Diese Voraussetzung ist identisch mit der entsprechenden gewerbesteuerlichen Regelung (vgl. oben, III 2c)). d) Die Organgesellschaft hat sich durch einen Gewinnabführungsvertrag i. S. d. § 291 AktG (bei einer GmbH als Organgesellschaft sind die Voraussetzungen des § 17 KStG zu erfüllen) verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an den Organträger abzuführen. Der Gewinnabführungsvertrag muß auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während dieser Zeit durchgeführt werden. e) Die Organgesellschaft darf Beträge aus dem Jahresüberschuß nur insoweit in freie Rücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist. - 2. Rechtsfolgen: a) Das Einkommen der Organgesellschaft ist nach den allgemein geltenden körperschaftsteuerlichen Regeln so zu ermitteln, als handele es sich bei ihr um eine nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich selbständige Kapitalgesellschaft. Das in dieser Weise festgestellte Einkommen ist aber nicht bei der Organgesellschaft zu versteuern, sondern dem Organträger zuzurechnen. Das Organ-Einkommen bildet danach einen Teil der Steuerbemessungsgrundlage für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Organträgers. Insbes. ist keine Ausschüttungsbelastung herzustellen. - Ausnahmen gelten für einen Verlustabzug nach § 10 d EStG und ein etwaiges internationales Schachtelprivileg sowie bzgl. der Anwendung des § 8 b I und II KStG. Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre und die dazugehörende Ausschüttungsbelastung sind nicht in die Einkommenszurechnung an den Organträger einzubeziehen. b) Ist Organträger eine Kapitalgesellschaft, so sind die ihr zuzurechnenden Vermögensmehrungen der Organgesellschaft (vor Berücksichtigung der Gewinnabführung) zur Ermittlung der Teilbeträge ihres verwendbaren Eigenkapitals wie eigene Vermögensmehrungen zuzurechnen und bleiben im Bereich der Organgesellschaft bei der Ermittlung ihres verwendbaren Eigenkapitals außer Ansatz.

 

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