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Public Relations (PR)

Öffentlichkeitsarbeit.
I. Begriff: Ungeachtet der zahllosen Definitionsversuche von Kommunikationstheoretikern und Praktikern ist PR - ebenso wie die im deutschen Sprachraum meist synonym verwendete Öffentlichkeitsarbeit - ein schillernder Begriff geblieben. Weitgehende Einigkeit besteht zwar in der allgemein-theoretischen Charakterisierung des PR-Prozesses (Öffentlichkeitsarbeit i. w. S.) als alle Maßnahmen, die das Ansehen der PR-betreibenden Institution (Wirtschaftsverbände, Behörden, Regierungsstellen, Unternehmen etc.) in der Öffentlichkeit fördern und eine potentielle Interessenidentität des Trägers mit der Zielgruppe herstellen sollen. Begriffliche Unsicherheiten resultieren hingegen aus der Frage nach der konkreten Umsetzung (Öffentlichkeitsarbeit i. e. S.). Insbes. fehlt es an den notwendigen Abgrenzungen zu anderen Kommunikationsprozessen und -maßnahmen wie der Werbung, Marketing, Propaganda, Journalismus, Information und Manipulation; die Grenzen sind fließend. Eine Tatsache, die nicht zuletzt in der Geschichte der PR selbst begründet liegt. - Die Deutsche Public-Relations-Gesellschaft e. V. - Bundesverband für Öffentlichkeitsarbeit - (DPRG) definierte 1965: "Das bewußte und legitime Bemühen um Verständnis sowie um Aufbau und Pflege von Vertrauen in der Öffentlichkeit auf der Grundlage systematischer Erforschung." - Mit der in den letzten Jahren steigenden Bedeutung der wirtschaftspolitischen Fragen ist auch der PR-Begriff in die Diskussion geraten: Statt dem engen PR-Begriff wird von vielen der Begriff public affairs (PA) vorgeschlagen, entsprechend wurden PR-Abteilungen in verschiedenen Unternehmen umbenannt.
II. Entwicklung: Die Geburtsstunde der modernen PR - als Vorläufer gelten Handelshäuser und Bankherren des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit mit ihrer auf "öffentliches Verständnis und Vertrauen" gerichteten Informationsarbeit (aber nur an den Handel als beschränkten Empfängerkreis gerichtet) - wird i. a. um die Jahrhundertwende datiert. 1897 wird der Begriff PR erstmals im "Year Book of Railway Literature" in den Vereinigten Staaten verwendet. - Die Entwicklungszeit der PR in den USA erfolgt in vier Phasen: a) In der Anfangsphase ("Muckrakers Area") bis 1914 sollte der Kritik von Schriftstellern und Journalisten an dem Verhalten der Unternehmer und der zunehmenden Verarmung der Arbeiter entgegengetreten werden. b) 1914-1918 sollte die Bevölkerung für die Kriegsziele der USA gewonnen werden (Gründung des "Commitee on Public Information" durch Roosevelt). c) 1919-1929 (Gründungsjahre) sind durch die Übertragung der Kriegs-PR-Erfahrung auf die Wirtschaft gekennzeichnet; Unternehmen, Verbände und Religionsgemeinschaften richteten Büros für Öffentlichkeitsarbeit ein; 1923 erster PR-Lehrgang an der New York University und erste PR-Buchpublikation ("Crystallizing public opinion") durch Bernays. d) Ab 1929 (Börsenkrach) richteten sich die PR-Aktivitäten v. a. gegen Roosevelts wirtschaftspolitisches Konzept des New Deal; ab 1930 setzte sich die heutige PR-Auffassung i. S. einer kontinuierlichen, positiv orientierten Informationspolitik durch, wobei allerdings anfangs noch stark die Stoßrichtung gegen die Gewerkschaften zu spüren war. - Während des Zweiten Weltkriegs trat die PR ganz in den Dienst der Kriegspropaganda (Office of War Information) nach 1945 wurden die in der Kriegszeit weltweit gesammelten Erfahrungen und neuen Techniken in die Wirtschafts-, Verwaltungs- und Verbandspraxis übertragen. - Institutionalisierung: In der Folgezeit wurden nationale und internationale PR-Vereinigungen gegründet: 1955 die International Public Relations Association (London) als erster supranationaler Zusammenschluß, 1958 die Deutsche Public-Relations-Gesellschaft (Bonn), am 1. 5. 1987 der Deutsche Rat für Public Relations, ein von der bundesdeutschen PR-Branche geschaffenes freiwilliges Kontrollorgan, der für die Einhaltung der festgelegten Verhaltensregeln sorgen und Fehlverhalten rügen soll. Die Verhaltensregeln sind von der Deutschen Public-Relations-Gesellschaft - Berufsverband Öffentlichkeitsarbeit und dem Wirtschaftsverband Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) gemeinsam beschlossen worden.
III. Aufgaben, Ziele, Abgrenzungen: 1. Grundlegende Merkmale der PR sind: Information, Intention (Vertrauen schaffen) und Publizität (grundsätzliche Offenheit bzw. allgemeine Zugänglichkeit im Gegensatz zur Verschlossenheit des Privaten). PR bezeichnet also eine informationelle Beziehung zwischen dem Initiator und der Öffentlichkeit, und zwar mit dem Ziel einer möglichst weitreichenden Akzeptanz bis hin zur partiellen Interessenidentität (Vertrauen) der Zielgruppe mit dem Träger. PR geht insofern über den Journalismus hinaus, als die Informationen eindeutig interessen- und zweckgerichtet sind. Auch Aufgaben wie Kontaktpflege, Beratung und Aufbau von Vertrauen liegen außerhalb der normalen journalistischen Tätigkeit (Verbindung/Abgrenzung zu Wirtschaftspublizistik bzw. Wirtschaftsjournalismus vgl. Wirtschaftspublizistik) - Abgrenzung zu Marketing, Werbung und Verkaufsförderung: Werbung und Marketing haben andere Ziele und Zielgruppen als PR. Sie haben Marktfunktion, sind marktorientiert; PR hat eine gesellschaftspolitische Informationsfunktion, ist öffentlichkeitsorientiert. Auch Produkt-PR hat nur einen beschränkten Stellenwert im Gesamtbereich PR. Die Grenzen zwischen Markt und Öffentlichkeit sind allerdings nicht eindeutig zu ziehen (Schleichwerbung). - 2. Unternehmerische PR-Arbeit beschränkt sich nicht auf den Konsumenten oder andere Unternehmen im Wettbewerb, sie gestaltet sich als Informationsbeziehung zu einer breiten Öffentlichkeit, die zunächst in ihrer Funktion als potentieller Aktionär oder Geschäftspartner gesehen wird. Diese traditionelle Unternehmenspublizität, insbes. in der Form des veröffentlichten Jahresberichts, der Auskunft über Geschäftstätigkeit, finanzielle Lage und anstehende Entwicklung gibt, ist teilweise gesetzlich vorgeschrieben. - Über den gesetzlichen Rahmen hinaus hat die Unternehmens-PR der ansteigenden Sensibilität in der Öffentlichkeit für die Wirtschaft in ihren Funktionen des Produzierens und Vermarktens, der Verwendung von Ressourcen und der Verfügbarkeit von Arbeit und damit von Arbeitsplätzen, der Be- oder Entlastung der Umwelt etc. Rechnung zu tragen. Die Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens, eines Wirtschaftsverbandes oder einer Branche kann nichts verändern, wenn sie erfaßbare gesellschaftliche Bedürfnisse nicht berücksichtigt. Der Ausstieg aus der gesellschaftlichen Diskussion ist die schlechteste denkbare Strategie zur Profilierung und damit zur Schaffung eines Firmenimages.
IV. PR als Unternehmensinstanz: Die Forderung nach einer auch gesellschaftsbezogenen Orientierung der Unternehmenspolitik (gesellschaftliche Strategie) ist die Forderung nach einer Instanz im Unternehmen, die die ökonomischen Zielsetzungen um die gesellschaftsbezogenen ergänzt. Dies ist die (möglichst nahe an Vorstand und Geschäftsführung angesiedelte) Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations): Zur Aufgabe dieser Stelle gehört es auch, argumentativ in die kurz-, mittel- und langfristige Unternehmenspolitik einzugreifen, wenn sie dadurch öffentlichen Schaden abwenden und einem positiven Firmenimage nutzen kann. Der PR-Manager ist : a) Makler zwischen Unternehmer und Öffentlichkeit (v. a. auch zwischen Unternehmen und Medien), nicht einseitiges Sprachrohr, seine Überzeugungsarbeit ist nach Außen und nach Innen gerichtet; b) "Anwalt der Wirklichkeit" (Grosser), Realist in der Einschätzung der Auswirkung unternehmerischer Entscheidungen und in der Vermittelbarkeit von Inhalten. - Das öffentliche Bild eines Unternehmens (Corporate Identity, Unternehmensleitbild) formt sich aus allen Details, die das Innenleben des Betriebs ausmachen: a) Art und Umfang der Produktion, v. a. der dadurch entstehenden Umweltbelastung am Firmenstandort; b) Akzeptanz und Nutzung der Produkte, v. a. deren Umweltverträglichkeit; c) Struktur und praktische Umsetzung des Vertriebssystems, v. a. die Verbraucher-/Kundenorientierung, Produktargumentation und Serviceleistung; d) Umgang mit den eigenen Mitarbeitern, v. a. die interne Arbeits- und Sozialpolitik; e) Gesamtdarstellung des Unternehmens in Broschüren, Anzeigen, Vorträgen und sonstigen Firmenbeschreibungen, v. a. die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit in inhaltlichen Aussagen. - Grundsätze zur Verwirklichung dieser Gesamtverantwortung: a) Öffentlichkeitsarbeit ist Vorstandssache, die PR-Stelle muß dort direkt eingebunden sein; b) der interne Informationsfluß muß gewährleistet sein; c) es darf keine Trennung von interner und externer Information erfolgen, die Wechselwirkung beider Bereiche ist unverzichtbar für die Findung einer gesamtgültigen Sprachregelung; d) die eigenen Mitarbeiter gehören zur wichtigsten Zielgruppe unternehmerischer Öffentlichkeitsarbeit, sie formen das Bild vom Unternehmen mit, auch nach außen (human relations); e) die Rolle der Unternehmer und Unternehmen bzw. ihrer PR-Stellen darf nicht in Parolen enden, die Feindbilder abstecken; ein Freund-Feind-Denken, gerade im Umgang mit Zielgruppen und Medien, sowie die Einstellung zu kritischen Zielgruppen und Themen muß reformiert werden. - PR ist ein Kommunikationsprozeß, der sich nicht in einseitiger Information erschöpfen kann: Der Dialog mit der Öffentlichkeit, mit Bürgerinitiativen, Interessengruppen und Fachleuten, gerade wenn sie dem Unternehmen gegenüber kritisch eingestellt sind, gehört deswegen zu den vorrangigen Aufgaben industrieller Öffentlichkeitsarbeit. - Vgl. auch internationale Public Relations.

 

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