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Vermögensgesetz

Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen i. d. F. vom 2. 12. 1994 (BGBl I 3611) m. spät. Änd. - 1. Allgemeines: Mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages ist auch das noch von der ehemaligen DDR vorbereitete und im Einigungsvertrag enthaltene Vermögensgesetz in Kraft getreten. Mit dem Gesetz wird die Gemeinsame Erklärung zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990, die als Anlage III Bestandteil des Einigungsvertrages ist (Art. 41 des Einigungsvertrages), in weiten Teilen umgesetzt. In dieser Gemeinsamen Erklärung wird u. a. bestimmt, daß (1) Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945-1949) nicht mehr rückgängig zu machen sind; (2) Treuhandverwaltungen und ähnliche Maßnahmen mit Verfügungsbeschränkungen über Grundeigentum, Gewerbebetriebe und sonstige Vermögen aufzuheben sind; (3) enteignetes Grundvermögen unter Berücksichtigung von (1) und (2) oben grundsätzlich den ehemaligen Eigentümern oder ihren Erben zurückzugeben ist. Der in der Gemeinsamen Erklärung statuierte Grundsatz des Vorrangs der Rückgabe vor der Entschädigung hat in Art. 41 II des Einigungsvertrages eine Umkehrung bei investiven Vorhaben erfahren. Danach findet nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelung eine Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken oder Gebäuden nicht statt, wenn das betroffene Grundstück oder Gebäude für dringende, näher festzulegende Investitionszwecke benötigt wird, insbes. der Errichtung einer gewerblichen Betriebsstätte dient und die Verwirklichung dieser Investitionsentscheidung volkswirtschaftlich förderungswürdig ist, vor allem, wenn sie Arbeitsplätze schafft oder sichert. Nachdem das Vermögensgesetz und das Investitionsgesetz (Gesetz über besondere Investitionen in der DDR vom 22. 4. 1991, BGBl I 994, 1928) in ihrer ursprünglichen Fassung sich als nicht ausreichend für eine schnelle Problembewältigung erwiesen haben, wurden sie durch das Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. 3. 1991 (BGBl I 766), sog. Hemmnisbeseitigungsgesetz, teilweise novelliert, wobei dem Investitionsgesichtspunkt stärkerer Vorrang eingeräumt wurde. Als Art. 7 des Hemmnisbeseitigungsgesetzes ist ein Vermögenszuordnungsgesetz in Kraft getreten. Dieses Gesetz führt ein Verfahren ein, das die Feststellung ermöglicht, welchem Träger der öffentlichen Verwaltung welche Vermögenswerte zustehen. Es schafft damit vielfach erst die Voraussetzungen für Investitionen. Das Vermögenszuordnungsgesetz gilt aber nicht für alle Vermögenszuordnungen bei staatlichen Vermögen, sondern nur für die Zuordnung von volkseigenem Vermögen, für das der Rechtsträger festgestellt wird. - Nachdem die praktischen Erfahrungen gezeigt haben, daß die bisher geschaffenen gesetzlichen Regelungen sich teilweise weiterhin hemmend auf die Investitionstätigkeit ausgewirkt haben, wurde mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. 07. 1992 (BGBl I 1257) das gesetzliche Instrumentarium weiter vereinfacht und gestrafft. Die Zusammenfassung der sog. Vorfahrtsregelungen für investive Vorhaben in einem einheitlichen neuen Gesetz, dem Investitionsvorranggesetz, unter gleichzeitiger Streichung der sog. Vorfahrtsregelungen im Vermögensgesetz und der Aufhebung des Investitionsgesetzes, zusammen mit einer Reihe anderer Änderungen im Vermögensgesetz und im Sachen- und Grundbuchrecht soll zu schneller abwickelbaren Verfahren führen. - 2. Wesentlicher Inhalt des V.: Enteignungen in der ehemaligen DDR aufgrund teilungsbedingter Vorschriften werden auf Antrag des früheren Eigentümers oder seines Rechtsnachfolgers grundsätzlich rückgängig gemacht (§ 3 Vermögensgesetz). Gleiches gilt für solche Fälle, in denen bebaute Grundstücke durch Enteignungen, Eigentumsverzicht, Schenkung oder Erbausschlagung in Volkseigentum übernommen wurden, weil die Ertragslage zu einer Überschuldung des Grundstücks geführt hatte (§ 1 II Vermögensgesetz). Die Rückübereignung ist u. a. ausgeschlossen, wenn sie nicht mehr möglich ist oder wenn Dritte in redlicher Weise Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte an dem Vermögenswert erworben haben (§ 4 Vermögensgesetz). In diesen Fällen erhält der frühere Eigentümer grundsätzlich eine Entschädigung, und zwar entweder durch Übereignung von Grundstücken mit möglichst vergleichbarem Wert oder, wenn dies nicht möglich ist, nach Maßgabe des Entschädigungsgesetzes. Dem früheren Eigentümer steht es nach näherer Maßgabe von § 8 VermG frei zu wählen, ob er statt des Anspruchs auf Rückgabe Entschädigung verlangt. Rückgabe oder Entschädigung kann auch in den Fällen verlangt werden, in denen Vermögenswerte sowie Nutzungsrechte aufgrund unlauterer Machenschaften, z. B. durch Machtmißbrauch, Korruption, Nötigung oder Täuschung, von seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter erworben wurden. Seit dem 7. Oktober 1949 verstaatlichte Unternehmen werden den früheren Inhabern bzw. Anteilseignern zurückgegeben, soweit das Unternehmen in seiner heutigen Form mit dem Unternehmen im Zeitpunkt der Verstaatlichung noch vergleichbar ist. Staatliche Verwaltungen aus der Zeit seit dem 7. 10. 1949 werden auf Antrag des Berechtigten aufgehoben. - Der Grundsatz des Vorrangs der Rückgabe vor der Entschädigung wird durch die Regelungen des Investitionsvorranggesetzes durchbrochen, das die Durchführung wichtiger investiver Vorhaben in Fällen ermöglichen soll, in denen die Frage der Eigentumsrückgabe nicht geklärt ist. Grundstücke, Gebäude und Unternehmen, die Gegenstand von Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz sind oder sein können, können nach den besonderen Regelungen des Investitionsvorranggesetzes für besondere Investitionszwecke verwendet werden. Der Berechtigte (Alteigentümer) erhält in diesen Fällen einen Wertausgleich. Die Vorfahrtsregelungen räumen dem gegenwärtig Verfügungsberechtigten, das ist derjenige, der über die Sache aufgrund seines Eigentums, treuhänderischer Verwaltung oder sonst verfügen kann, das Recht ein, eine Immobilie oder ein Unternehmen zu investiven Zwecken zu veräußern, zu vermieten, zu verpachten oder darüber in anderer Weise zu verfügen, wenn durch einen sogenannten Investitionsvorrangbescheid festgestellt ist, daß die geplante Maßnahme einem der hierfür bestimmten besonderen Investitionszwecke dient. Ein besonderer Investitionszweck liegt bei Grundstücken und Gebäuden vor, wenn sie verwendet werden zur Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen, insbes. durch Errichtung oder Erhaltung einer gewerblichen Betriebsstätte oder eines Dienstleistungsunternehmens, zur Schaffung neuen Wohnraums oder Wiederherstellung nicht bewohnten und nicht bewohnbaren Wohnraums und zur Schaffung der für Investitionen erforderlichen oder hiervon veranlaßten Infrastrukturmaßnahmen. Bei Unternehmen und einem für dieses benötigten Grundstück des Unternehmens liegt ein besonderer Investitionszweck vor, wenn es verwendet wird, um Arbeitsplätze zu schaffen oder zu sichern oder weil der Berechtigte keine Gewähr dafür bietet, daß er das Unternehmen fortführen oder sanieren wird, oder um die Liquidation oder Gesamtvollstreckung eines Unternehmens zu verhindern. Der Investitionsvorrangbescheid ersetzt die Grundstücksverkehrsgenehmigung und andere Genehmigungen oder Zustimmungen. Die Rückübertragung des Vermögenswertes (z. B. Grundstücke) entfällt im Umfang der Veräußerung aufgrund des Investitionsvorrangbescheids. - 3. Organisation und Verfahren: In jedem Landkreis, jeder kreisfreien Stadt und für das Land Berlin wird ein Amt zur Regelung offener Vermögensfragen als untere Landesbehörde eingerichtet. Für jedes Land wird ein Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen gebildet. Zur Unterstützung der Gewährleistung einer einheitlichen Durchführung des Vermögensgesetz wird ein Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen gebildet. Bei diesem Bundesamt ist ein Beirat zu bilden, der aus je einem Vertreter der neuen Bundesländer, vier Vertretern der Interessenverbände und aus vier Sachverständigen besteht (§ 22-29 Vermögensgesetz). Ansprüche nach dem Vermögensgesetz sind bei dem zuständigen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen mittels Antrag geltend zu machen. Der Sachverhalt wird von Amts wegen ermittelt, wobei der Antragsteller mitzuwirken hat. Gegen die Entscheidung der Behörden kann der Antrag auf Nachprüfung durch Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gestellt werden.

 

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