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Sicherung der Familie und von Kindern

Nach dem Grundgesetz stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Leistungen der sozialen Sicherung sind deshalb so ausgestaltet, daß sie der besonderen Lage von Familie und Kindern Rechnung tragen. Aus ökonomischer Sicht kann man dies allokationstheoretisch rechtfertigen, da von Kindern positive externe Effekte auf die Gesellschaft ausstrahlen. Diese liegen vor, weil ohne Kinder keine Gesellschaft dauerhaft existieren kann. Von den Mühen, die Kindererziehende auf sich nehmen, profitieren auch Kinderlose. Man unterscheidet Familienlastenausgleich und Ausbildungsförderung (Kap. 2.). 1. Familienlastenausgleich, neuerdings auch Familienleistungsausgleich: Im Rahmen der sozialen Sicherung durch Steuerermäßigungen und staatliche Transferleistungen realisiert; diese sind Kindergeld (vgl. b)), Erziehungsgeld und -urlaub (vgl. c)), soziale Hilfen und faktisch auch die Ausbildungsförderung. a) Steuerermäßigungen für den Familienlastenausgleich: Das Steuerrecht enthält zum Zwecke des Familienlastenausgleichs Kinderfreibeträge, Ausbildungsfreibeträge, die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten und Unterhaltsleistungen, Haushaltsfreibeträge für Alleinstehende mit mindestens einem haushaltszugehörigen Kind und das sog. Baukindergeld. Diese Elemente kann man als Teil der sozialen Sicherung interpretieren. Die Kinderfreibeträge folgen einem horizontalen Verteilungsprinzip, d. h. je höher das zu versteuernde Einkommen, desto höher wird der Entlastungseffekt. Da Kindererziehende, die keine Steuern zahlen, durch Kinderfreibeträge nicht entlastet werden, gibt es für diese Personengruppe einen Kindergeldzuschlag. - b) Kindergeld: Zahlung für ein Kind an den sogenannten Kindergeldberechtigten; eine Ausnahme, d. h. Zahlung an ein Kind, gilt nur für Kinder, die Vollwaisen sind oder den Aufenthalt ihrer Eltern nicht kennen und für die kein anderer Kindergeld erhält. - Anspruch: Kindergeld wird bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres ohne besondere Voraussetzungen gezahlt. Danach kann bis zum vollendeten 27. Lebensjahr gezahlt werden - wenn Schul- oder Berufsausbildung voliegt oder aus einer Reihe anderer Gründe das Kind kein nennenswertes Einkommen erzielt. - Höhe: Das Kindergeld, das die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines Kindes nicht deckt, steigt mit der Zahl der Kinder in einem Haushalt an. Es folgt einem vertikalen Verteilungsprinzip, d. h. in den oberen Einkommensgruppen entfallen einige Leistungen. Das Kindergeld ist nicht dynamisiert, im Jahre 1996 macht es pro Kind ungefähr 5% des Durchschnittseinkommens der in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Arbeitnehmer aus. - c) Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub: Im Rahmen der sozialen Sicherung gibt das Bundeserziehungsgeldgesetz seit 1986 Müttern und Vätern von Kindern die Möglichkeit, sich für maximal drei Jahre der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder zu widmen (Erziehungsurlaub) und während dieser Zeit Erziehungsgeld zu erhalten. Während des Erziehungsurlaubs bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Wer vor der Geburt des Kindes in einer gesetzlichen Krankenkasse war, bleibt beitragsfrei versichert, das gleiche gilt für die Arbeitslosenversicherung. Während des Erziehungsurlaubs darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht kündigen. - Höhe: Das nicht dynamisierte Erziehungsgeld liegt mit 600 DM etwas über der Geringfügigkeitsgrenze. Für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes wird das Erziehungsgeld ohne Rücksicht auf das Einkommen des Berechtigten gewährt. Ab dem 7. Lebensmonat wird das Erziehungsgeld gemindert, wenn das Einkommen des Berechtigten bestimmte Grenzen übersteigt (knapp 70% des Durchschnittseinkommens der in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Arbeitnehmer, plus weitere 8% dieses Durchschnittseinkommens für das zweite und jedes weitere Kind). Eine Teilzeitbeschäftigung von nicht über 19 Stunden wöchentlich bleibt zulässig. Voraussetzung ist, daß diese Teilzeitarbeit beim früheren Arbeitgeber ausgeübt wird. - d) Soziale Hilfen des Familienlastenausgleichs: (1) Jugendhilfe: Während die finanziellen Hilfen des Familienlastenausgleichs allen Familien mit Kindern zugute kommen, bietet die Jugendhilfe besondere Hilfen an. Diese werden gewährt, wenn junge Menschen vom Säuglingsalter bis zum 18. Lebensjahr, in manchen Fällen auch volljährig, die Hilfe des Staates und der Gesellschaft benötigen. - Maßnahmen: Jugendarbeit (sozialpädagogische Betreuung von Jugendlichen), Beratungshilfen, Unterbringungshilfen, Heimerziehung und Vollzeitpflege. - Träger: Die Jugendhilfe wird nicht nur von staatlichen Stellen, sondern auch von Trägern der freien Jugendhilfe gewährt, die vor allem zu den Organisationen der freien Wohlfahrtspflege, der Kirchen und Jugendverbänden zählen. Die Kosten der einzelnen Maßnahmen tragen die Träger der öffentlichen Jugendhilfen, soweit dem Minderjährigen und seinen Eltern die Aufbringung der Mittel aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht zuzumuten ist. (2) Außerhäusige Kinderbetreuung: Möglichkeiten einer außerhäusigen Kinderbetreuung im Vorschul- und Schulalter wurden traditionell nicht zur sozialen Sicherung und zum Familienlastenausgleich gezählt. Da die Verfügbarkeit von Kindergärten, Kinderkrippen, Kinderhorten und Schülerbetreuungsmöglichkeiten jedoch für die Lebenswirklichkeit von Kindererziehenden, insbes. Alleinerziehenden, eine größere Bedeutung hat als der traditionelle monetäre Familienlastenausgleich, hat der Bundesgesetzgeber den Kommunen die Pflicht auferlegt, ab dem 1. 1. 1996 für Dreijährige und ältere Vorschulkinder einen Kindergartenplatz zu garantieren. - Erläuterung: Die Kindergartenplatzgarantie ist für die Kommunen eine schwierige Aufgabe, da die amtliche Statistik ausweist, daß die Versorgungsquote mit Kindergartenplätzen in Westdeutschland nur etwa 70% beträgt (Ostdeutschland: praktisch 100%). Allerdings bleibt das Angebot an privaten oder halbprivaten Kinderbetreuungsmöglichkeiten, meist durch Tagesmütter oder "Kinderläden", hierbei unberücksichtigt. Faktisch beträgt die Betreuungsquote deswegen etwa 90%. Eine systematische Einbeziehung solcher Kinderbetreuungsangebote in die kommunale Planung erleichterte dieses Problem. Auch ist das Angebot für die Betreuung von jüngeren Kindern (bis zum 3. Lebensjahr) und Schulkindern in Deutschland unzureichend. Ein wesentliches Element für einen effektiveren Familienlastenausgleich wäre daher z. B. auch ein stärkeres Angebot an Ganztagsschulen.
2. Ausbildungsförderung: a) Begriff: Finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand für Lebensunterhalt und Ausbildung während der Ausbildungszeit, wobei die Deckung des individuellen Unterhalts- und Ausbildungsbedarfs grundsätzlich Aufgabe der Eltern und des Auszubildenden selbst bleibt. - b) Leistungen: (1) Der Staat betont traditioneller Weise die institutionelle Ausbildungsförderung, indem er die Ausbildungsstätten, soweit sie nicht in Unternehmen integriert sind, bereitstellt. (2) Bei der beruflichen Ausbildung steht das duale System im Vordergrund, d. h. daß in Betrieben (bzw. Dienststellen u. ä.) der praktische Teil der Ausbildung erfolgt und von diesen auch eine Ausbildungsvergütung gezahlt wird, während nur der theoretische Teil der Ausbildung in Berufsschulen erfolgt. (3) Neben den Leistungen, die im Bundesausbildungsförderungsgesetz geregelt sind, gibt es individuelle Förderungsmöglichkeiten im Rahmen der Arbeitsförderung, der Kriegsopferversorgung, berufsfördernde Maßnahmen zur Rehabilitation, im Rahmen der Jugendhilfe, und der Hochbegabtenförderung, die von besonderen Förderungswerken übernommen wird.


Literatur: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht über die Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Bonn 1991.

 

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