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internationale Unternehmung

internationales Unternehmen.
internationale Unternehmung Begriff: Unternehmung, die grenzüberschreitende Tätigkeiten ausführt. Die Vielzahl der Formen (internationales Management) reicht von reiner Ausfuhr in einzelne Auslandsmärkte bis zur Globalisierung der Unternehmung mit eigenen Auslandstochtergesellschaften und bedeutendem Auslandsanteil an der gesamten Wertschöpfung der Unternehmung. Der Begriff i. U. läßt sich somit als Oberbegriff für verschiedene Ausprägungen (Internationalisierungsgrad) der grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit (globale Unternehmung; transnationale Unternehmung) verstehen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird der Begriff der i. U. jedoch semantisch unterschiedlich verwendet.
Iinternationale Unternehmung Rechtsformen: Bei dem rechtlichen Aufbau des Gesamtsystems (statutarische Organisationsstruktur) ist die Rechtsform der Muttergesellschaft von der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der Unternehmenseinheiten im Ausland zu unterscheiden. internationale Unternehmung d. R. ist die Muttergesellschaft eine Gesellschaft nationalen Rechts (Ausnahme: Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung und Europäische Aktiengesellschaft). Für die ausländischen Einheiten ist jeweils die Entscheidung über die rechtliche Selbständigkeit zu treffen. Neben Überlegungen zur Marktakzeptanz sind hierbei steuerpolitische Aspekte, Finanzierungsaspekte (internationales Finanzmanagement) und Haftungsfragen zu berücksichtigen. Sind innerhalb eines Unternehmensverbunds mehrere Auslandstochtergesellschaften im gleichen Land angesiedelt (was bei stark diversifizierten Unternehmungen durchaus üblich ist), ist die Gründung einer Landesgesellschaft zu erwägen, welche die Anteile der im Land vertretenen Gesellschaften hält (Landesholding). Bei der Wahl der Rechtsform sind die landesspezifischen Besonderheiten zu beachten; i. d. R. wird es sich jedoch wegen der Haftungsbegrenzung um eine Form der GmbH oder der AG handeln. Steuerpolitische Überlegungen stehen bei der Gründung von (meist reinen Finanz-) Holdinggesellschaften in niedrig besteuerten Ländern/Regionen im Vordergrund.
IIinternationale Unternehmung Organisationsstruktur: Die Organisationsstruktur grenzüberschreitender Aktivitäten (internationales Management) steht in enger Beziehung zu der Internationalisierungsstrategie und dem erreichten Internationalisierungsgrad. Im Gegensatz zur statutarischen Struktur der Rechtsformen internationaler Unternehmungen regelt die operationale Organisationsstruktur die Verantwortungsbereiche innerhalb des Systems.
IV. Erklärungsansätze: Die Internationalisierung von Unternehmungen ist von verschiedenen Ansätzen her erklärt worden: von psychologischen, soziologischen und politologischen; besondere Bedeutung kommt den ökonomischen Erklärungsansätzen zu, deren wichtigste hier kurz charakterisiert werden. - 1. Argument des monopolistischen Vorteils (Hymer, Kindleberger): Der Anstoß für eine Produktionsaufnahme im Ausland und Voraussetzung für deren Erfolg ist die Existenz unternehmensspezifischer (monopolistischer) Vorteile, insbes. ein überlegenes technologisches und Management-Know-how, ein positives Produktimage, eingeführte Markennamen und Größenvorteile insbes. in den leistungswirtschaftlichen Funktionen. Diese Vorteile ermöglichen einen Ausgleich eventueller Nachteile auf einem fremden Markt wie Diskriminierung ausländischer Unternehmungen, politische Eingriffe, Transferrestriktionen, Wechselkursrisiken, hohe Kommunikations- und Koordinierungskosten etc. - 2. Theorie des internationalen Produktzyklus (Vernon): Grundlage dieser Theorie ist das evolutorische Marktkonzept. Mit zunehmendem Reifegrad der Produkte wechselt die Dominanz der erfolgsbestimmenden Faktoren. Von entscheidender Bedeutung sind in der Innovationsphase die Nähe zum Verbraucher, eine flexible industrielle Struktur und Ingenieurleistungen; in der Reifephase die Lohnkosten. Parallel zur Veränderung der Erfolgsdeterminanten vollzieht sich die Verlagerung der Produktion zunächst in Niedriglohn-Industrieländer (Wachstumsphase) und dann in Entwicklungsländer (Reifephase). - 3. Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens (Knickerbocker): Zahlreiche Märkte sind heute oligopolistisch strukturiert. Die Anbieter auf diesen Märkten beobachten bzw. antizipieren die unternehmerischen Entscheidungen ihrer Konkurrenten sehr genau und versuchen, diesen keine Vorteile erwachsen zu lassen. Deshalb werden sie auf den Aufbau einer Auslandsproduktion eines Wettbewerbers ebenfalls mit Investitionen in diesem Land reagieren, um ihren Marktanteil und den Unternehmensbestand zu verteidigen. - 4. Theorie der Internalisierung (Buckley/Casson, Rugman): Unternehmungen entstehen nach der Theorie der Firma dann, wenn Wirtschaftsprozesse auf (unvollkommenen) Märkten weniger effizient ablaufen als unternehmensintern. Die Leistungsfähigkeit des Marktes ist besonders eingeschränkt bei grenzüberschreitenden Ressourcentransfers, vornehmlich bei internationalen Transfers von technologischem und Management-Know-how, so daß sich hier als leistungsfähigere Alternative die unternehmensinterne Übertragung anbietet: Die unternehmensspezifische Technologie wird nicht an einen Dritten verkauft, sondern auf dem ausländischen Markt durch eine eigene Tochtergesellschaft verwertet. Auf diese Weise werden die Schwierigkeiten bei der Bewertung eines Patents oder Know-how-Bündels, bei der Übertragung an ungeschulte Technologieempfänger sowie beim Technologieschutz vermieden. Unvollkommenheiten internationaler Märkte führen also zum Aufbau oder zur Übernahme ausländischer Betriebe. - 5. Portfoliotheorie: Die von Markowitz entwickelte Hypothese einer durch branchenmäßige und/oder regionale Streuung von Wertpapieren erreichbaren Risikoreduktion des Gesamtwertpapierbestandes wird auf Sachinvestitionen übertragen. Ursache der Internationalisierung ist nun der bewußt angestrebte, durch regionale Streuung der Produktionsstandorte erreichbare konzerninterne Risikoausgleich. Dieser ist dabei um so stärker, je geringer die Korrelation zwischen den wirtschaftlichen Entwicklungen in den einzelnen Gastländern ist. - 6. Eklektischer Ansatz (Dunning): Da die einzelnen Erklärungsansätze nicht ausreichend sind, sich aber ergänzen, erscheint es sinnvoll, diese in einen umfassenden Ansatz zu integrieren. Danach können Unternehmungen nur dann ausländische Märkte bedienen, wenn sie über spezifische (monopolistische) Vorteile verfügen. Die Bedienung des Auslandsmarktes durch Auslandsproduktion wird dem Export oder der Lizenzvergabe dann vorgezogen, wenn die Eigennutzung des Know-how Internalisierungsvorteile erbringt. Der vorzugswürdige Produktionsstandort bestimmt sich nach den relevanten Standortfaktoren und Exporthindernissen.
V. internationale Unternehmung U. und Weltwirtschaft: 1. Quantitativer Aspekt: Die Bedeutung von i. U. für die Weltwirtschaft läßt sich anhand des Anteils an der Gesamtleistung der Industrie ablesen. Es wird geschätzt, daß in den Industrieländern über die Hälfte der Industrieleistung i. U. zuzurechnen ist. Sowohl die Direktinvestitionen (internationales Management) als auch die internationalen Kooperationen ohne Kapitalbeteiligung (Lizenzverträge, internationale strategische Allianzen) weisen nach wie vor starke Zunahmen auf. - 2. Qualitative Aspekte: Neben der quantitativen Bedeutung im Rahmen des Welthandels sind folgende Aspekte grenzüberschreitend tätiger Unternehmungen hervorzuheben: Technologietransfer ins Ausland über Auslandstochtergesellschaften oder (weniger verbreitet) fremde Dritte (Lizenzproduktionen) sowie über internationale Kooperationen bei Forschung und Entwicklung. Produzierende Auslandstochtergesellschaften führen zu einer unternehmensinternen internationalen Arbeitsteilung (internationale Standortpolitik) und fördern damit die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung; dies führt in der Folge zu einem effizienten Einsatz von Produktionsfaktoren. Weltwirtschaftliche Impulse gehen insgesamt stärker von international produzierenden Unternehmungen aus als von reinen Ausfuhren. Hierzu tragen auch die grenzüberschreitenden unternehmungsinternen Liefer- und Leistungsbeziehungen in nicht geringem Umfang bei. Unter dem Gesichtspunkt des freien Wettbewerbs können jedoch zunehmende Konzentrationen (internationale Akquisition, internationale strategische Allianzen) in einzelnen Branchen weltwirtschaftlich kontraproduktive Wirkungen erzeugen.
Vinternationale Unternehmung internationale Unternehmung U. und Entwicklungsländer: Die kontrovers und teilweise emotional sowie ideologiebehaftet geführte Debatte um Direktinvestitionen insbes. der großen i. U. hat sich in jüngerer Zeit stark abgeschwächt, die Urteile sind jedoch nach wie vor ambivalent. Verkürzt ausgedrückt, steht auf der einen Seite der Vorwurf der ausbeuterischen Kolonialisierung der Entwicklungsländer durch i. U.; auf der anderen Seite wird die positive Wirkung auf Arbeitsplätze, Technologie- und Know-how-Transfer begrüßt. Der stärkste positive Impuls von Direktinvestitionen geht zweifellos von der Übertragung technologischen und unternehmerischen Wissens aus, vorausgesetzt, es handelt sich z. B. um Technologien, die den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Region auch tatsächlich gerecht werden. In diesem Zusammenhang kommt der Gestaltung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen auch in den Industriestaaten - etwa bei der Verabschiedung bestimmter Entwicklungshilfeprogramme - besondere Bedeutung zu. In den Entwicklungsländern selbst besitzen die politische Stabilität, die gesellschaftlichen Strukturen und die marktwirtschaftlichen Bedingungen einen wesentlichen Einfluß auf Direktinvestitionen (Länderrating, Länderrisiko).

 

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