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Unternehmungstypen

Unternehmenstypen, Betriebstypen, Einzelwirtschaftstypen, Organisationstypen.
I. Begriff: 1. Definition: Ordnungs-(Relations-) und Klassen-(Gattungs-)begriffe, aber auch viele auf diesen Begriffen aufbauende, empirische, empirisch-theoretische, angewandt-theoretische und normative Aussagen (Sätze), die in der Betriebswirtschaftslehre als der Wissenschaft von den Betrieben, Unternehmungen und anderen Einzelwirtschaften (z .B. Verbänden) primär zur detaillierten Erforschung der Strukturen (Gestalten, Stile) dieser verschiedenen Organisationen bzw. Institutionen, daneben aber auch zur näheren Analyse von Funktionen sowie - nicht zuletzt - von Struktur- und Funktionswandlungen (Transformationen) bereits entwickelt wurden oder noch werden. - 2. Bedeutung für die moderne Betriebswirtschaftslehre: Mit Hilfe von Unternehmungstypen verbreitert, differenziert und vertieft die zeitgenössische Betriebswirtschaftslehre in kritischer Weiterführung älterer Ansätze interdisziplinär aufgeschlossen die Fundamente und Aufbauten des Fachs. Sie geht dabei von methodologischen Leitmaximen der Mehrzahl beachtenswerter Aspekte (points of view, Optiken), der Vielfalt der Gestaltungen und der Herausbildung auch übersummativer Systemeinheiten aus, wobei letztere nicht schlechthin ganzheitlich sein können. - 3. Zentrale Leitmaxime: Für den Typologen (Morphologen) ist ein Betrieb nicht ohne weiteres gleich einem anderen Betrieb bzw. Unternehmung nicht gleich Unternehmung, überhaupt Einzelwirtschaft (Organisation) nicht gleich Einzelwirtschaft (Organisation). In dieser Leitmaxime drückt sich Skepsis gegenüber der "Isomorphie-Annahme" aus, wie sie besonders bei einfach konstruierten Modellen der wirtschaftswissenschaftlichen Analyse katallaktischer Prozesse unterstellt wird. Es wird bestritten, daß die Modellkonstruktionen i. d. R. "homomorphe Abbilder" realer Systeme bieten, ohne ihnen deshalb aber Eignung als Gedankenexperimente im Zusammenhang der Definition reiner Abläufe und der bloß analytischen (entscheidungslogischen) Klärung optimaler Entscheidungen abzusprechen (W.-R. Bretzke).
II. Gegenstand: 1. Die den Typologen (Morphologen) der Betriebswirtschaftslehre interessierenden Einzelwirtschaften (Organisationen) sind heute vor allem die "abgeleiteten", weniger die jeweils "ursprünglichen Betriebe" (H. Nicklisch) der verschiedenen Gesellschafts-, Wirtschafts- und Sozialordnungen. Grundsätzlich einbezogen sind aber sowohl alle historischen und gegenwärtigen als auch die prognostizierbaren, futurologisch (utopisch) zumindest für realmöglich gehaltenen künftigen Betriebe und Unternehmungen aller Ordnungen des Rechts und anderer Institutionen (gem. Sitte, Moral, Sittlichkeit). Besonders interessierten zeitliche, räumliche oder sachliche Übergänge jeder Art, seien sie lediglich sinnorientiert ausgeprägt oder auch bereits umweltbezogen organisatorisch festgelegt, betreffen sie z . B. die Entwicklung von Inventionen und Innovationen, die Institutionalisierung von Wachstumsfaktoren, die Konzentration von Verfügungsmacht (und anderen Strukturen) oder auch die Transformation (Entartung) von Unternehmungs-Gestalten und Stilen. Nicht zuletzt beschäftigen weiterhin "intermediäre" (schon A. de Tocqueville) bzw. "mesoökonomische" (H.-R. Peters) Gebilde und Beziehungsgefüge, d . h. die teils hilfswirtschaftlich-kooperativen, teils kartellarischen, teils verbund- und konzernartigen, teils lediglich verbandlichen Verpflechtungen zwischen Einzel- und Gesamtwirtschaften (G. Weisser, E. Grochla, E. Dülfer, P. Schwarz u. a.). - 2. Im einzelnen interessieren die typologische (morphologische) Forschung damit sowohl "innengeleitete" als auch "außengeleitete" Merkmale des Handelns von Personen und die daran anknüpfenden Merkmalsbeziehungen von Einzelwirtschaften (Organisationen). Sie können näher nach Sinn- und Umwelteigenschaften in (1) subjektiver Sinn einzelwirtschaftlichen Handelns, (2) institutioneller Sinn desselben, (3) mitwirkende objektive Umwelteinflüsse, (4) Handlungs- bzw. Verhaltensweisen der verschiedenen mitwirkenden Gestalter, (5) Verhaltensauswirkungen gegliedert werden (W. W. Engelhardt). - 3. Der grundlegende Begriff der Struktur meint in Übereinstimmung u .a. mit K. R. Popper bei aller Vieldimensionalität einbezogener Aspekte, Gestaltungen und Systemeinheiten selektierte, nicht schlechthin ganzheitliche ("totale") Beziehungsnetze, die also (noch) im Sinne des methodologischen Individualismus zu interpretieren sind. Es sind Komplexe von typologisch im einzelnen und kombiniert erörterbaren Merkmalen und Merkmalsrelationen, deren organisierter Gestaltungs- bzw. Stilcharakter auch dann im wesentlichen erhalten bleibt, wenn bestimmte Einzelmerkmale variieren. - Ihre Analyse und die Ableitung von Zustands-("Konkomitanz"-) oder Wandlungs-("Entstehungs"- und "Entwicklungs"-)Hypothesen im Rahmen reduzierter Merkmalsordnungen (nicht zu verwechseln mit den immer problematischen unbedingten "Entwicklungsgesetzen" i. S. von K. R. Popper, H. Haller u. a.) steht weithin im Einklang mit Strukturforschungen in anderen Disziplinen. Sie berücksichtigt in ihren typenbegrifflichen und den vergleichend-registrierenden sowie -interpretierenden Aussagen jeweils neben dem Gleichartigen speziell das Unterscheidende, ja das abweichend Besondere, bis hin zum Individuellen.
III. Typenbildung und -begriffe: 1. Die Typenbildung kann im einzelnen jeweils nur ein Merkmal bzw. eine Merkmalsgruppe (eindimensionale Typen) oder zahlreiche Merkmale bzw. Merkmalsgruppen (mehrdimensionale Typen) einbeziehen. Häufig wird daneben die Abstufungs- bzw. Ausprägungsvielfalt der Einzelmerkmale gesondert berücksichtigt. Zu unterscheiden sind: a) Typen auf der Basis der klassischen (aristotelischen) Logik; b) Typen auf der Grundlage der neuen (relationalen) Logik (Ordnungs-Logik). Diese haben mit der verbreiteten Einführung von "Idealtypen" zunächst in der Soziologie (M. Weber) und Rechtswissenschaft (G. Fellinek) sowie in der Psychologie und Geschichtswissenschaft ihren Anfang genommen, wobei die verstehende Interpretation von "Sinn" eine große Rolle spielte. Auch für die einzelwirtschaftliche Typenbildung haben und behalten Idealtypen und mit diesen verbundene spezifische Verfahren ihren Wert, selbst wenn sie allein nicht ausreichend sind. - 2. a) Typenbegriffe i. S. von Gattungs- oder Klassenbegriffen: Durch Gattungsbildung und Klassifikation einerseits und Typisierung in verschiedenen Formen andererseits lassen sich Betriebe und andere Einzelwirtschaften morphologisch sehr unterschiedlich gliedern oder zusammenfassen. Zu diesem Zweck legt man entweder durch Gattungsbegriffe ein oder mehrere Merkmale oder aber durch Klassenbegriffe umfangmäßig unterschiedliche Teilklassen fest. Häufig werden bereits die auf diese Weise resultierenden konstruierten Betriebsarten bzw. -klassen auch Betriebstypen genannt. - b) Spezifischer ist aber ein Sprachgebrauch, der unter diesem Ausdruck v. a. Ordnungsbegriffe (einschl. der erwähnten Idealtypen als Übergangsformen zwischen den Art- bzw. Klassenbildungen im Sinne der klassischen Logik und den Relationierungen gem. der neuen Logik) versteht. - 3. Die Typenbegriffe i. S. von Ordnungsbegriffen (relationale Typenbegriffe) eignen sich als operationalisierbare Begriffe besser für beschreibende, empirisch-theoretische und angewandt-theoretische Forschungen. Im einzelnen können a) Typenbegriffe i. e. S. (C. G. Hempel/P. Oppenheim), b) Gestaltbegriffe (K. Grelling/P. Oppenheim im Anschluß u .a. an Chr. v. Ehrenfels) oder c) Wirkungssystembegriffe (J. von Kempski im Anschluß u. a. an I. Kant) gemeint sein. Neben den Gestaltbegriffen, die zur Struktur- und Leitbild- (Utopien-) forschung unabdingbar sind, erweisen sich gegenwärtig unter Gesichtspunkten empirischer Theorie im Rahmen von "Idealisierungen" mittels idealtypischer Erklärungsskizzen (H. Albert, F. H. von Hayek) v. a. Wirkungssystembegriffe als von zunehmender Bedeutung, vor allem in der Organisationstheorie.
IV. Entwicklung und einige Bereiche der Forschung: 1. Die Entwicklung typologisch/morphologischer Forschung in der Betriebswirtschaftslehre ist so verlaufen, daß am Anfang (wie ähnlich in der Volkswirtschaftslehre) eine Loslösung von den rein rechtlichen Klassifikationen erfolgte. Stand z. B. bei R. Liefmann noch die juristische Einheit des Unternehmens (die "Unternehmensform" einer Firma) im Mittelpunkt des Interesses, so hat F. Lehmann als einer der ersten "Wirtschaftstypen" der privaten Unternehmung unterschieden. Daran haben M. Palay und K. Rössle, später E. Gutenberg und E. Grochla mit ihren Lehren von den "systembezogenen" Determinanten der Betriebstypen und von den "Betriebsverbindungen" angeknüpft. In neuerer Zeit sind besonders wirtschafts- bzw. betriebssoziologische und -psychologische Forschungen für die einzelwirtschaftliche Morphologie und Typologie bedeutsam geworden, die auf diese Weise neue Aspekte aufnahm und sich vollends aus einem Randgebiet der Betriebswirtschaftslehre zu einem interdisziplinären Forschungsgebiet speziell von Führungs- und Gestaltungs-(Marketing-)problemen (u. a. J. Bidlingmeier, H. Raffée, G. Specht) zu entwickeln begann. - 2. Gutenberg hat sich v. a. darauf konzentriert, "systemindifferente Substanz" betrieblichen Vollzugs, die in allen Gesellschafts-, Wirtschafts- und Sozialordnungen vorhanden ist, herauszuarbeiten. Gleichwohl war auch er sozialtypologisch und gestalttheoretisch interessiert: Er hat systembezogene Tatbestände v. a. der "kapitalistischen Unternehmung" näher untersucht und unterschied z. B. Willensbildungszentren unter dem Einfluß des Privateigentums an Produktionsmitteln. - 3. Grochla hat die Frage des Verhältnisses der Betriebe zur jeweiligen volkswirtschaftlichen Ordnung weiter vertieft und systematisiert. Als Betriebsverbindungen unterschied er im Hinblick auf den Umfang der gemeinsamen Aufgabenerfüllung die Grundkategorien "Betriebsverband" und "Verbundbetrieb". In den späteren Arbeiten des Autors und seiner Mitarbeiter haben Wirkungssystembegriffe an Bedeutung gewonnen. - 4. Über öffentliche Betriebe bzw. Unternehmen und Verwaltungen haben im Anschluß an die klassische deutsche Gemeinwirtschaftstheorie (A. Wagner, E. Sax, A. Schäffle) früh u. a. M. Lohmann und W. Mahlberg geforscht; später H. Ritschl, G. Rittig, G. von Eynern und A. Schnettler. In neuerer Zeit erschienen wichtige Arbeiten u. a. von G. Weisser, Th. Thiemeyer, K. Oettle und P. Eichhorn. - Bei Weisser und Thiemeyer sowie bei W. W. Engelhardt stehen institutionelle subjektive Sinnmerkmale gemeinwirtschaftlicher Unternehmen und öffentlicher Verwaltungen im Mittelpunkt mehr oder weniger "kritizistischer" Gemeinwohlkonzeptionen, die von "idealistischen" und "rationalistischen" Konzeptionen abgegrenzt werden: öffentliche bzw. kommunale Betriebe, gemeinnützige Krankenhäuser sowie andere "freigemeinwirtschaftliche" Einzelwirtschaften (Organisationen) erfüllen danach nicht nur aus dem subjektiven Sinn ihrer Gestalter heraus, sondern im jeweils festgelegten "öffentlichen Interesse" Aufgaben, die Private nicht oder nicht auf diese Weise erfüllen. Was bei Staatsbetrieben als im öffentlichen Interesse liegend gilt oder bei Privatbetrieben Gegenstand der Regulierung bzw. "öffentlicher Bindung" (G. von Eynern) sein kann, wird politisch immer umstritten bleiben, ist aber gleichwohl konkretisierbar (A. Etzioni). Privat- und Gemeinwirtschaft erscheinen trotz sensationeller Transformationsfälle (z. B. "Neue Heimat") auch heute als einander ergänzende Teile funktionsfähiger gemischter Wirtschaftsordnungen, die z .Zt. durch "Public Private Partnerschip" neue Inhalte und Formen anstreben. - 5. Genossenschaften und diesen verwandte Einzelwirtschaften wurden morphologisch und typologisch in neuerer Zeit vielfältig erforscht (G. Weisser, G. Draheim, R. Henzler, E. Dülfer, E. B. Blümle, P. Schwarz, W. W. Engelhardt u. a.): Bezüglich früher Transformationen bei Produktivgenossenschaften, die sich z. T. heute bei anderen Genossenschaftsarten wiederholen, erhielt dieser Forschungszweig entscheidende Anregungen von Politischen Ökonomen, insbes. C. Gide, B. Webb und F. Oppenheimer (zuletzt B. Flieger). - Gliederung: a) Typologien der Widmungsinhalte speziell bei Genossenschaften und "vergleichbarer Kooperative" (E. Dülfer) in manchem verwandt der Grundtypeneinteilung von Organisationen aller Art durch P. Schwarz in Erwerbs-, Gemein-, Kooperations-, Karitativ- und Konsumwirtschaften: gemein-, förderungs-, gruppen-, stiftungs-, erwerbs- und verwaltungswirtschaftliche Widmungsinhalte als verwirklichte Genossenschaftszwecke (W. W. Engelhardt); b) Typologien der Kooperationsleitbilder und- Strategien: Koordinations-, Vertretungs-, Ökonomisierungskooperationen; bei zusätzlicher Berücksichtigung der Einzelaufgabe als Leitmerkmal von vierunddreißig Kriterien ergeben sich insgesamt neun Typen, darunter auch Interessenverbände und Kartelle (P. Schwarz); c) Struktur- und Strukturentwicklungstypen industriezeitlicher westlicher Genossenschaften, die heute oft hinsichtlich mehrerer Merkmale unterschieden werden: Organwirtschaftliche Kooperative, Marktbeziehungs-Kooperative und Integrierte Kooperative (E. Dülfer). - 6. Bezüglich betriebswirtschaftlicher Beiträge zur typologischen und morphologischen Methodenlehre wurden von E. Castan vor einigen Jahrzehnten in einer Art Zwischenbilanz über die bis dahin veröffentlichen Beiträge die folgenden Namen genannt: G. Weisser, W. Kalveram, C. Eisfeld, H. Petersen, H. Buddeberg, P. Nowak, K. Mellerowicz, B. Tietz. Später sind zu Grundlagenfragen der Typologie und Morphologie von Betrieben und anderen Einzelwirtschaften sowie der mehr oder weniger formalisierten Organisationen hinzugekommen Beiträge u. a. von H. Cox, W. Endres, W. W. Engelhardt, H. Lehmann, E. Leitherer, G. Ropohl, W. Risse, P. Schwarz, G. Specht, Th. Thiemeyer, F. Zwicky. - Der Trend der methodologisch bewußt entwickelten Unternehmenstypologie dürfte wie in der Organisationskulturforschung zunehmend empirisch-theoretisch oder normativ- aktionsforschungsorientiert auf eine möglichst saubere Einbeziehung unterschiedlichen subjektiven Sinns, der diversen Umwelteinflüsse und der gewollt eingetretenen oder ungewollt erreichten Auswirkungen voneinander abweichender Verhaltensweisen gerichtet sein. - 7. Gliederung der bisherigen Ergebnisse von E. Castan: a) Stiltypologien, die früh auf G. Weisser im Anschluß an die Stilgenealogien von A. Müller-Armack und neuerdings auf E.H. Schein zurückgehen; b) Leistungstypologien, die zunächst u .a. auf E. Gutenberg und E. Schäfer zurückzuführen sind. Castan merkte allerdings an, daß Bemühungen, die Betriebe in einer Art Vorstufe typologischen Forschens sämtlich nach ihren Leistungen zu klassifizieren, schon seit Beginn der betriebswirtschaftlichen Erkenntnisgewinnung unternommen wurden. Von diesen Ansätzen zur Gliederung aller Betriebe - meist in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre unternommen - unterschied er besondere Leistungstypologien der Produktions-, Handels-, Bank-, Verkehrs-, Versicherungs- und Dienstleistungsbetriebe, die regelmäßig in speziellen - institutionellen - Betriebslehren entwickelt worden sind. Von heute her gesehen lassen sich nach O. Hahn und P. Schwarz darüber hinaus verstärkt Typologien aufstellen, die quer zu den Branchen- und Wirtschaftszweiggliederungen verlaufen, wie z. B. die Genossenschaftstypologien, ferner Kunden-, Verbraucher und z. T. auch Warentypologien.
V. Abgrenzung: Die Erforschung der Unternehmungstypen und anderer Einzelwirtschafts- bzw. Organisationstypen ist - wie aus den bisherigen Darlegungen abgeleitet werden kann - deutlich sowohl von der Analyse katallaktischer Abläufe und anderer Gegenstände genereller Theorien des BWL, als auch von der Erforschung individueller Tatsachen im Rahmen der Unternehmerbiographien und der Firmengeschichte (Unternehmungsgeschichte) unterscheidbar, auch wenn es Berührungs- und Überschneidungspunkte besonders zu den beiden letztgenannten Forschungsschwerpunkten gibt. Wesentlich engere Verbindungen liegen aber zum Betriebsvergleich vor, da die Erarbeitung deskriptiv und empirisch-theoretischer typologischer Aussagen neben der begrifflichen immer eine vergleichende (und in derem Zusammenhang auch interpretierende) Seite hat. Entsprechend verhält es sich mit der Unternehmenspolitik, soweit sie differenzierende angewandt-theoretische oder normative Aussagen erstrebt.
VI. Bisherige Bedeutung für die Praxis: Vorliegende typologische bzw. morphologische Erkenntnisse haben bislang nicht nur für differenzierende Aussagen der Unternehmenspolitik, sondern darüber hinaus für die unmittelbare Praxis in Politik und Wirtschaft erhebliche Bedeutung gewonnen. Z. B. war dies bei Reformen zur Umgestaltung des Aktien- und Genossenschaftsrechts (E. Dülfer, G. Draheim u. a.), bei der Beurteilung von Unternehmungsverflechtungen im Rahmen der Wettbewerbsgesetzgebung und auch vor Erlaß von Steuergesetzen und deren Veränderung der Fall. Eine große Rolle spielten sie auch zeitweise bei den Diskussionen um den weiteren Ausbau des Revisionswesens privater, genossenschaftlicher und öffentlicher Unternehmen. Hauptrichtungen der Bemühungen waren hier primär die "gemeinwirtschaftliche" bzw. "gesellschaftsbezogene" Erfolgsermittlung öffentlicher und privater Betriebe (Th. Thiemeyer, A. von Loesch, P. Eichhorn u. a.). Bei den Genossenschaften und Verbänden wurde über Förderungsbilanzen bzw. -berichte und eine verbesserte Erfassung von "instrumenteller" und "sozio-emotionaler" (lebensweltbezogener) Rationalität von Genossenschafts- und Verbändepolitik positiv und kritisch nachgedacht (E. Boettcher, E.-B. Blümle, P. Schwarz, H. W. Jenkis u. a.).


Literatur: Castan, E., Typologie der Betriebe, Stuttgart 1963; Dülfer, E. (Hrsg.), Organisationskultur, 2. Aufl., Stuttgart 1991; ders., Betriebswirtschaftslehre der Genossenschaften und vergleichbarer Kooperative, Göttingen 1995; Engelhardt, W. W., Über die Bedeutung morphologisch-typologischer Theorieansätze für die Betriebswirtschaftslehre, in: Beyer, H. T. et al. (Hrsg.), Neuere Entwicklungen in Betriebswirtschaftslehre und Praxis, Frankfurt a. M. 1987; ders., Gemeinwirtschaftliche Unternehmungen, in: HWB, 5. Aufl., 1993; ders., Zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gemeinwirtschaftlicher Unternehmen und anderer gemeinwohlorientierter Organisationen, in: Verbrauchsmanagement, 20. Jg., Fribourg 1995; Lehmann, H., Typologie und Morphologie der Betriebswirtschaftslehre, HWB, 4. Aufl., 1976; Schwarz, P., Morphologie von Kooperationen und Verbänden, Tübingen 1979; Thiemeyer, Th., Unternehmensmorphologie. Methodische Vorbemerkungen zur Bildung praxisbezogener Betriebstypen, Arch. f. ö. u. f. U., Bd. 10, 1972/74; Tietz, B., Bildung und Verwendung von Typen in der Betriebswirtschaftslehre, Köln/Opladen 1960; Weisser, G. (Hrsg.), Die Morphologie der einzelwirtschaftlichen Gebilde und ihre Bedeutung für die Einzelwirtschaftspolitik, Göttingen 1957; Zerche, J. et al. (Hrsg.), Genossenschaft und Genossenschaftsforschung, Regensburg 1989.

 

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