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eidesstattliche Versicherung

Form der Beteuerung der Richtigkeit einer Erklärung. Die e. V. ist in vielen Fällen gesetzlich vorgeschrieben oder zugelassen, kann aber auch sonst in einem förmlichen Beweisverfahren vor einer Behörde als Grundlage für eine Entscheidung abgegeben werden.
I. Zivilprozeß: Mittel der Glaubhaftmachung (z. B. beim Arrest, der einstweiligen Verfügung, dem Armenrechtsverfahren), jedoch ist sie i. d. R. kein zulässiges Beweismittel.
II. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen: Geregelt in § 807 ZPO. - 1. eidesstattliche Versicherung V. (früher: Offenbarungseid) muß der Schuldner abgeben, wenn der Gläubiger wegen einer Geldforderung vollstreckt und die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen fruchtlos ausgefallen ist oder voraussichtlich ausfallen wird. Der Schuldner muß ein Verzeichnis seines gesamten pfändbaren und unpfändbaren Vermögens vorlegen und zu Protokoll die e. V. abgeben, daß er die Angaben nach bestem Wissen richtig und vollständig gemacht habe. Bei Forderungen sind auch Entstehungsgrund und Beweismittel anzugeben, ferner die im letzten Jahr (bei unentgeltlichen Verfügungen zugunsten des Ehegatten: die in den letzten zwei Jahren) vor dem Termin zur Abgabe der e. V. vorgenommenen anfechtbaren Rechtshandlungen (Anfechtung außerhalb des Konkurses). - 2. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz oder eine Firma ihren Sitz hat. Die e. V. ist gegenüber dem Rechtspfleger abzugeben. - 3. Erforderlich ist Antrag des Gläubigers, dem der Vollstreckungstitel mit Zustellungsnachweis und eine Bescheinigung des Gerichtsvollziehers über die fruchtlose Pfändung beizufügen sind. - 4. Macht der Schuldner im Termin glaubhaft, daß er die Schuld binnen drei Monaten tilgen werde, kann das Gericht den Termin bis zu drei Monaten vertagen. Bestreitet der Schuldner seine Verpflichtung zur Abgabe der e. V., muß darüber durch Beschluß entschieden werden (gegen den über den Widerspruch entscheidenden Beschluß ist Erinnerung und dagegen sofortige Beschwerde gegeben; Verpflichtung zur Abgabe der e. V. erst nach Rechtskraft). Erscheint der Schuldner zum Termin nicht oder verweigert er ohne Angaben von Gründen die e. V., so ist auf Antrag des Gläubigers Haft anzuordnen; Verhaftung und Vorführung durch Gerichtsvollzieher; die Kosten der Durchführung kann der Gläubiger von dem Schuldner erstattet verlangen. Der Schuldner kann die Haft jederzeit durch Abgabe der e. V. beenden. - 5. Vor Ablauf von drei Jahren braucht der Schuldner eine weitere e. V. nur abzugeben, wenn der Gläubiger unter Glaubhaftmachung vorträgt, daß der Schuldner später Vermögen erworben hat oder sein Arbeitsverhältnis aufgelöst ist. War der Schuldner bei Abgabe der e. V. arbeitslos, reicht es nicht aus, daß er nach Ablauf einiger Zeit evtl. wieder arbeitet. - 6. Jeder Gläubiger, der die Abgabe der e. V. hätte verlangen können, erhält auf Antrag eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses vom Gericht. - 7. Das Amtsgericht trägt den Schuldner, der die e. V. abgegeben hat, oder gegen den Haftbefehl ergangen ist, in das Schuldnerverzeichnis ein, in das jeder Einsicht nehmen kann, wenn diese Information für Zwecke der Zwangsvollstreckung oder zur gesetzlich verpflichteten Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit verwendet werden sollen; die Eintragung gilt als gelöscht, wenn drei Jahre vergangen sind (§§ 899-915 h ZPO).
III. Zwangsvollstreckung wegen Herausgabe einer beweglichen Sache: Hat der Schuldner eine bestimmte bewegliche Sache herauszugeben und wird diese vom Gerichtsvollzieher nicht vorgefunden, so hat er auf Antrag des Gläubigers zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß er die Sache nicht besitze und auch nicht wisse, wo sie sich befinde (§ 883 ZPO).
IV. Bürgerliches Recht (§§ 259, 260 BGB): 1. Die e. V. muß abgeben, wer a) zur Rechnungslegung verpflichtet war, b) über einen Bestand an Gegenständen Auskunft zu geben hatte, in beiden Fällen jedoch nur, wenn Grund zu Annahme besteht, daß Angaben über Einnahmen bzw. Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gegeben wurden. - 2. Die e. V. ist bei freiwilliger Abgabe beim Amtsgericht im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei Verurteilung vor dem Vollstreckungsgericht abzugeben (§ 261 BGB).
V. Konkursrecht (ab 1. 1. 1999: Insolvenzrecht): Der Gemeinschuldner hat auf Antrag des Konkursverwalters (Insolvenzverwalter) die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inventarverzeichnisses (nur der Aktiva) an Eides Statt zu versichern, ab 1. 1. 1999: Insolvenzverwalter (§ 153 InsO). Maßgebend ist der Zeitpunkt der Konkurseröffnung (nicht der Abgabe der e. V.). Keine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO). Erzwingbar nach §§ 900 ff. ZPO.
VI. Vergleichsrecht (gilt noch bis 1. 1. 1999, Art. 2 Nr. 1 Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung): Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag des Vergleichsverwalters oder eines Gläubigers dem Schuldner die Verpflichtung auferlegen, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, er habe nach bestem Wissen sein Vermögen und seine Verbindlichkeiten so vollständig angegeben und die verlangte Auskunft so vollständig erteilt, als er dazu imstande sei (§ 69 VerglO). Der Schuldner muß sich bei Antragstellung zur Abgabe der e. V. bereit erklären, sonst ist Eröffnung des Vergleichsverfahrens abzulehnen. - Bei Verurteilung des Schuldners wegen betrügerischen Bankrotts oder wegen vorsätzlich falscher Abgabe einer e. V. verliert der Vergleich seine Wirkung (§ 88 VerglO). - Die Abgabe der e. V. zur Auskunft ist nicht erzwingbar. Vielmehr ist das Vergleichsverfahren einzustellen und es ist über die Eröffnung des Konkurs zu entscheiden (§ 100 I Nr. 7 VerglO).
VII. Steuerrecht: Nach § 284 AO kann die Behörde nach erfolglosem Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Vollstreckungsschulders von dem Vollstreckungsschuldner verlangen, daß er an Eides Statt die Richtigkeit des aufzustellenden Vermögensverzeichnisses versichert. Das Finanzamt nimmt die e. V. selbst ab, wenn sich der Schuldner dazu bereit erklärt, andernfalls ersucht es das zuständige Amtsgericht um Vornahme. Eintragung der steuerlichen e. V. in das beim Amtsgericht geführte Schuldnerverzeichnis. - Das Finanzamt kann eine e. V. auch über Tatsachen verlangen, die der Steuerpflichtige behauptet (§ 95 I AO). Die Versicherung an Eides Statt kann nur von Beteiligten verlangt werden. Bei anderen Personen als Beteiligten eidliche Vernehmung. Die e. V. ist dem Vorsteher des Finanzamts abzugeben. Auch in Ausübung der Steueraufsicht können e. V. von den Finanzämtern verlangt werden; wird die e. V. in diesem Fall verweigert, dürfen die Finanzämter hieraus Schlüsse ziehen, die zur Änderung einer rechtskräftigen Veranlagung führen können.
VIII. Freiwillige Gerichtsbarkeit: Zur Glaubhaftmachung ist die e. V. in der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 15 II FGG) ebenso wie im Verwaltungsverfahren, so im Aufgebotsverfahren vor dem Standesamt (§ 5 III PersonenstandsG) zugelassen.
IX. Strafbestimmungen: Die Abgabe einer falschen e. V. ist nach §§ 156, 163 StGB strafbar; bei Vorsatz Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, bei Fahrlässigkeit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Straflosigkeit tritt bei rechtzeitiger Berichtigung ein.

 

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