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Börse

I. Begriff: 1. Allgemein: Marktveranstaltung, die hinsichtlich des Ortes, der Zeit, der Marktteilnehmer und des Ablaufs genau geregelt ist. Wichtige Merkmale einer B.: a) Fungibilität (gegenseitige Vertretbarkeit) der Handelsobjekte wie Waren, Devisen oder Effekten; b) örtliche Konzentration von Angebot und Nachfrage. Letztgenanntes Merkmal verliert jedoch insofern an Bedeutung als durch den Einsatz moderner Kommunikationstechnologien die örtliche Dezentralisation voranschreitet. Neben den Präsenzbörsen entstanden zahlreiche Computerbörsen u. a. die Deutsche Terminbörse (DTB). - 2. In der Bundesrep. D.: Eine staatlich genehmigte Marktveranstaltung, auf der sich regelmäßig zu bestimmten Zeiten an bestimmten Örtlichkeiten Kaufleute treffen, um vertretbare Effekten, Waren oder Devisen, die nicht im Börsenraum körperlich vorhanden sind, zu standardisierten Börsen- und Vertragsbedingungen zu handeln.
II. Arten: (nach den jeweiligen Handelsobjekten zu unterscheiden): 1. Waren-B.: a) Produkten-B.: Märkte mit beschränkter Fungibilität der Handelsobjekte (Waren). Sie haben nur eine eng begrenzte regionale Bedeutung, indem sie für die Versorgung der Region mit Waren wie Getreide, Futtermittel, Torf sorgen. Wesentliches Merkmal dieser Börsenart ist das Effektivgeschäft, d. h. es werden Handelsabschlüsse über real vorhandene Waren auch tatsächlich erfüllt, wobei die Ware jedoch nicht unbedingt am Börsenort bzw. Börsenlokal körperlich vorhanden sein muß. Für Produkten-Börse sind regelmäßig keine Börsenordnungen vorgeschrieben, sondern der Handel erfolgt nach individuellen Vertragsbedingungen. Auf den kleinen Produkten-Börse erfolgt der Austausch der Ware bei Geschäftsabschluß durch den einfachen Tausch der Schlußscheine, die auch die vereinbarten Vertragsbedingungen enthalten. Dagegen werden auf den größeren Produkten-Börse durch die Einschaltung von Lagerhäusern, die das Eigentum an der Ware durch einen indossierbaren Lagerschein verbriefen, das Eigentum an der Ware durch die Weitergabe dieser Lagerscheine (Einigung, Übergabe und Indossament) übertragen, ohne daß die Ware selbst bewegt werden muß. Diese Fungibilität ist insbes. bei großen Lagerbeständen von Bedeutung, da ansonsten durch den Transport der Ware von Lagerplatz zu Lagerplatz enorme Kosten entstehen würden. - b) Warentermin-B.: Märkte mit voller Fungibilität der Handelsobjekte (Waren), charakterisiert durch eine besondere Art der Geschäftsabwicklung. Bei Termingeschäften werden über mengen- und qualitätsmäßig standardisierte Einheiten (Kontrakte) von i. d. R. Naturprodukten, wie Getreide, Rohstoffe, Verträge abgeschlossen, die nicht sofort, sondern zu einem bestimmten, späteren Termin erfüllt werden müssen. Im Gegensatz zu den Produkten-Börse kann sich der Vertragspartner durch ein zum gleichen Termin abgeschlossenes Gegengeschäft (d. h. der ursprüngliche Kontrakt wird per Termin wieder verkauft) der effektiven Erfüllung des Vertrages entziehen. Warentermin-Börse haben ihre Bedeutung zur Abwicklung von Arbitragegeschäften (Arbitrage) oder zur Abwicklung von Hedgegeschäften (Hedging). Börsenplätze für Warentermingeschäfte in der Bundesrep. D.: Hamburger Zuckerbörse, Hamburger Kaffeebörse, Bremer Baumwollbörse; heute nur noch die Hamburger Kaffebörse. Bedeutende internationale Warentermin-Börse sind Comex (New York) und LME (London). - 2. Dienstleistungs-B.: Hierzu gehören die verschiedenen Versicherungs-Börse der Schiffahrt und des Luftverkehrs sowie die Transport-B.. In der Bundesrep. D. existiert die Hamburger Versicherungs-B., auf der das gesamte Transportversicherungsgeschäft (See- und Flußkaskogeschäft) national und neben Rotterdam und London auch international abgewickelt wird. Handelsobjekte der Dienstleistungs-Börse sind die sehr individuellen und daher wenig standardisierbaren Versicherungsverträge, die zudem in ihrem Risiko teilweise so hoch sind (z. Börse beim großen Seeversicherungsgeschäft), daß sie auf mehrere Vertragspartner aufgeteilt werden müssen. - 3. Devisen-B.: Handelsobjekte sind Devisen, also auf fremde Währung lautende und an einem ausländischen Platz zahlbar gestellte Forderungen (z. Börse Fremdwährungsguthaben bei Auslandsbanken, im Ausland in Fremdwährung zahlbare Wechsel und Schecks). Sorten (ausländische Banknoten und Münzen) sind keine Devisen, können aber in solche umgewandelt werden. Börsenplätze in der Bundesrep. D.: Frankfurt a. M., Hamburg, Düsseldorf, München und Berlin. Frankfurt a. M. ist die Leitbörse, an der durch die Mitwirkung der anderen Börsenplätze im Dauertelefonverkehr der amtliche Devisenmittelkurs für 18 Währungen ermittelt wird. Darüber hinaus ergibt sich die Leitfunktion der Frankfurter Devisenbörse auch aus der an ihr tätigen Deutschen Bundesbank zur Erfüllung der Interventionspolitik. Die DM-Notierung wird wegen der Leitfunktion der Frankfurter Devisenbörse in der Fachsprache allgemein auch als "Auszahlung Frankfurt" bezeichnet. Segmente des Devisenhandels sind einmal der Kassamarkt, an dem die Geschäfte mit Wertstellung zwei Tage nach Abschluß (Erfüllung) getätigt werden, und der Terminmarkt, an dem die Geschäfte mit Wertstellung per Termin (Outright-Geschäfte) getätigt werden. - 4. Effekten-Börse (Wertpapier-B.): Handelsobjekte auf diesen Börse sind Wertpapiere des Kapitalmarktes (Aktien, Rentenwerte). - a) Rechtsgrundlage: Rechtsgrundlage jeder Börse ist das Börsengesetz (BörsG) vom 22. 6. 1896, zuletzt 1994 erheblich geändert. Durch dieses werden für alle deutschen Börse gültige Bestimmungen über Aufbau der B., Ablauf des Börsengeschehens, Staatsaufsicht, Träger, Selbstverwaltungsorgane kodifiziert. Darüber hinaus hat jede Börse eine durch den Börsenvorstand zu erlassende und von der jeweiligen Landesregierung zu genehmigende Börsenordnung. Seit dem 1. 5. 1987 gibt es zudem ein eigenes Börsenzulassungs-Gesetz. - b) Rechtsform: Die Börse selbst hat die Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen, körperschaftsähnlichen Einrichtung eigener Art nach Maßgabe des Börsengesetzes. Die Träger der Börse sind entweder rechtsfähige Vereine (Vereinsbörsen) oder die Industrie- und Handelskammer als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Kammerbörsen). Börsenplätze in der Bundesrep. D.: München, Stuttgart, Frankfurt a. M., Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Berlin, Bremen. - c) Börsenorganisation: Organe gem. Börsengesetz: (1) Börsenvorstand, (2) Kursmaklerkammer, (3) Zulassungsstelle (Börsenbehörde), (4) Börsenehrenausschuß und (5) Börsenschiedsgericht - Als Börsenteilnehmer mit Befugnis zur Teilnahme am Börsenhandel können auf Antrag zugelassen werden: Alle ins Handelsregister eingetragenen Einzelkaufleute, persönlich haftende Gesellschafter einer OHG, KG, KGaA und die gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person sowie deren Vertreter (Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte); kraft ihres Amtes sind zugelassen amtliche Kursmakler und freie Makler. Der amtliche Kursmakler wird durch die Landesregierung nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (Qualifikation, Tätigkeit als stellvertretender Kursmakler, Prüfung) unter Anhörung des Börsenvorstandes bestellt und ermittelt die amtlichen Kurse. Dagegen sind die freien Makler nicht vereidigt (keine Amtspersonen) und wirken nicht an der amtlichen Kursfeststellung mit. Sie können Geschäfte auf eigene Rechnung abwickeln und sind wie amtliche Kursmakler Kaufleute i. S. des HGB. Auch Börsenteilnehmer ohne Handlungsbefugnis (z. Börse Presse, Boten) können zugelassen werden. - d) Teilmärkte: (1) Amtlicher Handel: Bundes- und Länderanleihen sind kraft Gesetz an allen Börse zugelassen. Alle anderen Wertpapiere bedürfen der Zulassung zum amtlichen Handel durch die Zulassungsstelle der jeweiligen Börse Der Antrag ist von einem an der Börse bereits vertretenen Kreditinstitut zu stellen, das dem Antrag einen Emissionsprospekt beizufügen hat, aus dem die wirtschaftliche Lage sowie die wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven des emittierenden Unternehmens ersichtlich werden. Zum Schutz der Aktionäre vor falschen Prospektangaben haftet für eventuelle Schäden neben dem Emittenten auch das antragstellende Kreditinstitut (Prospekthaftung). Für diese amtlich notierten Papiere wird an jedem Börsentag ein Einheitskurs (Kurs, zu dem der größte Umsatz möglich ist) vom Kursmakler festgestellt und veröffentlicht. Aktien mit größerem Umsatzvolumen sind sowohl in dieser Einheitsnotierung als auch in der fortlaufenden Notierung enthalten, d. h. während der Börsenzeit kommt es zu konkreten Umsätzen in diesen Werten von mindestens 50 Stück oder einem Vielfachen davon zu variablen Kursen (= Zwischennotierung), verbleibende Restbestände (weniger als 50 Stück) gehen dann in die amtliche Einheitsnotierung. Alle Geschäfte sind innerhalb von zwei Börsentagen nach Abschluß zu erfüllen. (2) Geregelter Markt: Nicht zum amtlichen Handel zugelassene Papiere werden in diesem Marktsegment gehandelt. Die Aufsicht über den geregelten Markt hat der Börsenvorstand. Kriterium für die Zulassung ist ein Mindestnennbetrag für die Einführung von 500.000 DM (10.000 Aktien zu 50 DM). Weiterhin ist der Unternehmensbericht in seinen Ausführungen kürzer als die für den Prospekt, wobei jedoch ebenso für den Mitantragsteller eine Prospekthaftung besteht. Den Zulassungsantrag kann auch unter bestimmten Voraussetzungen eine Nicht-Bank stellen. Im geregelten Markt findet keine amtliche Notierung statt, wenngleich die nicht-amtliche Preisfeststellung einer gesetzlichen Regelung unterliegt.

 

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