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Verjährung

I. Allgemeines: Der Verjährung unterliegen alle Ansprüche (also nicht nur Geldforderungen, sondern z. B. auch Herausgabe- und Unterlassungsansprüche) mit Ausnahme gewisser familienrechtlicher Ansprüche und der Ansprüche aus im Grundbuch eingetragenen Grundstücksrechten. - Rechtswirkungen: Die Verjährung bewirkt keinen Untergang des Anspruchs; der Schuldner ist nur berechtigt, die Erfüllung zu verweigern (Einrede der Verjährung). Erfüllt er eine verjährte Forderung, kann er das Geleistete auch dann nicht zurückfordern, wenn er in Unkenntnis der Verjährung geleistet hat (§ 222 BGB). Ist für die Forderung ein Pfandrecht oder eine Hypothek bestellt, kann sich der Gläubiger i. d. R. auch nach Eintritt der Verjährung aus dem Pfandobjekt befriedigen (§ 222 BGB), ebenso bei Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung.
II. Fristen: 1. Die regelmäßige V.-Frist beträgt 30 Jahre (§ 195 BGB). - 2. In zwei Jahren verjähren u. a. die Ansprüche: a) die Kaufleute, Fabrikanten und Handwerker für Lieferung von Waren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder Geschäfte geltend machen können, mit Einschluß der Auslagen, es sei denn, daß die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt; b) derjenigen, welche Land- und Forstwirtschaft betreiben, für Lieferung von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, sofern die Lieferung zur Verwendung im Haushalt des Schuldners erfolgt; c) der Eisenbahnunternehmungen, Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgeldes, der Fracht, des Fuhr- und Botenlohnes, mit Einschluß der Auslagen (gem. § 94 EVO u. § 40 KVO aber i. d. R. ein Jahr); d) der Gastwirte und derjenigen, welche Speisen und Getränke gewerbsmäßig verabreichen, für Gewährung von Wohnung und Beköstigung sowie für andere, den Gästen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen; e) derjenigen, welche bewegliche Sachen gewerbsmäßig vermieten, wegen des Mietzinses; f) derjenigen, welche, ohne zu den in a) bezeichneten Personen zu gehören, die Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig betreiben, wegen der ihnen aus dem Gewerbebetrieb gebührenden Vergütungen, mit Einschluß der Auslagen; g) derjenigen, welche im Privatdienst stehen, wegen des Gehalts, Lohnes oder anderer Dienstbezüge, mit Einschluß der Auslagen, sowie der Dienstberechtigten wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse; h) der gewerblichen Arbeiter, Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter, der Tagelöhner und Handarbeiter wegen des Lohns und anderer an Stelle oder als Teil des Lohns vereinbarter Leistungen, mit Einschluß der Auslagen, sowie der Arbeitgeber wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse; i) der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte für ihre Dienstleistungen, mit Einschluß der Auslagen; k) der Rechtsanwälte, Notare und Gerichtsvollzieher sowie aller Personen, die zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt oder zugelassen sind, wegen ihrer Gebühren und Auslagen, soweit diese nicht zur Staatskasse fließen; l) der Parteien wegen der ihren Rechtsanwälten geleisteten Vorschüsse; m) der Zeugen und Sachverständigen wegen ihrer Gebühren und Auslagen (§ 196 I BGB). - 3. In vier Jahren verjähren die Ansprüche: a) derjenigen unter 2. a) und b), soweit sie nicht in zwei Jahren verjähren (§ 196 II BGB); b) die Ansprüche auf Rückstände von Zinsen, mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen zu zahlenden Amortisationsraten, die Ansprüche auf Rückstände von Miet- und Pachtzinsen, soweit sie nicht in zwei Jahren verjähren (vgl. e)), und die Ansprüche auf Rückstände von Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen, Wartegeldern, Ruhegehältern, Unterhaltsbeiträgen und anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen (§ 197 BGB). - 4. Der Anspruch auf Wandlung oder Minderung und der Schadensersatzanspruch beim Kaufvertrag (Sachmängelhaftung) verjähren bei beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken innerhalb eines Jahres von der Übergabe an (§ 477 BGB). - 5. Beim Werkvertrag verjähren der Anspruch des Bestellers auf Nachbesserung (Nachbesserungspflicht) und die Ansprüche des Bestellers auf Wandlung, Minderung und Schadensersatz wegen eines Mangels des Werks in sechs Monaten, bei Arbeiten an einem Grundstück in einem Jahr, bei Bauwerken in fünf Jahren, und zwar jeweils seit Abnahme des Werks (§ 638 BGB). Ist beim Kauf- oder Werkvertrag ein Mangel arglistig verschwiegen worden, so verjähren die Mängelansprüche erst in dreißig Jahren. - 6. Bei Wechseln verjähren die Ansprüche gegen den Akzeptanten in drei Jahren vom Verfalltag an, die Ansprüche des Inhabers gegen die Indossanten und gegen die Aussteller in einem Jahr vom Tag des rechtzeitig erhobenen Wechselprotestes an, die Ansprüche eines Indossanten gegen einen anderen Indossanten und gegen den Aussteller in sechs Monaten seit Einlösung oder klageweiser Geltendmachung des Rückgriffsanspruchs (Art. 70 WG). - Rückgriffsansprüche aus Schecks verjähren entsprechend (Art. 52 ScheckG). - 7. Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen verjähren in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, spätestens aber in 30 Jahren von der Begehung der Tat an; solange zwischen den Beteiligten Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz schweben, ist die Verjährung gehemmt, bis ein Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert (§ 852 BGB). - 8. Die Ansprüche aus dem Haftpflichtgesetz, Ansprüche gegen Eisenbahnen und Straßenbahnen wegen eines unverschuldet verursachten Sachschadens und die Ansprüche aus dem Straßenverkehrsgesetz verjähren in drei Jahren, und zwar vom Zeitpunkt der Kenntnis an, spätestens aber in 30 Jahren von der Begehung der Handlung an. - 9. Ansprüche aus Versicherungsverträgen verjähren i. a. nach zwei Jahren, bei Lebensversicherungen nach fünf Jahren. Ist ein Anspruch des Versicherungsnehmers beim Versicherer angemeldet, so ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers gehemmt. - 10. Im unlauteren Wettbewerb verjährt der Anspruch auf Unterlassung oder Schadensersatz i. d. R. innerhalb sechs Monaten vom Zeitpunkt der Kenntnis der Handlung und der Person des Verpflichteten an, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis drei Jahre von der Begehung der Handlung an; Beginn der Verjährung für Ansprüche auf Schadensersatz nicht vor dem Zeitpunkt der Schadensentstehung (§ 21 UWG). - 11. Besondere handelsrechtliche V.: a) Verjährung für die Schuldenhaftung des Veräußerers bei Veräußerung eines Unternehmens beträgt i. a. fünf Jahre (§§ 25, 26 HGB); b) verkürzte Verjährung von drei Monaten bzw. fünf Jahren für die Ansprüche des Unternehmers oder der OHG oder KG aus Verletzung des Wettbewerbsverbotes (§§ 61, 113, 165 HGB); c) Verjährung aller Ansprüche sowohl des Handelsvertreters als auch des Unternehmers nach vier Jahren, (§ 88 HGB) d) Verjährung der Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der OHG spätestens in fünf Jahren, § 159 HGB. - 12. Ersatzansprüche gegen die aus den Teilvermögen Deutsche Bundespost POSTDIENST und Deutsche Bundespost POSTBANK hervorgegangenen Nachfolgeunternehmen sind in § 24 des Postgesetzes i. d. F. vom 3. 7. 1989 (BGBl I 1449) m. spät. Änd. im einzelnen geregelt. So verjähren u. a. Ersatzansprüche des Postkunden aus dem Rechtsverhältnis zu POSTDIENST und POSTBANK regelmäßig in einem Jahr, beginnend mit dem Tag der Einlieferung. In vier Jahren verjähren die Ansprüche des Postgiroteilnehmers wegen nicht ordnungsgemäßer Ausführung seiner Aufträge durch das Postgiroamt. In 30 Jahren verjähren die Ansprüche des Postgiroteilnehmers auf Auszahlung des Postgiroguthabens. Die wechselseitigen Ansprüche der Deutschen Bundespost TELEKOM und ihrer Kunden sowie der sonstigen am Fernmeldeverkehr Beteiligten verjähren in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. BGB-Ansprüche aus Gewährleistung und unerlaubter Handlung sowie solche nach dem Produkthaftungsgesetz bleiben unberührt (§ 18 der Telekommunikationsverordnung i. d. F. vom 5.10.1992 BGBl I 1717)). - 13. Durch Urteil, Vollstreckungsbescheid, Kostenfestsetzungsbeschluß rechtskräftig festgestellte Ansprüche verjähren auch dann in 30 Jahren, wenn der Anspruch an sich einer kürzeren Verjährung unterliegen würde. Ebenso verjähren in 30 Jahren Ansprüche aus einem Prozeßvergleich, aus einer vollstreckbaren Urkunde sowie diejenigen Ansprüche, die durch Feststellung zur Konkurstabelle vollstreckbar geworden sind.
III. Beginn der V.: Grundsätzlich mit der Entstehung und Fälligkeit eines Anspruchs, bei Unterlassungsansprüchen mit der Zuwiderhandlung. Die zwei- und vierjährigen V.-Fristen der §§ 196,197 BGB beginnen erst mit dem Schluß des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entsteht oder fällig wird (§ 201 BGB).
IVerjährung Unterbrechung/Hemmung der V.: 1. Hemmung der Verjährungsfristen: Wird die Verjährung nur gehemmt, so läuft die begonnene V.-Frist nach Fortfall der Hemmung weiter, nur wird die Zeit nicht mitgerechnet, während der die Verjährung gehemmt war (§ 205 BGB). Die Verjährung ist gehemmt: a) zwischen Ehegatten während der Dauer der Ehe; b) zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern sowie zwischen Vormund und Mündel (§ 204 BGB); c) solange der Schuldner berechtigt ist, die Erfüllung zu verweigern, insbes. solange die Forderung gestundet ist (§ 202 BGB); d) wenn der Berechtigte während der letzten sechs Monate der V.-Frist durch Stillstand der Rechtspflege oder höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert war (§ 203 BGB). Vgl. auch Ablaufhemmung. - 2. Unterbrechung der V.: Wird die Verjährung unterbrochen, hört der Lauf der V.-Frist auf. Nach Beendigung der Unterbrechung beginnt eine neue Frist zu laufen, auf die die vor der Unterbrechung verstrichene Zeit nicht angerechnet wird (§ 217 BGB). Die Verjährung wird unterbrochen durch: a) Anerkenntnis des Schuldners, z. B. auch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung und Sicherheitsleistung (§ 208 BGB); b) Klageerhebung (§ 209 BGB); c) Anmeldung im Konkurs (§ 209 II Nr. 2 BGB); d) Geltendmachung der Aufrechnung im Prozeß (§ 209 II Nr. 3 BGB); e) Streitverkündung (§ 209 II Nr. 4 BGB); f) Vornahme einer Vollstreckungshandlung, auch wenn sie fruchtlos bleibt; g) einen an ein Gericht oder an eine andere zuständige Behörde gerichteten Antrag auf Zwangsvollstreckung (§ 209 II Nr. 5 BGB); h) Zustellung eines Mahnbescheids (Mahnverfahren; § 209 II Nr. 1 BGB). - Die Unterbrechung durch Klageerhebung und Mahnbescheid dauert bis zur Beendigung des Prozesses, die durch Konkursanmeldung bis zur Beendigung des Konkurses fort; wird die Klage oder Konkursanmeldung zurückgenommen oder der Mahnbescheid wegen Nichtbeantragung des Vollstreckungsbescheids kraftlos, gilt die Unterbrechung als nicht erfolgt (§§ 211-214 BGB).
Verjährung Vereinbarungen über die V.: Vereinbarungen mit dem Ziel einer Abkürzung, nicht dagegen Verlängerung der V.-Fristen, sind zulässig (§ 225 BGB). Nur bzgl. der Sachmängelansprüche bei Kauf- und Werkvertrag ist Verlängerung der V.-Fristen, jedoch nicht über 30 Jahre hinaus, möglich (§ 477 BGB).
VI. Strafrechtliche V.: Diese vernichtet den Strafanspruch des Staates und bildet Verfahrenshindernis. Entsprechendes gilt für die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten . - 1. Verfolgungsverjährung (§§ 78 ff. StGB, 31 OWiG): Die Strafverfolgung mit Ausnahme von Völkermord (§ 220 a StGB) und Mord (§ 211 StGB) verjährt mit Ablauf einer bestimmten Zeit nach Begehung der Straftat. Die Verjährungsfristen sind verschieden je nach der Höhe der angedrohten Strafe. Je schwerer die Straftat ist, um so länger ist die Verjährungsfrist (bis zu 30 Jahren bei Verbrechen, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind). Ordnungswidrigkeiten verjähren in sechs Monaten. Beträgt die angedrohte Geldbuße mehr als 1000 DM, beträgt die Verjährung ein bis drei Jahre. Durch bestimmte richterliche und nichtrichterliche Handlungen (bei Ordnungswidrigkeiten durch die Handlung eines zur Unterzeichnung des Bußgeldbescheides Befugten) gegen den Täter wird die Verjährungsfrist mit der Wirkung unterbrochen, daß sie neu zu laufen beginnt. Die Verjährung ruht, solange ein Gesetz die Verfolgung der Tat ausschließt (z. B. Immunität). - 2. Vollstreckungsverjährung (§§ 79 ff. StGB, 34 OWiG): Die Vollstreckung bereits erkannter Strafen oder Geldbußen verjährt, mit Ausnahme bei Völkermord und bei lebenslangen Freiheitsstrafen, z. B. wegen Mord, innerhalb von 3 bis 25 Jahren je nach Art und Höhe der erkannten Strafe. Jede auf Vollstreckung gerichtete Handlung der Vollstreckungsbehörde unterbricht die Verjährung.
VII. Steuerrechtliche V.: Im Steuerrecht wird in bezug auf den Steueranspruch zwischen Festsetzungsverjährung und Zahlungsverjährung unterschieden (vgl. im einzelnen dort). Für die Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten gilt eine Verjährungsfrist von 5 Jahren (§ 78 StGB, § 384 AO).

 

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