Wirtschaftslexikon - Enzyklopädie der Wirtschaft
lexikon betriebswirtschaft Wirtschaftslexikon lexikon wirtschaft Wirtschaftslexikon Suche im Wirtschaftslexikon
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
 
 
 

Gründung einer AG

I. Ablauf: 1. Die Satzung (Gesellschaftsvertrag) ist in notariell beurkundeter Form durch den oder die Gründer festzustellen (§§ 2, 23, 28 AktG). Sie muß bestimmen: (1) Firma und Sitz der Gesellschaft; (2) Gegenstand des Unternehmens, namentlich ist bei Industrie- und Handelsunternehmen die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, näher anzugeben; (3) Höhe des Grundkapitals; (4) die Nennbeträge der Aktien sowie die Zahl der Aktien jeden Nennbetrags und, falls mehrere Gattungen bestehen, die einzelnen Aktiengattungen und die Zahl der Aktien jeder Gattung; (5) ob die Aktien auf den Inhaber oder auf den Namen ausgestellt werden; (6) die Zahl der Mitglieder des Vorstands oder die Regeln zur Festlegung dieser Zahl; (7) Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft; (8) ggf. die einzelnen Aktionären eingeräumten Sondervorteile; (9) ggf. den Gründerlohn; (10) im Falle der Sachgründung den Gegenstand der Sacheinlage bzw. Sachübernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und den Nennbetrag der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergütung (§§ 23, 25-27 AktG). - 2. Gleichzeitig mit der Feststellung der Satzung findet die Übernahme der Aktien durch die Gründer gegen Einlagen statt (Simultangründung, Einheitsgründung). Mit Übernahme aller Aktien durch die Gründer ist die Gesellschaft errichtet (§ 29 AktG). Die Übernahme der Aktien verpflichtet zur Einlage. Die Errichtung der Gesellschaft ist somit nicht auch an die Voraussetzung geknüpft, daß die Einlagen bereits geleistet sind. Bis zur (konstitutiv wirkenden) Eintragung in das Handelsregister (Handelsregistereintragung) besteht die Gesellschaft als Vorgesellschaft der Gründer, die bereits passiv parteifähig, grundbuchfähig und auch konkursfähig (ab 1. 1. 1999: insolvenzfähig) ist, während aktive Parteifähigkeit umstritten ist (nur teilweise Regelung in § 41 AktG). - 3. (Notariell beurkundete) Bestellung des ersten Aufsichtsrats (AR) und des Abschlußprüfers für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr durch die Gründer sowie Bestellung des ersten Vorstands durch den Aufsichtsrat (§ 30 AktG). - 4. Gründungsprüfung und Erstattung des Gründungsberichts durch die Gründer und Prüfung des Hergangs der Gründung einer AG durch den Vorstand und Aufsichtsrat, deren Ergebnisse in einem besonderen Prüfungsbericht darzulegen sind. Falls eine qualifizierte Gründung stattfindet, hat zusätzlich eine Sonderprüfung durch einen oder mehrere gerichtlich bestellte(n) Prüfer (Gründungsprüfer) stattzufinden (§§ 33 II - 35 AktG). - 5. Leistung der Einlagen: Im Falle der Bareinlage muß der eingeforderte Betrag mindestens ein Viertel des Nennbetrags und bei Ausgabe der Aktien über pari auch den Mehrbetrag umfassen (Unterpari-Emissionen sind gem. § 9 I AktG verboten). Sacheinlagen sind vollständig zu leisten. Besteht die Sacheinlage in der Verpflichtung, einen Vermögensgegenstand auf die Gesellschaft zu übertragen, so muß diese Leistung innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu bewirken sein (§ 36 a AktG). Da die Aktien erst nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ausgegeben werden dürfen, wird die Leistung der Einlage durch Ausgabe von Kassenscheinen quittiert. - 6. Anmeldung der Gesellschaft durch sämtliche Gründer, Mitglieder des Vorstands und Mitglieder des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister (§§ 36, 37 AktG). Gem. § 37 I 1 AktG sind der Betrag, zu dem die Aktien ausgegeben werden, und der darauf eingezahlte Betrag anzugeben und die Verfügbarkeit des eingezahlten Betrags nachzuweisen. Gem. § 37 IV AktG sind der Anmeldung die Satzung und Urkunden über die G., Belege über den Gründungsaufwand, Urkunden über die Bestellung von Vorstand und Aufsichtsrat, der Gründungsbericht, die Prüfungsberichte von Vorstand, Aufsichtsrat und Gründungsprüfer und erforderlichenfalls (wie z. B. im Kreditwesen) die staatliche Genehmigungsurkunde beizufügen. - 7. Prüfung des Registergerichts, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist (§ 38 AktG). - 8. Eintragung in das Handelsregister, mit der die Gesellschaft die eigene Rechtspersönlichkeit erlangt (konstitutive Wirkung der Eintragung gem. § 6 HGB i. V. m. § 3 AktG). Vor der Eintragung besteht die Gesellschaft zivilrechtlich als teilfähige Organisationsform sui generis (Vorgesellschaft). - 9. Ausgabe der Aktien durch Eintausch der Kassenscheine. Inhaberaktien dürfen nur ausgegeben werden, wenn das Grundkapital voll eingezahlt ist. Stehen stattdessen Einlagen noch aus, darf die Gesellschaft nur Namensaktien ausgeben oder für den Fall einer baldigen Einzahlung der noch ausstehenden Einlagen die Kassenscheine gegen Zwischenscheine (Interimsscheine) eintauschen (§ 10 AktG).
II. Formen: 1. Bargründung: Sämtliche Aktien werden gegen Bareinlage übernommen. Soweit nicht in der Satzung Sacheinlagen festgesetzt sind, haben die Aktionäre ihre Einlagen in bar zu leisten (§ 54 II AktG). - 2. Gemischte Gründung: Die Aktien werden zum Teil gegen Sacheinlagen und zum Teil gegen Bareinlagen übernommen. - 3. Qualifizierte Gründung: In folgenden (der zusätzlichen Gründungsprüfung nach § 33 II AktG unterliegenden) Fällen gegeben: a) Ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrat gehört zu den Gründern; b) bei der Gründung werden für Rechnung eines Mitglieds des Vorstands oder Aufsichtsrat Aktien übernommen; c) ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrat erhält einen Gründerlohn; d) Gründung mit Sacheinlagen oder -übernahmen. - 4. Nachgründung: Sie ist gegeben, wenn innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister Verträge abgeschlossen werden, nach denen sie vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände für eine ein Zehntel des Grundkapitals übersteigende Vergütung erwerben soll. Solche Verträge sind nur wirksam, wenn die Hauptversammlung ihnen mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals nach Prüfung durch Aufsichtsrat und Gründungsprüfer zugestimmt hat und sie in das Handelsregister eingetragen worden sind (§ 52 AktG).
III. Kosten: 1. Arten: a) Gebühren für die Beurkundung (des Vorvertrags, der Satzung, ggf. zusätzlicher Verträge im Rahmen der Gründung einer AG und der erforderlichen Beschlüsse der Hauptversammlung); b) Gebühren für die Eintragung in das Handelsregister, bei Einbringung von Grundstücken die Gebühren für die Umschreibung im Grundbuch; c) ggf. Gebühren für die zusätzliche Gründungsprüfung; d) Provisionen der Börseneinführung, falls die Aktien über die Börse abgesetzt werden sollen; e) Druckkosten (für den Druck z. B. der Aktien, ggf. der Zwischenscheine, der Satzung, der Einladungen zur Hauptversammlung und ggf. des Börseneinführungsprospekts); f) Kosten für Veröffentlichungen (z. B. Gesellschaftsblätter, Bundesanzeiger, Börsenprospekt). - 2. Behandlung im Jahresabschluß: Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens und für die Beschaffung des Eigenkapitals dürfen nach der (für alle Kaufleute geltenden) Vorschrift des § 248 I HGB in die Bilanz nicht als Aktivposten aufgenomen werden. Dagegen dürfen Aufwendungen für die Ingangsetzung (und Erweiterung) des Geschäftsbetriebs als Bilanzierungshilfe aktiviert werden. Der Posten ist in der Bilanz unter der genannten Bezeichnung vor dem Anlagevermögen auszuweisen und im Anhang zu erläutern. Werden solche Aufwendungen in der Bilanz ausgewiesen, so dürfen Gewinne nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden jederzeit auflösbaren Gewinnrücklagen zuzüglich (abzüglich) eines Gewinnvortrags (Verlustvortrags) dem angesetzten Betrag mindestens entsprechen (§ 269 HGB, der diese Bilanzierungshilfe nur Kapitalgesellschaften, nicht auch anderen Kaufleuten gewährt). Die als Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs ausgewiesenen Beträge sind in jedem der folgenden Geschäftsjahre zu mindestens einem Viertel durch Abschreibungen zu tilgen.
IV. Buchung: 1. Bargründung. Beispiel a): Aktienausgabe zum Nennwert (Pari-Emission), Grundkapital 300 000, 40% Einzahlung auf Geldkonten; Buchung: Ausstehende Einlagen 180 000, Geldkonten 120 000 an gezeichnetes Kapital 300 000. - Beispiel b): Überpari-Emission zum Kurs von 120%, Grundkapital nominell 300 000, Einzahlung auf Geldkonten 30% des Nominalkapitals zuzüglich Agio, Ausgabekosten 10 000 bezahlt über Geldkonten; Buchung: Ausstehende Einlagen 210 000, Geldkonten 150 000, Finanzaufwendungen 10 000 an gezeichnetes Kapital 300 000, Kapitalrücklage 60 000, Geldkonten 10 000. - 2. Sachgründung. Beispiel: Grundkapital 500 000, Ausgabekurs 200%, 200 000 nominell werden aufgebracht durch Einbringung eines Gebäudes zum Zeitwert von 400 000, der Rest von 300 000 nominell Einzahlung von 25% zuzüglich Agio auf Geldkonten; Buchung: Ausstehende Einlagen 225 000, bebaute Grundstücke 400 000, Geldkonten 375 000 an gezeichnetes Kapital 500 000, Kapitalrücklage 500 000. Die Kosten der Gründung sind als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen.
V. Besteuerung: 1. Beginn der Steuerpflicht: a) Beginn der Körperschaftsteuerpflicht mit Feststellung der Satzung, auch schon als Vorgesellschaft, wenn die Gesellschaft einen nach außen hin in Erscheinung tretenden Geschäftsbetrieb aufnimmt; b) Beginn der Gewerbesteuerpflicht mit der Eintragung in das Handelsregister, der Vorgesellschaft ggf. schon mit dem Zeitpunkt der Aufnahme einer nach außen hin in Erscheinung tretenden Geschäftstätigkeit; c) Beginn der Vermögensteuerpflicht, sobald der Gesellschaft Vermögen übertragen worden ist. Nur für den Fall, daß die Gesellschaft schon als Vorgesellschaft nach außen hin geschäftlich in Erscheinung tritt, beginnt die Vermögensteuerpflicht bereits mit Aufnahme dieser Tätigkeit. - 2. Ertragsteuerliche Hinweise zur Einlage: a) Die Bareinlage löst weder auf Seiten des Leistenden noch auf Seiten der Gesellschaft Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer aus; b) Sacheinlagen können beim Einbringenden zur Auflösung stiller Rücklagen führen, die unter bestimmten Voraussetzungen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und der Gewerbeertragsteuer unterliegt. - 3. Umsatzsteuerrechtliche Hinweise für Gründungen mit Sacheinlagen: Falls der Einbringende Unternehmer im Sinne des § 2 UStG ist, die übrigen Voraussetzungen des § 1 I UStG erfüllt sind und keine Geschäftseinbringung im ganzen (§ 1 I a UStG) vorliegt, sind die Einbringung von Geldforderungen, Wertpapieren und Geschäftsanteilen sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten gem. § 4 Nr. 8 c), e) - g) UStG und, soweit sie unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt, die Einbringung von Grundstücken gem. § 4 Nr. 9 a) UStG von der USt befreit, nicht jedoch die Einbringung anderer Sachen (z. B. bewegliche Anlagegegenstände, Vorräte). - 4. Die Kosten der Ausgabe der Aktien sind in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Grunderwerbsteuer gehört in diesem Rahmen nicht mehr zu den Emissionskosten.

 

<< vorheriger Begriff
nächster Begriff>>
Gründung
Gründungsbericht

 

Diese Seite bookmarken :

 
   

 

  Weitere Begriffe : Ausbreitungseffekt | Arbeitsauftrag | Familieneinkommen | Sterbegeldversicherung | Teilbetragszoll
wiki wirtschaft

Thematische Gliederung | Unser Projekt | Impressum