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Betriebswirtschaftslehre (BWL)

I. Betriebswirtschaftslehre als Wirtschaftswissenschaft: Die Aufgaben der BWL werden verschieden weit gesehen. Zum einen wird BWL als Teilbereich der Wirtschaftstheorie betrachtet. Sie beschränkt sich dabei auf einen Aspekt, der menschlichem Handeln neben anderen Aspekten innewohnt: Einkommen zu erwerben und Einkommen zu verwenden. Zum anderen wird BWL als interdisziplinäre Managementwissenschaft verstanden, die Lebenshilfe für einen Großteil der Probleme geben will, mit denen sich überlastete Manager herumschlagen müssen und die sich deshalb in allen Verhaltens- bzw. Sozialwissenschaften verankern möchte. Neue Ansätze an einer evolutorischen Theorie der Unternehmung bieten eine Hoffnung, daß wirtschaftstheoretische BWL und Managementwissenschaft aufeinander zu schreiten. - 1. BWL als Lehre vom Einkommensaspekt menschlichen Handelns geht von der Beobachtung aus, daß kaum ein Mensch selbst alles das herstellt, was er wünscht: Nahrung, Kleidung, ärztliche Behandlung oder den Kunstgenuß von "Figaros Hochzeit". Vollkommene Selbstversorger sind nur Einsiedler, und die können sich nicht einmal fortpflanzen. Sobald Menschen das, was sie wünschen, nicht selbst erstellen, müssen sie entweder das Gewünschte von anderen erwerben oder darauf verzichten. Der Erwerb von Diensten, Sachen, Ansprüchen (Verfügungsrechten) auf künftige Dienste und Sachen erfolgt entweder durch Tausch gegen eigene Dienste, Sachen, Verfügungsrechte oder zu Lasten anderer Menschen, z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) durch Ausbeutung der gefühlsmäßigen Bindungen von Eltern und Geliebten, durch Raub und Diebstahl oder verdeckt in deren moderner Form: dem Druck auf Gewährung staatlicher Zuschüsse. - Ein Mensch, der anderen nicht zur Last fallen will oder es nicht darauf abstellt, andere auszubeuten, wird versuchen, das, was er wünscht, selbst zu erstellen oder gegen eigene Leistungen einzutauschen. Er wird Einkommen zu erwerben trachten. - Menschen müssen Einkommen erwerben, nicht nur um zu überleben oder kulturelle Ziele zu verwirklichen, sondern auch um ethisch handeln zu können, also sich moralisch verantwortbar gegenüber anderen Menschen zu verhalten; denn der Einkommenserwerb über Märkte durch Arbeitsverträge, Kaufverträge, Finanzierungsverträge etc. oder über Selbsterzeugung vermeidet, anderen Menschen zur Last zu fallen, und ermöglicht, Bedürftigen zu helfen. - Das Ziel eines eigenverantwortlichen Einkommenserwerbs ist Ausdruck eines Sollenssatzes darüber, was Aufgabe einer menschlichen Gemeinschaft insgesamt und was Aufgabe des einzelnen in der menschlichen Gesellschaft ist: Eine Gesellschaft von Menschen soll ihren Mitgliedern alles zur selbstverantwortlichen Erledigung überlassen, wozu diese aus eigener Kraft imstande sind (in der Sozialethik Subsidiaritätsprinzip genannt). Dieser Verpflichtung der Gesellschaft, einzelnen Menschen Freiheit in ihrem Tun (einschließlich dem Erwerb und der Verwendung von Einkommen) einzuräumen, steht eine Verpflichtung des einzelnen gegenüber, für sich selbst zu sorgen, soweit er dazu in der Lage ist. - Wer Einkommen durch Tausch oder Selbsterzeugung zu erwerben sucht, um es seinen Wünschen gem. zu verwenden, sieht sich zwei Erfahrungssachverhalten gegenüber: (1) Das Wissen über das, was sein wird, ist unvollständig. Dies gilt sowohl beim Erwerb und der Verwendung von Einkommen als auch beim Verwirklichen anderer Ziele. Die Folgen menschlichen Handelns sind nicht eindeutig voraussehbar. Ein jeder weiß, daß er oft erst im nachhinein klüger ist. (2) Wissen, Wollen und Können sind zwischen den Menschen höchst ungleich verteilt. - 2. Einkommensunsicherheit bezeichnet den Sachverhalt, daß es Menschen wegen des Erfahrungstatbestands der Unvollständigkeit und Ungleichverteilung des Wissens nur in höchst unterschiedlichem Ausmaß gelingt, das, was sie an Einkommen erwerben wollen, und das, was sie mit der Verwendung des Einkommens verwirklichen wollen, auch zu erreichen. Der Erfahrungstatbestand eines Abweichens des Beabsichtigten vom Erreichten, also der Einkommensunsicherheit, zwingt vernünftige Menschen dazu, zu untersuchen, wie sie einzelnen Ursachen für Einkommensunsicherheiten begegnen sollen. Diese Aufgabe erweist sich als so schwierig, daß es einer wissenschaftlichen Erforschung und Lehre jener Einrichtungen (Institutionen) bedarf, die Menschen entwickelt haben, um unter Unsicherheit Einkommen zu erzielen und zu verwenden. BWL heißt die Erforschung und Lehre der Einrichtungen (Institutionen), um Einkommensunsicherheiten für einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen innerhalb einer menschlichen Gemeinschaft zu verringern. - Die BWL im hier verstandenen Sinne erforscht Institutionen in Form von Ordnungen (Regelsystemen) und Institutionen in Form von Organisationen (Handlungssystemen) daraufhin, ob bzw. wie sie zum Einkommenserwerb und der Einkommensverwendung unter Unsicherheit geeignet sind. - Mit der Sichtweise, von Menschen geschaffene Einrichtungen unter dem so erläuterten Einkommensaspekt zu untersuchen, verschließt man nicht die Augen vor dem Tatbestand, daß vorrangig die Handlungen vieler Menschen durch andere Zwecke bestimmt werden: im Industriebetrieb eine technische Idee zu verwirklichen, im Modesalon Schick der Schickeria zu bieten, im Krankenhaus Gebrechen zu heilen. Aber eine einzelne Wissenschaft, wie die BWL, wäre überfordert, wollte sie zugleich technische Neuerungen, medizinische Probleme und alles andere erforschen und lehren, was Menschen bewegt und was sie in von ihnen betriebenen Einrichtungen tun wollen und können. Deshalb beschränkt sich die BWL im hier verstandenen Sinne auf eine beobachtbare Folge menschlichen Handelns und einen Zweck neben anderen, den Menschen erreichen wollen: unter Unsicherheit Einkommen zu erwerben und zu verwenden. Beobachtet werden also Handlungen einzelner und Handlungsabläufe in Einrichtungen, z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) Industriebetrieben, Kreditinstituten, Börsen, Behörden. Erklärt, gemessen, u. U. besser gestaltet werden soll das, was dort geschieht, soweit es unter dem Aspekt des Einkommenserwerbs, der Einkommensverwendung und der dabei zu bewältigenden Unsicherheiten sichtbar wird. - 3. Fragen der Einkommensverwendung stehen dabei bisher am Rande betriebswirtschaftlichen Interesses, denn eine ausgebaute betriebswirtschaftliche Theorie des Haushalts besteht noch nicht. Nur Teilbereiche sind erforscht: in der Marktforschung für Konsumgüter, in der Lehre von der einzelwirtschaftlichen Steuerbelastung und Steuerwirkung, sowie in Unternehmungen das Für und Wider der Selbstfinanzierung aus zurückbehaltenen Gewinnen, d. h. Einkommensteilen, die Einkommensverwendern vorenthalten werden. Die vorstehende Kennzeichnung vermeidet jene Mängel, die einer üblichen Lehrbuchkennzeichnung des Gegenstandes der BWL innewohnt: sie betrachte "alles wirtschaftliche Handeln, das sich in Betrieben vollzieht". Danach gehörte unwirtschaftliches Handeln in Betrieben, das eine BWL als anwendungsbezogene Wissenschaft abstellen will, gerade nicht zu ihrem Untersuchungsbereich; ebensowenig das wirtschaftliche Handeln, das sich nicht im Betrieb, sondern im Haushalt vollzieht. Da sich aber die BWL auch mit Sparen und Geldanlagen des einzelnen, z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) des Einzelkaufmanns, oder den Steuerersparnisinvestitionen eines Freiberuflers beschäftigt und die Absatzlehre Marktforschung über das Käuferverhalten von Haushalten betreibt, erweist sich diese Kennzeichnung als verfehlt.
II. BWL als interdisziplinäre Managementwissenschaft: Für die Vertreter einer BWL als interdisziplinäre Managementwissenschaft hat diese (1) sich vor allem als "angewandte Wissenschaft" zu begreifen, (2) betont integrativ zum Kristallisationspunkt für disziplinübergreifende Forschungsansätze zu werden, und dabei (3) unter der "Idee der Bedürfnisbefriedigung" ein sozialwissenschaftliches Basiskonzept zugrundezulegen. Gegen jedes dieser Merkmale zur Inhaltsbestimmung einer BWL liegen Einwände auf der Hand: 1. Bei der Redeweise, die BWL sei eine "angewandte Wissenschaft", liegt ein Sprachfehler vor, weil nur die Tätigkeiten in der Praxis angewandte Wissenschaft sein können. Sprachfehler verführen zu Denkfehlern. Bei einer sorgfältigeren Sprechweise, wie: Die BWL sei eine Wissenschaft zur Erarbeitung des Wissens x, das auf Probleme der Unternehmungsführung, der Marktverhandlungen, der Politikberatung etc. anzuwenden sei, wäre die Anschlußfrage offenkundig und unabweisbar: Welches Wissen x hat die Allgemeine BWL zu erarbeiten? Auf diese ausschlaggebende Frage geben die Anhänger des "sozialwissenschaftlichen Basiskonzepts" bislang keine oder allenfalls eine widersprüchliche Antwort. Keine Antwort bietet z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) die Erläuterung, daß eine BWL, die sich als spezielle Sozialwissenschaft versteht, Erkenntnisse der verhaltenswissenschaftlichen Nachbardisziplinen verwendet. Nicht gesagt wird: Für welche Fragestellungen verwendet die BWL verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse? Falsch wird die Antwort, weil zur BWL auch die Lehre vom Rechnungswesen, der Unternehmungsbesteuerung, der Finanzierung über den Kapitalmarkt gehören; denn soweit dort interdisziplinär geforscht wird, werden vor allem Erkenntnisse der Rechtswissenschaft verwendet und in der Lehre von der Produktionssteuerung u. a. solche der Ingenieurwissenschaften. Der Gegenstandsbereich der BWL innerhalb aller Verhaltens- und Sozialwissenschaften wird durch den Verweis auf "den Einsatz des technologischen Instrumentariums der Betriebswirtschaftslehre" eingegrenzt. Der Verweis auf das technologische Instrumentarium landet in einem Widerspruch; denn es ist mit formaler Logik unvereinbar, den Gegenstand der BWL durch den Verweis auf eine ihrer Teilmengen, nämlich "den Einsatz des technologischen Instrumentariums der BWL", zu bestimmen. - 2. Wer Allgemeine BWL als Kristallisationspunkt für disziplinübergreifende Forschungsansätze versteht, hätte zunächst offenzulegen und damit einer wissenschaftlichen Beurteilung zugänglich zu machen, ob auch nicht-disziplinübergreifende Forschungsansätze zum Inhalt der Allgemeinen BWL gehören und was sie leisten. Sich darüber auszuschweigen, welche wirtschaftstheoretischen Methoden in welchem Ausmaß und unter welchen Abwandlungen für die Allgemeine BWL nützlich oder warum sie unnütz sind, heißt im Klartext: der bisherigen BWL disziplineigene Forschungsansätze stillschweigend abzusprechen. Eine solche Auffassung wird von der Geschichte betriebswirtschaftlicher Theorien und dem gegenwärtigen Forschungsstand wirtschaftstheoretisch begründeter BWL widerlegt. - 3. In ihren Schwerpunktbereichen Unternehmungsführung, Organisation und Marketing gebärdet sich die interdisziplinäre, anwendungsbezogene Managementwissenschaft als Vermarktungstechnologie von Rezepten ohne wirtschaftstheoretische Fundierung. Die Rezepte werden überwiegend aus der US-amerikanischen Managementlehre importiert. Dieser folgend, ist die anwendungsbezogene Managementwissenschaft genötigt, dem dort üblichen raschen Wechsel wissenschaftlicher Moden zu folgen. Diese Moden werden gemeinhin als neue Managementphilosophien angepriesen: Einem entscheidungsorientierten "Ansatz" (decision approach), einem systemtheoretischen (kybernetischen oder systems approach) und einem marktorientierten "Ansatz" (marketing approach) folgte in den 80er Jahren nach der Angestellten-Gemeinschaftsideologie der corporate identity die Unternehmungskultur, der die Unternehmungsethik in den 90er Jahren gefolgt ist. Solche managementphilosophischen "Ansätze" sollen Managern die Angst vor dem unternehmerischen Versagen in Wettbewerbsprozessen und Stellenbehauptungskämpfen in einer Institution nehmen. Management- oder Unternehmungsphilosophien sind jedoch nicht mehr als verbale Streicheleinheiten, mit denen den in der Hektik täglicher Geschäfte überlasteten Managern Unbehagen genommen werden soll, weil sie fortwährend über Fallstricke auf der Hühnerleiter beruflichen Aufstiegs zu stolpern drohen und deshalb für eine in Ruhe durchdachte Problemformulierung und Problemlösung von Handlungen unter Unsicherheit weder immer die Zeit noch das Detailwissen aufbringen können. Mit solchen "Denkhaltungen", vermarktet unter dem Namen einer neuen Managementphilosophie, werden nur Beschwörungsformeln in einer Dompteursprache für Manager geliefert. - 4. Gegen eine Sichtweise von Allgemeiner BWL als anwendungsorientierte Lehre des Managements und des Führungsverhaltens entscheidet: Diese Lehre hält ihr Versprechen nicht, eine Lehre von der Unternehmungsführung hinsichtlich jedes zu beachtenden Aspekts zu bieten. Mit Lehre von der Unternehmungsführung im Sinne einer umfassenden Managementwissenschaft ist das gemeint, was die Vorstandsmitglieder von multinationalen Konzernen bis hin zu Inhabern von Handwerksbetrieben oder freiberuflich Tätigen wissen müssen. Wer eine solche Unternehmung zu seiner Zufriedenheit und jener der Mehrheit seiner Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Kapitalgeber führen will, braucht Kenntnisse unterschiedlichster Art. Unternehmungsführung erfordert, wie jedes andere verantwortliche Handeln auch, neben ethischen Grundsätzen Wissen aus den verschiedensten Gebieten über die Folgen eines Handelns, insbes. (1) technisches Wissen aus den jeweiligen Branchen, also z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) in der Chemischen Industrie über den Umgang mit Giftstoffen oder im Friseurhandwerk die Kunst und Mode des Haareschneidens oder -färbens; (2) Rechtskenntnisse und wirtschaftspolitische Einsichten, um sich mit Behörden oder Gewerkschaften und anderen Verbänden auseinanderzusetzen; (3) verhaltenswissenschaftliche Einsichten für den Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und nicht zuletzt mit Journalisten oder Politikern, die mitunter einerseits auf Einkommenserzielung ausgerichtetes Unternehmungshandeln anprangern, andererseits Anzeigen oder Spenden erbetteln, und schließlich (4) kaufmännisches Sachwissen. Letzteres erfordert in einer Wirtschaftsordnung, die auf Wettbewerb baut, Antworten auf schwierige Einzelfragen des eigenverantwortlichen Einkommenserwerbs und der Einkommensverwendung unter Unsicherheit und bei Ungleichverteilung des Wissens. Weder praktische Erfahrung allein, noch Verhaltens-, Rechts- oder Ethikwissenschaft können jenes Wissen bieten, das hierzu benötigt wird.
III. Neuere Ansätze zur evolutorischen Theorie der Unternehmung: Bisher baut die wirtschaftstheoretische BWL überwiegend auf physikalischen Vorbildern auf, insbes. auf der aus einer früheren Energiephysik entlehnten Sichtweise der Maximierung einer Zielfunktion unter Nebenbedingungen. Dabei wird als Ziel entweder die inhaltlich wenig aussagende Nutzenmaximierung gewählt, wie z.Betriebswirtschaftslehre (BWL) in der institutionellen Mikroökonomie (Lehre von den Verfügungsrechten, Principal-Agent-Modellen; eine Vereinfachung auf Kostenminimierung wählt der Transaktionskostenansatz). Diese Sichtweisen gehen von einem vorab festgelegten, dem Handeln bewußten Wissen und Können aus, z.Betriebswirtschaftslehre (BWL) durch die Annahme einer bekannten Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Folgen aus einer Handlungsalternative. Im Unterschied zu solchen nicht-evolutorischen Theorien geben evolutorische Theorien die Vereinfachung auf, daß der Wissensstand in einem Planungszeitpunkt als von außen vorgegeben gilt. Welche Ziele, Mittel, Handlungsmöglichkeiten und daraus herzuleitende Prognosen jeder einzelne für einen Planungszeitraum erwägt, läßt sich danach erst erklären, wenn die Entwicklung untersucht wird, wie es zu einer Anfangsausstattung an Wissen, Können, Mitteln und Handlungsmöglichkeiten gekommen ist. Eine evolutorische Theorie der Unternehmung hat folgende Sachverhalte zu beachten: (1) Die alltägliche Erfahrung, daß man meist erst im nachhinein klüger ist, lehrt, daß Unsicherheit mit nachträglichen Überraschungen bei strategischen Entscheidungen und den Theorien hierüber nicht ausgeklammert werden darf. (2) Das Erkennen von Handlungsmöglichkeiten, die einen zeitweisen Wettbewerbsvorsprung vor Rivalen zu schaffen erlauben, folgt aus der Ungleichverteilung des unvollständigen Wissens, über das eine menschliche Gesellschaft zu einem Zeitpunkt insgesamt verfügt. (3) Das ungleich verteilte Wissen läßt sich teilweise durch Schulung, teilweise durch eigenes Probieren, aber auch durch Nachahmung der Handlungen anderer abbauen. Das Lernen aus solcher Erfahrung ist ein Weg, Wettberwerbsvorsprünge anderer zu verringern. Arbitrage- oder Spekulationsgewinne werden um so eher weggeschwemmt, je leichter Produkte, Produktionsprozesse, organisatorische Leistungen etc. zu imitieren sind. Die Gefahr einer raschen Nachahmung ist dann gering, wenn ein Handelnder sich seines Wissens und Könnens nicht vollständig bewußt ist; denn erfolgreiches Handeln folgt zumindest teilweise Regeln oder Routinen, die dem Ausführenden unbewußt sind (tacit knowledge). Dabei ist "unbewußt" in dem Sinne zu verstehen, daß der einzelne nicht genau begründen kann, warum sein Vorgehen vermutlich zum Erfolg führt. Im nicht-lehrbaren Bereich siedelt z.Betriebswirtschaftslehre (BWL) die persönliche Findigkeit für Problemlösungen, aber auch der Wille und das Können zum Durchsetzen von Neuerungen. (4) Unter Rückgriff auf die ersten Untersuchungen zu einer evolutorischen Theorie der Unternehmung (Penrose 1959, Richardson 1972) wird die Struktur einer Unternehmung als Inbegriff jener Fähigkeiten verstanden, aus denen sich die Verschiedenartigkeit der Unternehmungen herleitet und weiterentwickelt. Im Unterschied zur volkswirtschaftlichen Vorstellung einer Produktionsfunktion, welche die Angebotsbedingungen einer Unternehmung beschreiben soll und die auch nach den Konkurrenten bekannt ist, sind Unternehmungen durch ihre Verschiedenartigkeit gekennzeichnet. Um diese Verschiedenartigkeit zu erklären, bieten sich zunächst biologische Analogien an. Jedoch gilt inzwischen die Übernahme biologischer Analogien als nicht nützlich. Deshalb wird nach dynamischen Fähigkeiten (Ressourcen, Kompetenzen) gesucht, welche anhaltende Wettbewerbsvorteile versprechen. Innovationsträchtige Ressourcen entstehen in einer bestimmten historischen Situation. Sie werden ausgebaut nicht nur durch Erfahrungen in Märkten und in der Produktion, sondern auch durch Lernen in der Organisation. Dabei wird im Unterschied zur Industrieökonomik den unternehmerischen Strategien eine ausschlaggebende Rolle beigelegt. Inwieweit evolutorische Sichtweisen für eine Theorie strategischer Unternehmensführung in und zwischen Absatz- und Beschaffungsmärkten, aber auch bei Problemen der Unternehmungsverfassung, Personal- und Finanzwirtschaft fruchtbar werden, hat die weitere wissenschaftliche Diskussion zu zeigen.
IV. Wissenschaftsziele: Die BWL, verstanden als Einzelwirtschaftstheorie der Institutionen, erarbeitet Antworten auf drei Arten von Fragen: (1) Inwieweit sind einzelne menschliche Handlungen aus einer für viele Menschen notwendigen Absicht des Einkommenserwerbs und den dabei zu bewältigenden Unsicherheiten heraus zu erklären? Welche Regelsysteme und welche Handlungssysteme entstehen zur Verringerung von Einkommensunsicherheiten und wie funktionieren sie? Die Antwort auf solche "Was ist"- bzw. "Wovon hängt ab"-Fragen suchen erklärende bzw. positive Theorien zu geben. (2) Wie kann im Hinblick auf den Einkommensaspekt Beobachtbares begrifflich präziser beschrieben bzw. abgebildet werden? Wie lassen sich in erklärenden Theorien benutzte Modellbegriffe (theoretische Begriffe) messen bzw. "operationalisieren", um die Modellergebnisse an Beobachtungssachverhalten zu überprüfen, d. h. zu testen? Die Antwort darauf bieten metrisierende Theorien. In der BWL zählen dazu z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) die Theorien über den zweckentsprechenden Aufbau des Rechnungswesens. Metrisierende Theorien dienen mittelbar der Verringerung von Einkommensunsicherheiten. So verhindert z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) das Wissen, daß manche Praktiken der Kostenartenrechnung nur dem kostenrechnerischen Verstecken von Gewinnen dienen, Fehlbeurteilungen von Angebotspreisen auf Vollkostenbasis. (3) Wie können einzelne Menschen oder Gruppen von ihnen ihre Ziele erreichen, soweit in ihrem Zielbündel der Einkommensaspekt eine Rolle spielt? Die Antwort wird in der Suche nach Handlungsempfehlungen gesehen. - Bei der Suche nach Handlungsempfehlungen lassen sich zwei Wege beschreiten: Der vorwissenschaftliche Weg besteht darin, das Tun und Unterlassen anderer abzulauschen. Dieses Lernen aus der Erfahrung anderer kann sich durchaus bewähren i. S. von "das beabsichtigte Ziel erreichen". Allerdings sind im Wettbewerb dem erfolgreichen Nachahmen dann enge Grenzen gesetzt, wenn es zu einem bloßen Nachhinken wird. - Der wissenschaftliche Weg begründet Handlungsempfehlungen durch gestaltende Theorien. Üblich sind auch die Namen "Kunstlehren" oder "Technologien". Erst nachdem ein Arsenal an erklärenden und metrisierenden Theorien bereit steht, lassen sich mit wissenschaftlichem, kritischem Anspruch Handlungsempfehlungen begründen. Nur mit Hilfe von erklärenden Theorien lassen sich Prognosen begründen; erklärende und metrisierende Theorien zusammen erlauben quantitative Prognosen, also die Inhaltsbestimmung einzelner Zukunftslagen im Hinblick auf den Einkommenserwerb. Gestaltende Theorien verlangen zusätzlich Entscheidungsregeln für vernünftiges Handeln (Verhalten) unter Unsicherheit. Das Ableiten von Handlungsempfehlungen setzt die Vorgabe von Zielen voraus. Im Hinblick auf die Auswahl von Zielen sind drei Arten gestaltender Theorien zu unterscheiden: (a) Die Ziele werden aus Vorstellungen über das (einkommensaspekt-bezogene) Wohl der Gesamtgesellschaft abgeleitet. Unter dem sehr unscharfen Begriff "Gemeinwohl" wird z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) als Norm vorausgesetzt: Nicht-Verschwendung knapper Mittel in einer Gesellschaft (Allokationseffizienz) oder Sicherung von Wettbewerbsfreiheit und Wettbewerbsfähigkeit als Mittel, um Einkommensunsicherheiten und Ungleichverteilung von Wissen in einer Gesellschaft abzubauen. Eine weitere Teilaufgabe besteht z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) darin, Vorschläge zu mehr Gleichmäßigkeit in der Besteuerung zu entwerfen. Das Suchen von Lösungen für solche Teilaufgaben führt zu gesellschaftlich-verpflichteten betriebswirtschaftlichen Theorien. (b) Ziele werden für den einzelnen oder eine Gruppe von Menschen ausgewählt, ohne dabei die Ziele anderer Menschen (Nicht-Mitglieder der ausgewählten Gruppe) zu beachten. Bei einer solchen Setzung von Zielen, die eine Person oder ein Entscheidungsgremium verfolgt, wird von praktisch-gestaltenden (häufig auch "praktisch-normativen") Theorien gesprochen. Das praktisch-gestaltenden Theorien vorgegebene Ziel kann "egoistisch" i. S. von eigensüchtig sein (z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) Konkurrenten aus dem Markt zu drängen); genausogut lassen sich auch altruistische Ziele vorgeben etwa: Wie sollen Spenden für welche Wohlfahrtseinrichtungen gesammelt und dort verwendet werden?). (c) Welche Ziele sollen einzelne Menschen und die von ihnen gebildeten Institutionen verfolgen? Welche Mittel dürfen sie dazu einsetzen, welche Handlungsmöglichkeiten hierbei erwägen oder unterlassen (z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) Überredung durch Täuschung, Bestechung etc.)? Solche ethisch-normativen Theorien werden in einer Einzelwirtschaftstheorie der Institutionen ausgeklammert und der philosophischen Ethik überlassen, die sich dann u. a. mit dem Verhältnis von Vernunft, Selbstinteresse und Moral auseinandersetzt. - 2. Eine BWL als interdisziplinäre, anwendungsbezogene Managementwissenschaft sieht das sie kennzeichnende Theoriengebäude im Unterschied zur BWL als Einzelwirtschaftstheorie der Institutionen überwiegend in gestaltenden ("normativen") Theorien. Ausführungen zu den Problemen metrisierender Theorien finden sich in diesem Forschungsprogramm bisher allenfalls am Rande (etwa in Teilen der Marktforschung). Erklärende Theorien werden aus Verhaltenswissenschaften übernommen oder mit verhaltenswissenschaftlicher Methodik ausgebaut. Regelmäßig beansprucht die "angewandte" interdisziplinäre Managementwissenschaft, Lehre vom Führungsverhalten in Institutionen zu sein. Dabei werden hinsichtlich der Auswahl von Zielen zwei Strategien verfolgt: (1) Teilweise wird die Sichtweise auf praktisch vorgefundene Ziele beschränkt, die entweder über empirische Zielforschung (über Befragungen oder verläßliche Methoden der psychologischen Forschung) ermittelt werden. (Wenig beachtet werden bislang Einwände gegenüber der Verläßlichkeit von Befragungen wegen noch fehlender Übernahmekriterien von Ergebnissen psychologischer Forschungen auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen.) Oder die Ziele werden durch einen sehr weiten Allgemeinbegriff wie die "Idee der Bedürfnisbefriedigung" umschrieben. Obwohl dabei nicht übersehen wird, daß mit einem solchen Allgemeinbegriff fast nichts mehr ausgeschlossen ist, unterbleibt eine Eingrenzung, nach welchen Gesichtspunkten z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) die religiöse Erbauung durch die Predigt des Pfarrers oder die Wiederbelebungsversuche durch den Notarzt zur Betriebswirtschaftslehre zählen oder nicht. (2) Überwiegend betonen die Anhänger interdisziplinärer Managementwissenschaft eine soziale und ethische Verantwortung der Unternehmungsführung. Damit erheben sie den Anspruch, erforschen zu können: Welche Ziele, Mitteleinsätze, Handlungsmöglichkeiten soll eine Unternehmungsleitung zu verwirklichen suchen? Indes wird durchgängig unterlassen, den wohlklingenden Teilsatz einer ethisch-sozialen Verantwortung mit Einzelaussagen aufzufüllen. Insbes. fehlen alternative Antworten zu jenen gesellschaftlich-verpflichtenden Aufgaben, die eine sich auf den Einkommensaspekt beschränkende Theorienbildung untersucht hat, z. B.: Wie können durch eine ökonomische Analyse des Rechts vom Gesetzgeber unbeabsichtigte Verstöße gegen eine Wettbewerbsordnung oder gegen Verteilungsgerechtigkeit (z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) Gleichmäßigkeit der Besteuerung) erkannt werden? - Die Erfahrungstatbestände der Unsicherheit und Ungleichverteilung des Wissens sind ausschlaggebende Gesichtspunkte gegen die Ansprüche, die Anhänger ethisch-normativer Theorien verkünden; denn diese Wissenschaftler sagen bisher nicht, wie Unsicherheit und Ungleichverteilung des Wissens begegnet werden soll. Darüber hinaus gilt: Da die Wirklichkeit durch Unsicherheit und Ungleichverteilung des Wissens gekennzeichnet ist, läßt sich nicht eindeutig von Außenstehenden beurteilen, welche Ziele der einzelne bei seinen Entscheidungen anstrebte, erreichte oder verfehlte.
V. Lehrprogramm: Soll sich die Allgemeine BWL auf die Untersuchung des Einkommensaspekts menschlichen Handelns beschränken oder mehrere, vielleicht alle Aspekte erforschen und lehren, die zum Wissen des einzelnen für seine beruflichen Tätigkeiten oder zu dem Wissen zur Unternehmungsführung gehören? Um diese Frage zu beantworten, muß getrennt werden zwischen (1) der Berufsausbildung bzw. dem dafür zweckmäßigen Studienaufbau und (2) der Forschung und Lehre über ein Gebiet: dem Gegenstand einer einzelnen Erfahrungswissenschaft. Das Forschungsprogramm der BWL wurde in den Abschnitten I - IV skizziert. - Wer auf einen Beruf hin ausgebildet werden will, braucht neben anderem Kenntnisse in Menschenführung und kaufmännisches Sachwissen. Für einen künftigen Verkaufsdirektor erscheint beides gleich unerläßlich. Wer Steuerberater werden will, wird den Einkommensaspekt menschlichen Handelns studieren und die steuerrechtlichen Tatbestände; für ihn ist der Sozialverhaltensaspekt nicht unwichtig, aber zweitrangig. Daraus folgt: Bei der Einrichtung eines Studiengangs und der Aufstellung von Studienordnungen ist auf die Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Lehren über die unterschiedlichen Aspekte menschlichen Handelns zu achten. Aber dieses Ausbildungsproblem ist sorgfältig zu trennen von den Forschungsaufgaben einer Wissenschaft wie der Allgemeinen BWL. Das für bestimmte Berufsbilder benötigte Wissen ist im Lehrprogramm eines Studienganges zusammenzufassen. Eine Studienordnung zum Diplomkaufmann, Diplomökonomen etc. darf aber nicht mit den Aufgaben einer einzelnen Wissenschaft wie der Allgemeinen BWL vermengt werden. - Das Lehrprogramm eines betriebswirtschaftlichen Studiengangs gleicht einem Gebäude mit zahlreichen Stockwerken. In jedem Stockwerk wird Wissen über die verschiedenen Aspekte gelehrt, die bei der Unternehmungsführung zu beachten sind, beginnend in den Anfangsstockwerken mit Unternehmungskunde durch Vermittlung rechtlicher Sachverhalte (Rechtsformen der Unternehmung, Bilanzrecht, Recht der Finanzierungs- oder Arbeitsverträge einschließlich der Mitbestimmungsregeln) und kaufmännischer Techniken (Buchführung, Datenverarbeitung). Hinzu treten in den folgenden Stockwerken betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Theorie (beide in Teilfächer aufgegliedert) und Wahlpflichtfächer (aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaft oder anderer Disziplinen). - Innerhalb des Lehrprogramms hat die Trennung von Allgemeiner und Spezieller BWL nur hochschulorganisatorische (Lehrstuhlbenennungs-) und prüfungstechnische Bedeutung: Aus Gründen der Stoffaufteilung werden mehrere Studien- und Prüfungsfächer unterschieden. Spezielle Betriebswirtschaftslehren sind nach drei Merkmalen als Lehr- und Prüfungsfächer gebildet worden: (1) Spezielle Betriebswirtschaftslehren als Funktionslehren richten sich an Aufgabenbereichen innerhalb einer Unternehmungsführung aus. Um diese zu ordnen, hilft die Unterscheidung: Tätigkeiten in Märkten (Marktprozessen) und Tätigkeiten zwischen Märkten (Marktzufuhr, Marktentnahme, Produktion). Im Regelfall der Wirklichkeit überlappen sich Tätigkeiten in Märkten und zwischen Märkten fortlaufend. Aber um die einzelnen betriebswirtschaftlichen Funktionen voneinander abzugrenzen, erscheint eine Trennung zweckmäßig: Unternehmungsführung heißt das gegenüber Außenstehenden und Mitgliedern der Unternehmung verantwortliche Planen, Koordinieren, Anordnen und Kontrollieren von Marktprozeß- und Marktzufuhrtätigkeiten. Ausgeübt wird Unternehmungsführung durch die zur Unternehmungsleitung zählenden Personen, die dabei zahlreiche Einzelaufgaben an Mitarbeiter, aber auch selbständige Dienstleistende, Lieferanten delegieren werden. - Absatz als betriebswirtschaftliche Funktion erfaßt die Marktprozeßtätigkeiten eines einzelnen Anbieters: Wissenssammlungen, Kaufverhandlungen, Vertragsabschluß durch Übereignung von Verfügungsrechten. Diese enge Begriffsfassung schließt Tätigkeiten beim realen Vollzug des Tausches (also Vertriebstätigkeiten durch Verpackung, Versendung, Versicherung etc.) aus. Ein solches enges Verständnis von Absatz vermeidet zwar die Schwierigkeit, einzugrenzen, welche Marktzufuhr- bzw. Marktentnahmetätigkeiten dem Absatz und welche anderen betriebswirtschaftlichen Funktionen zuzurechnen sind. Im Schrifttum üblich ist jedoch eine weitere Begriffsfassung, die mit dem Anbieterverhalten zusammenhängende Marktzufuhrtätigkeiten einschließt und unter dem Namen Marketing teilweise beansprucht, marktorientierte Unternehmungsführung schlechthin zu sein. - Beschaffung als betriebswirtschaftliche Funktion sei auf Marktprozeßtätigkeiten eines Nachfragers eingeengt. Marktzufuhr- oder Marktabfuhrtätigkeiten, um die eigene Nachfrage real zu befriedigen (also Einkaufstätigkeiten durch Abholen, Auspacken, Qualitätsprüfung, Lagern), bleiben aus diesem engen Begriff der Beschaffung ausgeklammert. Üblich ist demgegenüber (wie beim Absatz) eine weitere Fassung, die zumindest den realen Vollzug der Marktentnahme einschließt. - Beschaffungstätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt werden als eigene Funktion Personalwirtschaft betrachtet, zu der dann auch die Personalschulung als "Eigenfertigung" zur Qualitätserhöhung der Mitarbeiterdienste und die Mitarbeiterführung gezählt werden. Ebenso gehört dazu die betriebliche Sozialpolitik als Maßnahme gegen unerwünschte Fluktuation der Mitarbeiter, aber auch das Erarbeiten von Sozialplänen, um ein Ausscheiden von Mitarbeitern zu erleichtern. - Beschaffungstätigkeiten auf Finanzmärkten gehören zur Funktion Finanzierung, Absatztätigkeiten für Geld durch Erwerb von Finanzanlagen zur (Finanz-)Investition. Die Begriffe Investition und Finanzierung werden hier auf die zahlungsmäßigen Folgen aus Tätigkeiten in und zwischen Märkten eingeschränkt. Investition und Finanzierung als betriebliche Funktionen bedingen eigene Marktprozeßtätigkeiten, soweit sie das Handeln auf Finanzmärkten betreffen (einschließlich Institutionenbildungen durch Vertragsverhandlungen, Konzernbildungen). Investition und Finanzierung sind Folge von Tätigkeiten in und zwischen Nicht-Finanzmärkten, soweit es um Kapitalbedarf für Marktprozesse und Marktzufuhrtätigkeiten geht und Innenfinanzierung aus dem positiven Saldo von Umsatzeinnahmen und Ausgaben, Desinvestitionen aus einem negativen Saldo, folgen. - Produktion schließt alle Tätigkeiten zwischen Beschaffungs- und Absatzmärkten ein, soweit sie nicht in gesonderte Funktionen, wie Personalwesen, Finanzierung, Unternehmungsführung ausgegliedert werden. Deshalb, und weil auch bei disponierenden Tätigkeiten und Marktprozessen etwas "geleistet" wird, ist es unzweckmäßig, Produktion mit Leistungserstellung gleichzusetzen. Noch einseitiger wäre, der Leistungserstellung = Produktion eine Leistungsverwertung = Absatz gegenüberzustellen; denn auch Verschwendung, Diebstahl, Brand etc. "verwerten" Leistungen. Der Einwand, daß diese Verwertung keinen Gegenwert bringt, sticht nicht, falls Versicherungen für Teile des Schadens aufkommen, Verluste Steuerzahlungen mindern. Vielmehr stellt jede Ausübung betriebswirtschaftlicher Funktionen eine Leistungserstellung dar. - Produktion als realer Vollzug von Tätigkeiten zwischen Beschaffung und Absatz besteht in Forschung und Entwicklung, Fertigung, Lagerhaltung und der Verwaltung als dem realen Vollzug der von der Unternehmungsleitung angeordneten Organisation des Unternehmungshandelns. Hinzu tritt der reale Vollzug von Einkaufs- und Vertriebstätigkeiten, falls diese aus den Funktionen Beschaffung und Absatz ausgegrenzt sind. Zur Fertigung gehören neben der Erstellung von Marktleistungen (z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) der Umwandlung von Rohstoffen zu Enderzeugnissen, der Zusammenbau von Teilen, Lagerung und Vertrieb) die Selbsterzeugung von Sachen zur Eigenversorgung (dem persönlichen Konsum unter Ausschluß von Tauschhandlungen). Zur Verwaltung zählen auch gesetzlich erzwungene Auftragstätigkeiten, wie das Einbehalten und Abführen der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge, das Erstellen von Steuererklärungen. - Rechnungswesen als Funktion umfaßt jene Tätigkeiten, mit denen zahlenmäßige Abbilder von Geschehenem, Vorhandenem und Geplantem in einem Betrieb oder einer anderen rechnungslegenden Institution (öffentliche Verwaltung, Verbände etc.) erarbeitet werden. Schwerpunkte sind die Erfüllung der aus der steuer- und handelsrechtlicher Rechnungslegung folgenden Aufgaben und die aus der Unternehmungsführung folgenden Tätigkeiten des internen Rechnungswesens. - Lehrplanmäßig vertiefen Funktionslehren jene Aufgaben der Unternehmungsführung, die innerhalb der Allgemeinen BWL nur verkürzt behandelt werden. Wegen der "Vertiefung" kann Forschung, soweit sie einzelne Funktionen betrifft, hauptsächlich in den so verstandenen Speziellen BWL stattfinden. Bildlich gesprochen hat hierbei die Allgemeine BWL einen Wissensstamm zu entwickeln, aus dem die Speziellen BWL sich verästeln. Der Baum "Allgemeine BWL" entwickelt in seinem Stamm Zusammenhänge zwischen beobachtbaren Handlungen und Umweltbedingungen in Form erklärender Theorien und erarbeitet metrisierende Theorien, über die eine bessere Meßbarkeit von Begriffsinhalten erreicht wird, die in erklärenden Theorien benutzt werden. Darauf aufbauend wird versucht, in gestaltenden Theorien Handlungsempfehlungen auszusprechen. (2) Spezielle BWL als Wirtschaftszweiglehren umfassen sämtliche Funktionen, die in Unternehmungen und anderen einzelwirtschaftlichen Institutionen (Haushalten, Verbänden) innerhalb der einzelnen Wirtschaftszweige gemeinsam zu bewältigen sind. Industrie-, Bank-, Versicherungs-, Handelsbetriebslehre sind Beispiele hierfür. Forschungen hierin sind der Allgemeinen BWL zuzurechnen, solange Wirtschaftszweig-Besonderheiten (z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) der Anlagekatalog nach § 54 a VAG für Wertpapiermischungen von Versicherungsunternehmungen wegen des Anlagekatalogs nach § 54 a VAG) nicht beachtet werden. (3) Spezielle BWL stellen mitunter Mischungen aus Funktions- und Wirtschaftszweiglehren dar (wie "Finanzierung und Kreditwirtschaft") oder sie sind weder als Funktions- noch als Wirtschaftszweiglehren oder Mischungen hiervon einzuordnen. Das Musterbeispiel hierfür ist nach vorherrschender Ansicht unter ihren Fachvertretern die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre. Sie ist Allgemeine BWL, bezogen auf die Folgen aus einem stoffreichen, wissensbelastenden Umweltdatum: dem Steuerrecht. - Aus jedem Ordnungsmerkmal zur Inhaltsbestimmung Spezieller BWL folgt eine andere Zuordnung der Forschung zur Allgemeinen oder zur Speziellen BWL. Eine Verknüpfung von Einsichten anderer Wissenschaften mit betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen durch interdisziplinäre Forschung ist bisher nur in einzelnen Speziellen BWL erfolgt, z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre mit Steuerrechts- und Finanzwissenschaftlern, und in der Personal- bzw. Organisationslehre und im Marketing mit verschiedenen Sozial- und Verhaltenswissenschaften. Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint es zweckmäßig, das auf Anwendung gerichtete, in Handlungsempfehlungen mündende Wissen in den Speziellen BWL zu erarbeiten. Da für z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) Banken, Versicherungen, Warenhandel bzw. für die Funktionen Finanzierung, Rechnungswesen, Markthandeln und Personalwesen jeweils besondere Formen von Unternehmungsverfassungen (z. Betriebswirtschaftslehre (BWL) Recht der Finanzmärkte, Bilanz- und Steuerrecht, Kartellrecht, Arbeitsrecht) gelten, müssen diese in Aussagen praktisch-gestaltender oder gesellschaftlich-verpflichteter Lehren einbezogen werden. "Allgemeine" Handlungsempfehlungen ohne Rücksicht auf solche Regelsysteme für den Einzelfall bleiben arm an empirischem, anwendungsbezogenem Gehalt. - Einen ersten Überblick zur Entwicklung der betriebswirtschaftlichen Lehre gibt folgende (aus verschiedenen Statistiken zusammengestellte und deshalb nur ungefähr vergleichbare) Übersicht, WiWi = Studierende der Wirtschaftswissenschaft ohne Kennzeichnung in BWL oder Volkswirtschaftslehre; die jüngsten Zahlen schließen die neuen Bundesländer mit ein. - Vgl. auch Geschichte der Betriebswirtschaftslehre (BWL), Internationale Betriebswirtschaftslehre. Zur Abgrenzung der Betriebswirtschaftslehre (BWL) von der Volkswirtschaftslehre: Volkswirtschaftstheorie.

 

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